Überstunden als Normalzustand: Vollzeitbeschäftigte arbeiten im Schnitt fünf Stunden pro Woche länger als vertraglich vereinbart. Das geht aus dem aktuellen Arbeitszeitreport 2016 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hervor. Mehr als die Hälfte der Befragten klagt über Müdigkeit und Erschöpfung.
Sind Sie aktuell noch auf Arbeit, obwohl Sie längst zu Hause sein wollten? Dann zählen Sie in Deutschland eher zur Regel als zur Ausnahme. Laut dem aktuellen Arbeitszeitreport 2016, für den 20.000 Arbeitnehmer befragt wurden, macht jeder Vollzeitbeschäftigte in Deutschland durchschnittlich fünf Überstunden pro Woche. Obwohl der Arbeitsvertrag nur 38,6 Stunden Wochenarbeitszeit vorsieht, verbringen die Bürger im Schnitt 43,5 Wochenstunden im Büro, auf ihrer Baustelle oder an einem anderen Arbeitsplatz.
Mehr als jeder Zweite klagt über Müdigkeit und Erschöpfung
Die Studie zeigt zugleich, dass viele Beschäftigte über gesundheitliche Probleme klagen. Zwar sagen mehr als drei Viertel aller Vollzeit-Beschäftigten aus, dass sie mit ihrer Work-Life-Balance zufrieden sind (77 Prozent). Dennoch zeigen sich Beschwerden bei der Mehrzahl der Befragten. Mehr als jeder Zweite klagt sowohl über Müdigkeit und Erschöpfung (53 Prozent) als auch über Rückenschmerzen (51 Prozent). Schlafstörungen quälen immer noch knapp jeden dritten in Vollzeit Beschäftigten (33 Prozent), allgemeine Niedergeschlagenheit jeden vierten (24 Prozent, siehe Tabelle).
Die Mehrheit der befragten Vollzeitbeschäftigten antwortete folglich, dass sie ihre Arbeit gern reduzieren würden. Mehr als jede(r) Zweite möchte dabei weniger arbeiten als vertraglich vereinbart, etwa jede(r) Dritte mit Verkürzungswunsch möchte die tatsächliche Arbeitszeit auf die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit reduzieren. Nur 13 Prozent der Befragten in Vollzeit sagten aus, dass sie gern länger arbeiten würden. Wenn die Befragten ihre Arbeitszeit frei wählen könnten, wünschen sie sich im Schnitt eine 36-Stunden-Woche.
Knapp jeder Vierte muss auch außerhalb der Arbeitszeit für Arbeitgeber erreichbar sein
"Mit zunehmender Länge der Arbeitszeit sinkt der Anteil der Beschäftigten, die mit ihrer Work-Life-Balance zufrieden sind, und es steigt der Anteil der Beschäftigten, die gesundheitliche Beschwerden berichten", heißt es in dem Report. Eine Ausnahme bilden hier jene, die in langer Teilzeit tätig sind. "Bereits ab 2 Überstunden werden deutlich häufiger gesundheitliche Beschwerden genannt und mit steigender Überstundenzahl nehmen insbesondere körperliche Erschöpfung und Schlafstörungen zu." So sind bei jenen, die sogar 48 Stunden pro Woche arbeiten, mehr als die Hälfte damit unzufrieden.
Auch die Flexibilisierung der Arbeit steigt - mit positiven wie negativen Auswirkungen. Etwa vier von 10 abhängig Beschäftigten sagten, sie hätten selbst einen großen Einfluß darauf, wann sie ihre Arbeit beginnen und beenden (38 Prozent) oder wann sie ein paar Stunden freinehmen (44 Prozent). Und 22 Prozent der Befragten berichten, dass ihr Arbeitsumfeld von ihnen erwartet, auch im Privatleben für dienstliche Angelegenheiten erreichbar zu sein. Freizeit und Arbeitszeit verschwimmen zunehmend: auch das belastet laut Studie die Gesundheit.