Riester-Rente - Der Bund der Versicherten (BdV) und die Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) haben gegen die HDI Lebensversicherung ein Gerichtsurteil erwirkt, wonach der Versicherer neben den bei Vertragsbeginn erhobenen keine weiteren Abschlusskosten verlangen darf. Das Oberlandesgericht Köln kassierte entsprechende Textpassagen im Kleingedruckten von Riester-Policen des Versicherers als unwirksam. Das jetzt verhandelte Beispiel HDI Leben sei „bei weitem kein Einzelfall“, sagt BdV-Chef Axel Kleinlein gegenüber dem Versicherungsboten zur Bedeutung des Urteils.
Die HDI Lebensversicherung darf nach einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln keine höheren Abschluss- und Vertriebskosten erheben als das Gesetz es erlaubt. Erstritten hat den Richterspruch der hamburgische Verbraucheranwalt Joachim Bluhm, der die klagenden Verbraucherverbände BdV und VZHH vor Gericht gegenüber der HDI Leben vertritt.
„Verbleibende“ Abschlusskosten nach fünf Jahren nicht möglich
Laut Anwalt Bluhms Presseinformation „installierte“ der Versicherer neben den branchenüblich auf die ersten fünf Vertragsjahre verteilten Abschluss- und Vertriebskosten (im Folgenden als „Kosten“ bezeichnet) eine aus Sicht des Gerichts und nach dessen Urteil rechtswidrige Vertragsklausel. Im Kleingedruckten schreibt der Versicherer zunächst, wie die Kosten auf die ersten fünf Vertragsjahre aufgeteilt werden. Soweit ist das branchenüblich (das so genannte Zillmer-Verfahren) und wird auch von keiner Seite vor Gericht beanstandet. Das geht insoweit auch aus dem Urteilstext hervor, der dem Versicherungsboten vorliegt.
Als rechtswidrig beurteilte das OLG Köln hingegen eine zweite Formulierung im Vertragstext des HDI, der zu den Kosten weiter ins Kleingedruckte schreibt (Hervorhebung durch den Versicherungsboten):
Den verbleibenden Teil (der Kosten, Anm. d. Red.) verteilen wir in gleich hohe Beträge (...) über die gesamte Prämienzahlungsdauer, mindestens jedoch über einen Zeitraum von fünf Jahren, aber nicht länger als bis zum (...) Rentenzahlungsbeginn.
„Verbleibende“ Kosten? Und diese dauernd zu zahlen bis Rentenbeginn? Im Gespräch mit dem Versicherungsboten legt Rechtsanwalt Bluhm die Rechtslage dar. §169 VVG (Versicherungsvertrags-Gesetz) verlangt zum einen die gleichmäßige Verteilung der Kosten auf die ersten fünf Vertragsjahre, und sagt zum anderen: „Die aufsichtsrechtlichen Regelungen über Höchstzillmersätze bleiben unberührt“. Und diese Höchstsätze stehen in §4 der Deckungsrückstellungs-Verordnung (DeckRV): „Der Zillmersatz darf 25 Promille der Summe aller Prämien nicht überschreiten“ (bis Ende 2015 galten 40 Promille).
HDI „bei weitem kein Einzelfall“
„Verbleibende“ Teile der Abschlusskosten könne es also nachjuristischer Logik eigentlich gar keine geben, sagt Anwalt Bluhm. Auch das OLG sieht das so und bezieht sich im Weiteren auf ein höchstrichterliches Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Lebensversicherungen aus dem Jahr 2012. Der BGH habe keine Billigung der „zweiwegigen“ Verrechnung der Abschlusskosten vorgesehen, wie in den Tarifbestimmungen der HDI Leben vorgesehen, schreibt das OLG in seine Urteilsgründe hinein (Az.: 20 U 201/15). Das Urteil ist nicht rechtskräftig, eine Revision an den BGH hat das Gericht zugelassen.
Neben den strittigen, nun vom OLG kassierten Klauseln habe der Versicherer die „verbleibenden“ Kosten in seinen Papieren für den Kunden auch der Höhe nach gar nicht angegeben. Diese Kosten müsse der Versicherer aber angeben, sagt Anwalt Bluhm dem Versicherungsboten. Der Verbraucher erhalte zu Abschlusskosten, die ihm ab dem sechsten Vertragsjahr entstehen, keine Angaben vom Versicherer.
Auf die Frage, ob das aktuelle Urteil gegen den HDI einen Einzelfall betrifft, sagte Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten dem Versicherungsboten: „Bei weitem nicht, über die Zillmerung in den ersten fünf Jahren hinaus im laufenden Beitrag versteckte weitere Abschlusskosten über die Laufzeit des Vertrags sind symptomatisch für die gesamte Lebensversicherungs-Branche“. Sollte nun das OLG-Urteil, spätestens am BGH, Rechtskraft erlangen, dann drohte den Lebensversicherern der nächste „Widerrufsjoker“.