Speziell für das Oktoberfest bietet die Bayerische erneut eine Unfallversicherung an, die mit einer Mindestlaufzeit von 24 Stunden abgeschlossen werden kann. Solche Kurzzeitversicherungen sind aber umstritten. Nicht nur bieten sie nur sehr geringe Invaliditätssummen - sie sind auf das Jahr hochgerechnet auch extrem teuer.
Am Samstag heißt es in München wieder «Ozapft is»! Pünktlich um zwölf Uhr will Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) das erste Bierfass anzapfen und damit das Oktoberfest eröffnen, wohl das größte Volksfest der Welt. Sechs Millionen Menschen besuchen jedes Jahr die Festzelte und Fahrattraktionen in der Isar-Metropole. Für das Maß Bier müssen sie dieses Jahr wieder tiefer in die Tasche greifen: Zwischen 10,40 Euro und 10,70 Euro liegt der Preis für eine Wiesn-Maß.
Seit einigen Jahren gibt es auch eine spezielle Versicherung für den Gaudi auf der Wiesn. Die Bayerische bietet zusammen mit der SituatiVe GmbH eine Kurzzeit-Unfallversicherung für Gäste des Münchener Oktoberfestes an. Ab 5,99 Euro kann der Schutz via App oder Webseite abgeschlossen werden, Mindestlaufzeit ist 24 Stunden. Der Abschluss ist zu jedem Datum des Oktoberfestes frei wählbar, der Versicherungsschutz greift sofort.
Niedrige Invaliditätssumme von 50.000 Euro
Doch ob solche Kurzzeit-Unfallversicherungen Sinn machen, ist umstritten. Da wäre zum einen die sehr niedrige Grundsumme im Falle einer Invalidität: diese ist bei der Bayerischen auf 50.000 Euro begrenzt. Verletzt sich ein Wiesen-Besucher so schwer, dass er einen bleibenden Schaden davonträgt, kann er mit diesem niedrigen Betrag die anfallenden Kosten kaum auffangen.
Hierbei sollte bedacht werden, dass die komplette Summe für Vollinvalidität tatsächlich nur im Worst-Case-Szenario ausgezahlt wird, nämlich wenn (mehrere) Körperfunktionen und Organe stark oder vollständig beeinträchtigt sind, und zwar dauerhaft.
Wie viel der Versicherte erhält, ist abhängig von der Gliedertaxe in den Versicherungsbedingungen. Zum Beispiel sieht der Oktoberfest-Schutz für den vollständigen Verlust eines Armes nur eine Leistung von 70 Prozent der Invaliditätssumme vor. Wenn also ein Oktoberfest-Besucher einen Unfall mit einem Fahrgeschäft erleidet, so dass sein rechter Arm amputiert werden muss, erhält er ganze 35.000 Euro ausgezahlt – zu wenig, um den bisherigen Lebensstandard zu sichern!
Immerhin: integriert ist in den Kurzzeitschutz eine Zahnzusatzversicherung. Bei Verlust der Eck- oder Schneidezähne zahlt die Bayerische bis zu 2.000 Euro an ihre Kunden aus. Und auch Schäden unter Alkoholeinfluss sind versichert. Schließlich wurden allein im Jahr 2015 mehr als 7,5 Millionen Liter Bier auf der Wiesn getrunken, wie die Veranstalter mitteilen.
Hochgerechneter Jahresbeitrag: 2186,35 Euro
Es gibt ein weiteres Argument gegen derartige Kurzzeit-Unfallversicherungen: rechnet man sie auf das Jahr hoch, sind sie absurd teuer. Bei einer Prämie von 5,99 Euro pro Tag würde die Unfallversicherung einen stolzen Jahresbeitrag von 2186,35 Euro verschlingen. Was spricht also dagegen, gleich eine vollwertige Unfallversicherung abzuschließen?
Wie hoch die Invaliditätssumme bei einer Unfallversicherung mindestens ausfallen sollte, dafür gibt es kein Patentrezept: unterschiedliche Experten werden hier unterschiedliche Summen nennen. Das hängt auch vom Alter und der individuellen Lebenssituation der Person ab, etwa ob sie Haupternährer einer Familie ist, wie viel sie verdient, wie alt eine Person ist und ob bereits andere Versicherungen vorhanden sind, etwa gegen Berufsunfähigkeit. Die Empfehlungen reichen vom sechsfachen des Jahresbruttos bis hin zu einer Summe von 500.000 Euro.
Darüber hinaus kann eine sogenannte Progression vereinbart werden. Sie sorgt dafür, dass bei einer schweren Beeinträchtigung des Körpers die ausgezahlte Summe prozentual steigt, abhängig vom Grad der Schädigung. Wenn ein Versicherungsnehmer zum Beispiel eine Versicherungssumme von 100.000 Euro bei zugleich 500er Progression abschließt, kann er bei 100 Prozent Invalidität den fünffachen Betrag (500.000 Euro) erreichen.