Weil die Pensionskassen von Ergo und HDI ihre Tore für den Neuzugang schließen, steht auch das Betriebsrentenwerk des Hotel und Gaststättenverbands Dehoga mangels Risikoträger vor dem Aus. Unterdessen sucht der Verband nach „zukunftsorientierten und nachhaltige Lösungen“ für die Betriebsrente seiner Beschäftigten. Diese Konstellation ist ein Signal und zeigt, wie etwa aussterbende Pensionskassen-Versorgungswerke in die „Nahlesrente“ überführt werden. Politisch kann das Rentenministerin Andrea Nahles nur recht sein – und für die Versicherungswirtschaft ein Fanal.
Die vor 15 Jahren mit dem seinerzeit renovierten Betriebsrentengesetz eingeführten überbetrieblichen Pensionskassen stehen vor dem Aus. Wegen dauernd niedriger Zinsen und hoher (Rechnungszins-) Zusagen stellen Ergo und HDI ihr Geschäft ein. Andere Kassen wie die Neue Leben Pensionskasse oder die Banken-Pensionskasse kappen Garantien. Und weil Ergo und HDI ihre Pensionskassen ebenfalls schließen, steht der Verband der Hotels und Gaststätten (Dehoga) nun ohne Betriebsrente da.
Ohne Risikoträger ist keine Betriebsrente durchführbar
Banaler kann man es nicht sagen: Der Dehoga-Verband hat für neue Betriebsrenten-Abschlüsse keinen Risikoträger mehr, der die „Hogarente“ seiner Werktätigen bewirtschaftet. Dieser Zustand wird eingetreten sein, sobald Ergo und HDI als (einzige) Konsortialpartner der „Hogarente“ spätestens bis zum Jahresende ihre Pforten für neue Versicherte endgültig schließen. Bestehende Verträge laufen zwar weiter, können von den Beschäftigten künftig aber nur noch sehr begrenzt erhöht werden, etwa im Umfang der jährlichen Dynamik von Höchstgrenzen zur Entgeltumwandlung.
Die „Hogarente“ wurde im Jahr 2001 am „Vorabend“ der neu geregelten Welt der Betriebsrenten und Start der überbetrieblichen Pensionskassen gegründet; vom Dehoga-Verband auf Arbeitgeberseite und der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG). Nun steht das Rentenwerk der Hotels und Gaststätten vor dem Aus, schlicht weil der Betreiber des Rentengeschäfts fehlt. Nun sucht der Dehoga-Verband nach „zukunftsorientierten und nachhaltige Lösungen“ für seine Betriebsrenten, teilt der Verband mit.
Nahlesrente im Wartestand
Einen Ersatzträger in Form der Pensionskasse könnten die Sozialpartner nun versuchen zu suchen. Allein finden würden sie wohl kaum eine neue Pensionskasse, weil diese Unternehmen die gleichen Probleme haben wie Ergo oder HDI. Fündig werden könnten die tariflichen Schirmherren der „Hogarente“ im Hause von Ministerin Andrea Nahles (SPD) und ihrem Bundesarbeitsministerium.
Die SPD-Politikerin feilt derzeit an ihrem so genannten Sozialpartnermodell, kurz gesagt einer Art Metallrente für alle Branchen, aber mit Extra-Gimmick für Arbeitgeber. Denn anders als bisher bei Betriebsrenten geregelt, soll Nahles’ neue Betriebsrente die Arbeitgeber von der Haftung für Beiträge (die juristisch als Arbeitslohn gelten) entlasten. Neudeutsch wird das „Pay and forget“ genannt. Zahlen und vergessen. Haften soll der Pensionssicherungsverein PSVaG, sagt Nahles; so ist es jedenfalls entwurfsweise für die „Nahlesrente“ vorgesehen – und von zwei in der Sache freundlichen Gutachten gestützt (der Versicherungsbote berichtete).
Headline 2017? „Nahlesrente rettet Dehoga-Betriebsrenten“
Zwar hat der PSVaG keine Lust, ähnlich einem Lebensversicherer für Pensionszusagen von Versorgungswerken zu haften, das teilten die Pensionshüter kürzlich mit. Aber von nachdrücklichem politischen Willen und seinerseits etwa durch Staatshaftung(?) und damit Geld motiviert, könnte die PSVaG-Haftungsvariante für die Nahles’ Rente real werden. Klar scheint auch, das die jetzige Große Koalition aus Union und SPD die Betriebsrenten noch vor der Bundestagswahl 2017 renovieren wollen. Und wenn die privaten Versicherer sowieso schon (nicht nur) dem Dehoga-Verband die Türen zu schlagen, dann können sich Hotels und Gastwirte gleich nicht nur nach einem neuen Riskoträger, sondern dann gleich nach einem neuen Durchführungsweg für ihre Betriebsrente umsehen: Die Nahlesrente etwa. „Nahlesrente rettet Dehoga-Betriebsrenten“; so oder so ähnlich würden dann bald die Berichte in der Presse betitelt. Und ein Fanal, ein Warnzeichen zur Betriebsrente zeigen: Die Lebensversicherer können es nicht mehr.
Versicherungsvermittler stünden im Aus
Um diesen Eindruck zu vermeiden, könnte nun der Versicherer-Lobbyverband GDV sich neue Produkte ausdenken, seine PR verbessern, Politiker beeinflussen ... jedenfalls könnte der GDV dafür sorgen, bei der Nahlesrente dabei sein zu dürfen. Wenigstens wenn die Versicherer als Risikoträger bei Nahles’ Rente mitmachen – sicher ist das noch lange nicht – und ihr Kapitalsammelbecken weiter für Betriebsrenten-Beiträge öffnen dürften, wäre die Assekuranz weiter im Geschäft. Kostengünstig könnten die Lebensversicherer das Geschäft auch anbieten. Andrea Nahles hat bei ihrem Sozialpartnermodell am Vertrieb gespart. Samt Kosten. Spezialisierte Versicherungsvermittler stünden vor dem Aus, weil ihr bisheriges Pensionskassen-Geschäft entfiele.