Das Thema Bestandsübertragung rückt für viele Makler stärker in den Fokus. Viele ältere Vermittler denken über die Zukunft ihres Unternehmens nach und wollen ihren Bestand vergolden. Doch viele rechtliche und steuerliche Hindernisse müssen für einen erfolgreichen Verkauf beachtet werden. Worauf Makler bei der Bestandsübertragung achten sollten, erklärt uns Thomas Öchsner, Geschäftsführer des Resultate Instituts.
Versicherungsbote: Wie läuft die perfekte Bestandsübertragung Schritt für Schritt ab?
Herr Thomas Öchsner: Der Begriff Bestandsübertragung wird häufig als Synonym für den Verkauf der Courtageansprüche oder des gesamten Maklerunternehmens verwendet. Die Vorgehensweise zwischen diesen beiden Varianten unterscheidet sich stark. Insofern gibt es keinen „Königsweg“ der eine erfolgreiche Übertragung Schritt für Schritt sicherstellt. Die richtige, im Sinne einer wirtschaftlich optimalen Lösung ist immer eine individuelle. Wichtig ist, dass ein Verkäufer in der richtigen Reihenfolge vorgeht, denn sonst vernichtet er schon vor Beginn des eigentlichen Verkaufs erhebliche Werte. Zuerst sollte er klären, welche Übertragungsart die sinnvollste ist. Ein Bestands- oder Unternehmensverkauf hat unterschiedliche Vor- und Nachteile. Wirtschaftlich sind vor allem die unterschiedlichen steuerlichen Aspekte zu berücksichtigen. Die Wahl des steuerlich falschen Szenarios kann hier erhebliche Werte vernichten.
Danach sollte sich ein Makler mit dem Wert des eigenen Unternehmens bzw. des eigenen Bestandes beschäftigen. Ohne eine klare Vorstellung, welcher Wert angemessen ist, kann er Angebote von Interessenten nicht richtig beurteilen. Hier ist eine professionelle Bewertung sehr hilfreich. Gibt es größere Optimierungsmöglichkeiten oder Optimierungsbedarf im Unternehmen, sollte der Makler diese Möglichkeit unbedingt nutzen – vorausgesetzt es steht die dafür notwendige Zeit zur Verfügung.
Der nächste Schritt ist die Festlegung des idealen Käufertyps. Auf der Basis des definierten Suchprofils prüfen wir üblicherweise den Käufermarkt und unsere Interessentendatenbank. Denn nur ein solcher Kandidat bezahlt im Zweifel den wirklich angemessenen Preis und führt das Unternehmen erfolgreich fort. Die identifizierten potenziellen Kandidaten werden dann diskret und möglichst anonym angesprochen. Diese Aufgabe übernehmen wir normalerweise für unsere Kunden, da wir meist über den deutlich besseren Marktzugang und die entsprechende Markttransparenz verfügen und auch Kandidaten ansprechen können, die der Verkäufer selbst nicht direkt ansprechen könnte. Erst jetzt sollte der Verkäufer mit dem eigentlichen Verhandlungs- und Verkaufsprozess beginnen.
Welche Probleme können auftreten?
Hier gibt es jede denkbare Variante. Am häufigsten bereitet die fehlende Transparenz über das eigene Unternehmen beziehungsweise den eigenen Bestand Probleme. Das führt meistens zu erheblichen Abschlägen im Kaufpreis. Bei gesplitteten Kaufpreismodellen oder Rentenzahlungen sind Ausfälle der Zahlungen nicht selten. Was die wenigsten Verkäufer tatsächlich merken, ist die „Steuerkeule“, die oft unnötigerweise einen erheblichen Teil des realisierten Kaufpreises an den Fiskus weiterleitet.
Welchen Zeitrahmen sollten Makler einplanen?
