Heute verkündet Ergo-Chef Markus Rieß seine neue Strategie für den angeschlagenen Konzern, dem die Ratingagentur Standard & Poor’s kürzlich auf negative Aussichten gesetzt hatte. Wirtschaftliche Stabilität gewährt dem Unternehmen vor allem die große Mutter Munich Re. Um Ergo auf neuen Kurs zu bringen, wird das Unternehmen nach Befürchtungen der Gewerkschaft Verdi einen massiven Stellenabbau durchführen.
„Bei uns starrt am Mittwoch jeder Kollege auf seinen Bildschirm“, sagte am Dienstag ein Ergo-Manager dem Versicherungsboten. Allerdings meinte der mit Namen nicht genannt werden wollende Manager nicht, dass seine Kollegen vor dem Computer ihr Tageswerk verrichten. Der betreib werde ruhen. Die würden stattdessen die Verkündigungen ihres Chefs studieren und sich dann ihre „Kündigungswahrscheinlichkeit“ ausrechnen.
Ergo: 28.500 Mitarbeiter minus X?
Laut „Handelsblatt“ von diesem Dienstag erwartet die Gewerkschaft Verdi einen „massiven Stellenabbau“ und zitiert einen Verdi-Fachbereichsleiter Frank Fassin: „Ergo ist in einer schwierigen Situation. Die neue Strategie soll das Unternehmen da herausführen. Das ist leider immer mit negativen Veränderungen für die Arbeitnehmer verbunden“. Fassin ist als Vertreter der Arbeitnehmerseite Mitglied des Aufsichtsrats von Verdi.
Verdi-Mann Fassin erwartet, „dass das Unternehmen mit diesen Veränderungen verantwortungsvoll umgeht und auf sozialverträgliche Lösungen setzt“. Er fürchtet, „dass Ergo nicht auf Kündigungen verzichten werde“, berichtet das „Handelsblatt“ zu wenig rosigen Job-Aussichten für einen Teil der zurzeit 28.500 Menschen zählenden Ergo-Belegschaft. Deren Chef Markus Rieß, vor knapp neun Monaten von der Allianz gekommen, muss den Konzern umbauen und das Ruder als neuer Chef auf der Brücke in Richtung Rendite drehen.
Am dünnen Faden der Munich Re
Bisher rührte Rieß vor allem am Beteiligungsportfolio. In Asien. Dort kaufte Rieß seiner Ergo laut deren Information in der vergangenen Woche 40 Prozent des thailändischen Versicherers Thaisri. Außerdem steigt Ergo in den international umkämpften Markt der Industrie ein – und erhöht damit den Preis- und Margendruck dieser riskanten Sparte. Schon 2015 war Ergo, einstmals schöne Erstversicherungstochter der Munich Re, aufgrund blutroter Bilanzpositionen in der Lebensparte und die teure Trennung von Ergo Italia mit rund 200 Millionen Euro in den Miesen; diese Zahl berichtete kürzlich die die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.
Derweil dürfte Mutter Munich Re nur noch begrenzt Geduld mit seiner Düsseldorfer Tochter haben. Das Rating-Unternehmen Standard & Poor’s spekuliert über eine Trennung von Ergo. Sollten die Münchener die Düsseldorfer verkaufen, dann fehlte Ergo die große, sichere Haushaltskasse der Mutter. Weswegen das Ratinghaus Ergos Aussichten für die Zukunft auf „negativ“ setzte. Das Ergo-Kreditrating beließ Standard & Poor’s unverändert auf AA- wie bei der Munich Re. Klar ist: Mit dem Verlust der Mutter verlöre die Ergo ihren wichtigsten Bürgen.