Rente - GDV befürwortet moderate Anhebung des Renteneintrittsalters

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Rente: Die Bundesbürger sollen später in Rente gehen, fordert der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Eine längere Lebensarbeitszeit würde demnach die gesetzliche Rentenkasse entlasten, wie eine Prognos-Studie im Auftrag des Lobby-Verbandes gezeigt habe. Doch auch die Versicherer versprechen sich von einem späteren Renteneintritt so einiges – das eingesparte Geld könne ja in die private Altersvorsorge gesteckt werden.

Vernünftiger Vorschlag oder Wunschzettel eines Lobby-Verbandes? Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) trat gestern mit der Forderung an die Öffentlichkeit, die Bundesbürger sollen später in Rente gehen. Eine längere Lebensarbeitszeit würde sowohl die gesetzliche Rentenkasse als auch den Bundeshaushalt entlasten, argumentiert der Verband auf Basis einer selbst beauftragten Prognos-Studie. Doch auch für die Versicherungsbranche würde eine längere Lebensarbeitszeit so manches Bonbon bereithalten.

„Wir brauchen keine Debatte über eine Rente mit 70“

Der Ausgangspunkt der Prognos-Studie ist bekannt: Die Gesellschaft altert und die geburtenstarken Jahrgänge gehen verstärkt in Rente. Deshalb stehen immer mehr Ruheständlern immer weniger Beitragszahler gegenüber. Keineswegs muss nun das Rentenalter drastisch angehoben werden, um für Entlastung der Sozialkassen zu sorgen, argumentiert der GDV. Es würde zunächst ausreichen, eine „echte Rente mit 67“ durchzusetzen – wie ohnehin vom Gesetzgeber beabsichtigt.

Denn derzeit gehen die Bundesbürger weit zeitiger in Rente. Das tatsächliche Renteneintrittsalter liegt in Deutschland bei 64,2 Jahren. Im Tempo der derzeitigen Entwicklung würde es bis 2030 auf lediglich 65 Jahre ansteigen, zu früh nach Auffassung der Studienmacher. „Trotz der Rente mit 67 gehen die Deutschen im Schnitt also im Jahr 2030 und voraussichtlich auch danach schon mit 65 in Rente“, schreibt der GDV in einer Pressemeldung.

Nun wurden von Prognos für die Jahre 2030 und 2040 mehrere Szenarien durchgerechnet:

  • Wenn die Bundesbürger zeitiger als bisher in Rente gehen würden,
  • wenn sich das Renteneintrittsalter bis dahin kaum ändern würde („Basis-Szenario"),
  • wenn sie tatsächlich mit 67 in Rente gehen und
  • wenn sie über das 67. Lebensjahr hinaus arbeiten würden („Rente mit 67+“).

Für Entlastung würde es nun laut Prognos bereits sorgen, würden die Bundesbürger 2030 tatsächlich erst mit 67 Jahren in Rente gingen. Dann nämlich würde das Rentenniveau um 1,1 Prozentpunkte gegenüber dem Basis-Szenario "Rente mit 65" steigen, was einer Kaufkraft von 200 Euro bei einer durchschnittlichen Jahresrente entspräche. „Wir brauchen keine Debatte über eine Rente mit 70. Wir sollten zunächst alles daran setzen, das gesetzliche Ziel von 67 Jahren auch real zu erreichen“, sagt Alexander Erdland, Präsident des GDV.

Somit fordert zwar der Lobbyverband eine Erhöhung des Renteneintrittsalters – erteilt aber zugleich jenen eine Absage, die aber eine allzu drastische Anhebung befürworten. Unter anderem hatte sich das arbeitgeberfinanzierte Institut für Wirtschaft Köln (IW) für eine „Rente mit 73“ stark gemacht, die Junge Union äußerte sich ähnlich.

„Rente mit 67+“ bis 2040: Positiv für Bundeshaushalt und Arbeitsmarkt

Auch langfristig ist laut Prognos-Studie keine allzu drastische Anhebung des Renteneintrittsalters erforderlich. Über das Jahr 2030 hinaus sei eine „Rente mit 67+“ ausreichend, schreibt der GDV, so könnten Rentner und Beitragszahler entlastet werden. Prognos geht dabei von einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit bis 2040 von sieben Monaten aus.

Im Ergebnis läge dafür das Rentenniveau bei 42,2 Prozent – und damit um 0,5 Prozentpunkte über dem Niveau des Basis-Szenarios. Ein durchschnittlicher Rentner hätte damit im Jahr rund 250 Euro mehr in der Tasche. Der Rentenbeitragssatz läge in diesem Fall bei 23,2 Prozent und damit um 0,4 Prozentpunkte unter dem Ausgangsszenario.

Konkrete Vorteile hat eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit laut Studie auch für den Arbeitsmarkt und den Bundeshaushalt. Bei einer „Rente mit 67+“ gäbe es in Deutschland im Jahr 2040 insgesamt über 700.000 mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigte. Weil der Zuschuss zur gesetzlichen Rente geringer ausfiele, könnten außerdem bis 2040 etwa 80 Milliarden Euro Steuergeld gespart werden. „Das schafft Spielraum für Investitionen, aber auch für mehr private Altersvorsorge“, so GDV-Präsident Erdland.

Viele ältere Arbeitnehmer finden schlicht keinen Job

Doch wie realistisch ist eine Anhebung des tatsächlichen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre? Was der Verband verschweigt: Die Chancen für ältere Arbeitnehmer sind auf dem Arbeitsmarkt derzeit sehr gering, viele müssen ihren Job auch aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Für die Betroffenen würde ein höheres Rentenalter zusätzliche Abzüge bei der gesetzlichen Rente bedeuten. So lag die Erwerbstätigenquote bei den 60-65jährigen im Jahr 2014 bei lediglich 52,3 Prozent – im Gegensatz zu 76,9 Prozent bei den 55- bis 60jährigen. Nur jeder Zweite hat also unmittelbar vor dem Renteneintritt noch einen Job. Viele kommen nur im Niedriglohnsektor unter.

Auch würde die Versicherungswirtschaft selbst von einem späteren Renteneintrittsalter profitieren. Nicht nur, weil mehr eingespartes Geld in die private Altersvorsorge fließen soll. Die Bundesbürger würden sehr wahrscheinlich auch private Renten- und Lebensversicherungen später in Anspruch nehmen und länger in die Verträge einzahlen, weil viele Versicherte traditionell das Renteneintrittsalter als Auszahlungsbeginn wählen. Das könnte die Attraktivität der Privatrenten insgesamt erhöhen und die Versicherer entlasten. Schließlich geht auch in der Leben-Branche das Neugeschäft zurück - und die Lebenserwartung der Kunden steigt.