Haftpflichtversicherung - Ärzte ohne Haftpflicht behandeln jeden Monat insgesamt 550.000 Patienten. Da kann schnell man was passieren. Die Zahl der Behandlungsfehler steigt. Wie das ZDF Magazin „Frontal21“ herausfand, bleiben aber Patienten auf entstandenen Kosten sitzen.
In einem konkreten Fall berichtete Frontal 21 von einer Frau mit chronischen Rückenschmerzen, die so stark sind, dass sie dagegen sogar Morphium verschrieben bekommt. Dann erleidet sie plötzlich epileptische Anfälle und verliert sogar das Bewusstsein, so dass sie zweimal ins Koma fällt. Im Krankenhaus wird die Ursache für den Ausnahmezustand im Körper der Frau bald herausgefunden: die Morphiumdosis ist viel zu hoch, der Hausarzt hat 100 statt 10 mg Tabletten verschrieben.
Auch für den medizinischen Dienst der Krankenkasse steht außer Zweifel: hier liegt ein eindeutiger Behandlungsfehler vor. Die betroffene Frau verklagte ihren Hausarzt auf Schmerzensgeld, nun hat aber der Arzt gar keine Berufshaftpflichtversicherung. Wie soll er die Kosten tragen? Ärzte wie er, die ohne Haftpflichtversicherung praktizieren, sind, wie die Recherchen des Magazins ergaben, in Deutschland keine Seltenheit.
550.000 Patienten bleiben auf Kosten sitzen
Der Versicherungsmakler Bernd Helmsauer kommt bei Frontal 21 zu Wort und rechnet an einem Beispiel vor, dass die Tragweite des Problems sehr weit reiche. So sind im Vorjahr insgesamt 52 Ärzte zu ihm gekommen, ohne einen Berufshaftpflichtschutz. Bedenkt man, dass dieser unversicherte Arzt am Tag im Schnitt 50 Patienten versorgt, ergibt das auf den Monat gerechnet 57.200 Patienten, die bei einem Behandlungsfehler keine Aussicht auf Kostenübernahme durch eine Versicherung hätten, sondern alle Kosten selbst tragen müssten.
Im Ergebnis der Berechnung Helmsauers würden also monatlich circa 550.000 Patienten von Ärzten, die unversichert praktizieren, behandelt. Schlimm genug. Aber beunruhigend ist der Fakt, dass gleichzeitig die Zahl der Behandlungsfehler peu à peu ansteigt. So lässt sich Zahlen des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes der Kassen (MDS) entnehmen, dass Gutachter im vergangenen Jahr 14.828 Vorwürfen nachgehen mussten, wobei sich 4064 Fällen tatsächlich als Behandlungsfehler entpuppten.
Pflicht zur Versicherung wird oft verletzt
Im Jahr 2014 lag dieser Wert noch bei 14.663 Verdachtsfällen und 3796 Bestätigungen. Unversicherte Ärzte, die falsch behandeln, hinterlassen hilflose Patienten, beschädigt und ohne Geld. Der Verbraucherschützer Christoph Kranich bewertet diesen Umstand als eine unhaltbare Situation. Denn die Beschädigungen des Patienten seien mannigfaltig: es bleiben ihm die ursächlichen Beschwerden, der Behandlungsfehler, das ausbleibende Schmerzensgeld und die aus den Behandlungsfehlern entstehenden Behandlungskosten.
Das Problem ist, dass Ärzte im Gefolge der Berufsordnung eine Verpflichtung haben, sich eine Haftpflichtversicherung zuzulegen. Doch wird die Einhaltung der Verpflichtung von den Ärztekammern nicht bzw. nur unzureichend überprüft. Aus diesem Grund schlägt der Verbraucherschützer Kranich eine Praxis vergleichbar der von Rechtsanwälten vor. Bei den Anwälten nämlich erfolgt eine automatische Information an die Anwaltskammern, wenn der Versicherungsschutz des Anwaltes ausläuft.