Im besten Fall sollte ein Verkäufer von insgesamt 18 Monaten ausgehen. Wenn Optimierungsbedarf vorhanden ist und für einen optimalen Verkauf ein Rechtsformwechsel nötig sein sollte, kann man von 3 bis 5 Jahren ausgehen. Steuerliche Fristen laufen teilweise noch länger. Die größte Schwierigkeit besteht jedoch darin, dies alles zu erkennen. Hier sollte sich ein Makler in der Tat fachkundiger Beratung bedienen. Das kostet zwar etwas Geld, spart ihm aber meist ein Vielfaches an Zeit und Geld – und bewahrt ihn auch vor anderen Fehlern aus Unwissenheit.
Wie werden Bestände bewertet?
Im Prinzip sind Verkäufer und Käufer in der Vorgehensweise zur Kalkulation ihres Verkaufs- beziehungsweise Kaufpreises völlig frei. Aber sogar in der Rechtsprechung sind zwischenzeitlich klare Vorgaben zu beachten, die nur die wenigsten Bestandsbewerter in Deutschland wirklich beherrschen.
Gerichte akzeptieren beispielsweise keine Bewertungen auf Basis von Umsatzmultiplikatoren oder Verfahren, die die Bestandscourtage mit irgendwelchen Faktoren multiplizieren. Hintergrund dieser Einschränkung ist, dass Umsatzmultiplikatoren keine Aussage über die Ertragskraft des Unternehmens bzw. Bestandes geben können und damit auch den Ertragswert nicht ermitteln können. Leider stoßen wir immer wieder auf Bewertungen, die diese Erkenntnis sträflich ignorieren. Deshalb wird sich eine seriöse und belastbare Bewertung eines echten Profis immer an der zukünftig zu erzielenden Ertragskraft orientieren. Dies bietet für eine Verkaufsverhandlung auch die beste Argumentation für eine Preisverhandlung.
Braucht der Makler eine Erlaubnis seiner Kunden? Von jedem Kunden?
Letztlich ist das eine Rechtsfrage, die in jedem Einzelfall von einem Juristen zu prüfen ist. Grundsätzlich hängt es stark von dem gewählten Verkaufsmodell ab. Bei einem Verkauf einer Kapitalgesellschaft, wie zum Beispiel einer GmbH, ist in der Regel keine Erlaubnis der Kunden erforderlich, außer dies wurde einzelvertraglich mit den Kunden so vereinbart. Bei einem Bestandsverkauf ist es tatsächlich so, dass die betroffenen Kunden einer Übertragung zustimmen müssen. Zwischenzeitlich haben auch die Datenschutzbehörden ein verstärktes Augenmerk auf Bestandsverkäufe geworfen und verhängen regelmäßig sehr schmerzhafte Bußgelder.
Welche Auswirkungen hat die Rechtsform für Nachfolgeregelungen auf die Bestandsübertragung?
Juristisch sind Kapitalgesellschaften, wie GmbH’s, sicherlich am einfachsten zu übertragen. Ich warne dennoch davor, ein Maklerunternehmen grundsätzlich in eine GmbH umzuwandeln. Der Markt für GmbH-Übernahmen ist überschaubar, da potenzielle Käufer bei einer GmbH eine entsprechende Unternehmensgröße voraussetzen. Wandelt man einfach um und erfüllt die am Markt geltenden Größenerfordernisse nicht, ist die GmbH schwer oder kaum verkäuflich.
Worauf sollten Makler bei der Ausgestaltung eines Maklervertrages generell achten?
Das ist sehr unterschiedlich. Ein Maklervertrag sollte sich inhaltlich immer an dem Geschäftsmodell des jeweiligen Maklers orientieren und dieses im Vertrag auch abbilden. Standardverträge sind deshalb mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. Regelungen für einen möglichen Bestandsverkauf im Zuge einer Nachfolgelösung schaden nicht und sollten deshalb enthalten sein. Eine absolute Rechtssicherheit bieten sie meist aber auch nicht. Hier sollte der Makler mit einem Juristen seines Vertrauens die für ihn optimale Lösung erarbeiten.
Versicherungsbote: Vielen Dank für das Gespräch!