Betriebsrente - Arbeitgeber-Haftung vor dem Aus?

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Fällt die Haftung der Arbeitgeber für die betriebliche Altersvorsorge? Laut einem Bericht der Stuttgarter Zeitung haben sich das Bundesfinanz- und das Arbeitsministerium darauf verständigt, dass Unternehmen künftig nicht mehr die Betriebsrenten garantieren müssen. Damit greife die Bundesregierung eine Forderung der Wirtschaft auf. Speziell kleine und mittlere Unternehmen seien mit dem gesetzlich vorgegebenen Haftungsrisiko überfordert.

Unternehmen haften für die Rentenansprüche ihrer Mitarbeiter

Nach der jetzigen Rechtslage haften Betriebe dafür, dass die Betriebsrente später in der zugesicherten Höhe gezahlt wird. Das hat unter anderem das Bundesarbeitsgericht Erfurt mit Blick auf Pensionskassen 2012 bestätigt (3 AZR 408/10). Der Arbeitgeber muss demnach für Fehlbeträge aufkommen, wenn eine Pensionskasse aufgrund von wirtschaftlichen Problemen ihre Leistung herabsetzt. Die Haftung gilt selbst dann, wenn ein Unternehmen die Versorgungszusage an externe Dienstleister der bAV auslagert, etwa an eine Unterstützungskasse, Pensionskasse, eine Versicherung oder einen Pensionsfonds.

Die Bundesregierung aber will die betriebliche Altersvorsorge als dritte Säule der Ruhestands-Absicherung stärken: so steht es im Koalitionsvertrag von Union und SPD. Passiert ist auch kurz vor Ende der Legislaturperiode nicht viel. Aber das Ressort von Andrea Nahles hat eine große Rentenreform für den Herbst 2016 angekündigt. Hier könnte eine Befreiung der Unternehmen von Haftungsrisiken ein wichtiger Baustein sein. Die Gespräche seien weit vorangekommen, berichtet die Stuttgarter Zeitung aus Verhandlungskreisen.

Schäubles Bedingung: keine Staatshaftung

Im Idealfall könnte der Arbeitgeber nur noch verpflichtet sein, verlässlich alle Beiträge für die betriebliche Altersvorsorge abzuführen. Darüber hinaus entfallen alle anderen Verpflichtungen für die Unternehmen. So sollen gerade kleinere Betriebe dazu gebracht werden, ihren Mitarbeitern aktiv eine Betriebsrente anzubieten. Hier ist die Absicherungslücke am größten: in Firmen mit weniger als zehn Beschäftigten haben nur rund 30 Prozent eine bAV abgeschlossen. Das Bundesfinanzministerium sympathisiere mit der Idee, schreibt das Stuttgarter Blatt.

Bedingung für Schäuble sei, dass keine Staatshaftung eingeführt werde. Der Wegfall der Garantien dürfe nicht den Bundeshaushalt belasten. Die Frage ist, wer dann für die Erfüllung der Ansprüche einstehen soll, etwa wenn bAV-Dienstleister in wirtschaftliche Schieflage gerät – oder ob die Vorsorgesparer zukünftig mit einer Kürzung ihrer Renten rechnen müssen.

Gilt Enthaftung nur für mögliche Nahles-Rente?

Dass Pensionskassen und andere bAV-Dienstleister im aktuellen Niedrigzinsumfeld Probleme bekommen können, ihre Ansprüche an Kunden zu bedienen, zeigten jüngst mehrere Beispiele. So hat etwa die Neue Leben Pensionskasse den Rechnungszins absenken müssen – auch im Bestand.

Der Arbeitgeber haftet in solchen Fällen, wie der oberste BaFin-Versicherungsaufseher Frank Grund bestätigte (der Versicherungsbote berichtete). Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) hat deshalb eine Lockerung der Garantien für Arbeitgeber angeregt.

Doch vielleicht freuen sich die Privatversicherer zu früh. Der Wegfall der Haftung könnte nur für die sogenannte Nahles-Rente gelten, also wenn Pensionskassen und -fonds zwischen den Tarifpartnern ausgehandelt werden und bei Versorgungswerken angesiedelt sind. Nicht jedoch für „klassische“ Durchführungswege.

Laut Stuttgarter Zeitung will Nahles zur Bedingung für die Streichung der Garantiezusage machen, dass sich die Sozialpartner auf gemeinsame Lösungen zur betrieblichen Altersvorsorge verständigen. „Auf die Garantie soll nur dann verzichtet werden, wenn das Modell der betrieblichen Altersvorsorge auf Grundlage eines Tarifvertrages besteht“, heißt es im Text. Paradox: gerade die anvisierte Zielgruppe, nämlich viele kleine und mittlere Firmen, könnten damit von der Enthaftung ausgeschlossen sein.

Quelle: Stuttgarter Zeitung