Mangels auskömmlicher Zinsen fehlt es kapitalgedeckten Renten zurzeit nicht nur an Ertrag, sondern scheinbar auch an Argumenten für die private Vorsorge. Politische Verfechter des Umlagesystems argumentieren mit der Theorie des Ökonomen Gerhard Mackenroth, der vor 60 Jahren das heutige System der gesetzlichen Rente erdachte. Rentenprofessor Bert Rürup verteidigt kapitalgedeckte Rentensysteme.
Weil zurzeit am Kapitalmarkt kaum Zinsen zu erwirtschaften sind, schreibt Professor Rürup in einem Aufsatz für das „Handelsblatt“: „Ohne Zweifel haben die Verfechter der Umlagefinanzierung zurzeit Oberwasser“. Rürup zitiert Stimmen aus der Politik, die gegen kapitalgedeckte Kapitalstöcke argumentieren. Hauptargument der Freunde des Umlagesystems sei immer wieder das Mackenroth-Theorem, das in Kurzform sagt, dass jede (Renten-) Generation sich ihre Rente selbst erwirtschaften muss. Dies drücke sich im Umlageverfahren für die Rente aus, welches umgangssprachlich als Generationenvertrag bezeichnet wird. Die Jungen bezahlen mit ihrem Beitrag die Renten der Alten.
Rentenreform 1957 machte das System stabil
Rentenprofessor Rürup, vormals zu Bundeskanzler Schröders (SPD) Regierungszeit „Wirtschaftsweiser“, „Vater“ des Alterseinkünfte-Gesetzes von 2005 und jetzt in „Handelsblatt“-Diensten, beschreibt in seinem Aufsatz die Geschichte der Gesetzlichen Rentenversicherung. Diese sei vor gut 125 Jahren im Kaiserreich von Reichskanzler Friedrich von Bismarck in ihrem Grundsatz als kapitalgedecktes System ersonnen worden. Jedoch sei dieses Rentensystem nach dem Weltkrieg I. kollabiert. Vor allem, weil nach dem Kriegsende 1918 zu viele Witwen und Waisen zu versorgen waren. Rürup diagnostiziert weiter für die Phase der Weimarer Republik, über das „Dritte Reich“ hinaus bis in die ersten Jahre des Bundesrepublik eine „grassierende Altersarmut“.
Erst Mitte der 1950er Jahre wurde das Rentensystem unter Kanzler Adenauer auf das Umlageverfahren umgestellt. Die wissenschaftliche Grundlage hierfür lieferte der Ökonom Gerhard Mackenroth: den Generationenvertrag. Schmackhaft gemacht wurde allen Beteiligten, Rentenpolitikern wie Rentnern, im Jahr 1957 die Rentenreform mit einem „Einführungsgeschenk“, sagt Rürup. Weil die Renten mit Start des Umlageverfahrens in einem Schlag um 60 Prozent stiegen. Die Finanzierung dieser Kosten war kein Problem. Die Wirtschaft der jungen Bundesrepublik brummte, und damit flossen die Rentenbeiträge in die Kassen der Versorgungsträger, damals noch getrennt nach BfA (für Angestellte) und den Landesversicherungsanstellten (LVA) für die Arbeiter.
Argumente pro Umlagesystem sprechen nicht gegen Kapitaldeckung
Und was ist mit den kapitalgedeckten Renten? Rürup weist in seinem Aufsatz auf elementare Unterschiede zwischen Umlage und Kapitaldeckung hin. Bei Letzterem werden die Beiträge nicht nur vom Sparer aufgebracht, sondern das Kapital hieraus ist und bleibt Eigentum der Menschen. Auch werden die Beiträge für den eigenen, privaten Kapitalstock nicht von Politikern oder Gesetzen festgelegt, sondern von den Bürgern selbst. Diesen Menschen gehört auch der Zins aus dem Sparkapital. Wenn es einen Zins gibt. Oder eine Aktienrendite, zu deren Zweck aus Rürups Sicht Sparkapital über deutsche Grenzen hinaus angelegt werden sollte.
Und die Umlage? Rentenanwartschaften, die erst in 20 oder 30 Jahren zum tragen kommen, sind insofern unsicher als die wirtschaftliche Entwicklung der Zukunft nicht vorhersehbar ist. Wer also heute als Arbeitnehmer mit seinem Sozialbeitrag die heutigen Rentner finanziert, der kann sich nicht sicher sein, später selbst in der gleichen Höhe Rente zu erhalten. Dementsprechend spricht sich Professor Rürup für einen Mix aus Umlage und Kapital aus, wenn es um den Aufbau von Altersvermögen geht. Mackenroths These pro Umlage hält Rürup demnach für kein Argument gegen kapitalgedeckte Altersvorsorge.