Wiesenhof: Am Ostermontag zerstörte ein Großbrand zwei Hallen des Geflügelfleisch-Produzenten Wiesenhof im niedersächsischen Lohne. Nun äußerte sich das Unternehmen erstmals zu dem Vorwurf, es habe nicht ausreichend mit einer Betriebsunterbrechungsversicherung vorgesorgt und müsse deshalb Mitarbeiter entlassen. Die Antwort ist für die Betroffenen ernüchternd.
Am Ostermontag brannten zwei Hallen im größten Schlachthof des Geflügel-Produzenten Wiesenhof restlos nieder. Über 400 Feuerwehrleute waren mehrere Stunden im Einsatz, um das Feuer zu löschen. Bereits wenige Tage nach dem Brand veröffentlichte der Schlachthof-Betreiber eine Pressemeldung, man werde sich aufgrund des Feuers von Beschäftigten trennen müssen. Über 1.200 Mitarbeiter im niedersächsischen Lohne bangen seitdem um ihren Job oder wurden bereits entlassen.
Schnell wurde der Vorwurf laut, Wiesenhof habe nicht ausreichend mit einer Betriebsunterbrechungsversicherung für seine Mitarbeiter vorgesorgt. Eine solche Police springt in der Regel auch für die Gehälter der fest Angestellten ein, wenn ein Großbrand wie in Lohne die Produktion zum Erliegen bringt (Versicherungsbote berichtete). Was anfangs nur Spekulation war, bestätigt sich nun teilweise, denn erstmals hat sich Deutschlands größter Geflügelproduzent zu den Vorwürfen geäußert.
„Löhne nicht annähernd finanziell gedeckt“
Die zu erwartenden Lohnkosten seien angesichts der zu erwartenden Schadenhöhe „nicht annähernd finanziell gedeckt“, zitiert die Neue Osnabrücker Zeitung (Montag) einen Sprecher. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und die niedersächsische Landesregierung hatten zuletzt Klarheit über den Versicherungsstatus des Unternehmens gefordert. Das bedeutet: Zwar hat die PHW-Gruppe, zu der auch Wiesenhof gehört, eine entsprechende Versicherung abgeschlossen. Aber die Versicherungssumme wurde nicht hoch genug gewählt, einen Schaden im erwarteten zweistelligen Millionenbereich abzusichern.
In der Wiesenhof-Mitteilung heißt es weiter: „Nähere Angaben, wie viele Arbeitsplätze wir für unsere Beschäftigten sichern können, können wir erst nach den Gesprächen mit den Sozialpartnern formulieren.“ Der Standort in Lohne soll trotz des Verlustes von zwei Hallen erhalten werden. Ab Donnerstag sind entsprechende Gespräche mit Arbeitnehmervertretern geplant. Ein Teil der Mitarbeiter halte sich zu Hause auf, beziehe aber weiterhin Lohn, heißt es von Seiten des Unternehmens. Andere seien in Aufräumarbeiten involviert. Voraussichtlich ab Mitte Mai könnten die ersten Beschäftigten im Bereich Zerlegung und Verpackung die Arbeit wieder aufnehmen.
Dutzende Leiharbeiter arbeitslos
Nicht verantwortlich fühlt sich das Unternehmen für die rund 450 Leiharbeiter und Werkvertragsschlachter, die in Lohne beschäftigt waren. Hierbei verwies die PHW-Gruppe auf Subunternehmer. Dass es Entlassungen gegeben hat, steht außer Frage. Nach Informationen der Osnabrücker Zeitung haben sich bereits rund 150 Leiharbeiter des Schlachtbetriebs in den Jobcentern gemeldet.
Vor dem Brand wurden laut NDR in Lohne 370.000 Tiere pro Tag geschlachtet, das entspricht mehr als 100 Millionen im Jahr. Die schlechten Arbeitsbedingungen in deutschen Schlachtbetrieben sorgen seit Jahren für Negativschlagzeilen: Berichtet wird von Gastarbeitern aus südeuropäischen Ländern wie Rumänien, Ungarn oder Bulgarien, die teils 70-Stunden-Wochen schieben, in überfüllten Baracken hausen und mit Werkverträgen ihrer Herkunftsländer ausgestattet sind, die kaum soziale Sicherheit bieten. Auch Wiesenhof stand wegen derartiger Arbeitsbedingungen bereits am Pranger.