Thomas Mayer, Professor an der Universität Witten/Herdecke, setzt sich für den Erhalt der Riester-Rente ein, aber auch für deren praxis-, genauer zinsgerechten Umbau. Die Beitragsgarantie muss weg, sagt der Wissenschaftler. Dann wäre die Zulagenrente außerdem gegen einen kommenden Wettbewerber gewappnet: Ministerin Nahles’ Sozialpartnermodell, bei dem Arbeitgeber erstmals von Beitragsgarantien befreit werden sollen.
Das Manko der Riester-Rente sieht Ökonom Thomas Meyer in der gesetzlich geforderten Beitragsgarantie für alle Riester-Verträge. Wegen des mit weiter fallenden Zinsen umgekehrt steigenden Preises für diese Garantien. Zahlen hierzu hatte kürzlich auch die Frankfurt School of Finance geliefert. Ein 40-jähriger Sparer muss 77 von 100 Euro Beitrag allein dafür aufwenden, genauer sein Anlageinstitut, um die Beiträge zum Ende des Vertrags zu sichern.
Auch Aktien-Sparpläne gefährdet
Diesen Betrag, 77 Prozent der Sparrate ihres Kunden, braucht (auch) der Riester-Versicherer, um mit 1,86 Prozent „Bezugszinssatz“, der aktuellen Rendite guter zehnjähriger Staatsanleihen (zehnjährige Null-Kupon-Euro-Swap-Raten), die Beitragssumme des Sparkunden zu garantieren. Der Aufwand für die von Kunden und Gesetz gewünschte Sicherheit des Kapitals und der staatlichen Zulagen dehnt Autor Mayer in einem Beitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) auf Riester-Sparpläne mit Aktien aus.
Bliebe der aktuelle Marktzins auf seinem niedrigen Niveau, könnten die Minierträge aus festverzinslichen Wertpapieren nicht einmal mehr die Verwaltungskosten für Riester-Verträge decken. Aber auch Aktien-Sparpläne drohten bald zu scheitern, so Professor Mayer, weil die Differenz zwischen Kauf und Verkauf bei Nullkupons (dem klassischem Vehikel für sichere Zinsen) immer weiter schrumpft und kaum noch Geld übrig bleibt, was in höher rentierliche Aktien fließen könnte.
Öffentlicher Dachfonds – privatwirtschaftlich organisiert
Wissenschaftler Mayer spricht im Zusammenhang mit Riester-Produkten auch von einem „Mangel an Aufklärung der Sparer und Transparenz der Kosten“, dies sei schon immer ein Problem der 2002 eingeführten Zulagenrente gewesen. Doch nun sei die Kombination aus Beitragsgarantie und der Nullzinspolitik der Zentralbanken (Staatsschulden müssen billig bleiben) „der eigentliche Grund für das heute beklagte Versagen des Modells“, schreibt Mayer.
Kapitalgedeckte Rentenmodelle würden aber gebraucht, sagt der Wissenschaftler. Die gesetzliche Rente, analysiert Prof. Mayer, könne von einer schrumpfenden Arbeitsbevölkerung nicht mehr per Umlage auf Basis des Generationenvertrags finanziert werden. Vielmehr müsste kapitalgedeckte Rente international diversifiziert aufgebaut werden, vulgo weltweit gestreut angelegt werden. Mayer: „Aktienportfolios über Regionen, Anlageklassen und Geschäftsbranchen sowie durch lange Haltedauer der Anlagen.“
Zweiter Angriff durch Andrea Nahles’ Sozialpartnermodell
Bei Anlagedauern von 30 bis 40 Jahren für den Aufbau von Altersrenten seien Aktien kein Problem, vor allem wohne ihnen letztlich kaum ein Anlagerisiko inne. Außerdem spricht sich der Wissenschaftler für die Zusatzrente der Deutschen für ein Standardprodukt aus, wie er sagt, indem „ein öffentlicher, aber von der Politik unabhängiger Dachfonds angeboten wird, der in privat verwaltete Fonds investiert.“
Ein ähnliches an Kosten schlankes Modell schlägt bekanntlich Sozialministerin Andres Nahles (SPD) vor. Deren so genanntes Sozialpartnermodell für die Betriebsrente soll Arbeitgeber von Garantiepflichten auf ihre Rentenzusagen befreien; haften soll für diese Altersleistungen der Pensionssicherungsverein (PSVaG). Setzten sich die Ministerin oder Wissenschaftler Mayer durch, dann kommen Betriebe und Riester-Renten künftig ohne Vermittler aus. Vielleicht gar ohne Versicherer. Denn noch ist nicht gesagt, ob Andrea Nahles die Assekuranz in die neu zu schaffenden Versorgungswerke ihrer „Nahles-Rente“ von Arbeitgeber und Gewerkschaften hineinlassen will.