Die Versicherer stellen sich laut einer Ausbildungsumfrage auch im Werben um Nachwuchs auf das sich ändernde Nutzungsverhalten der jungen Generation ein. Über 98 Prozent der Versicherer nutzen das Internet, um Azubis anzuwerben, doch nur rund 36 Prozent soziale Netzwerke. Jeder zweite Azubi, der seine Ausbildung beendet, erhält einen unbefristeten Vertrag.
„Wer die junge Generation als neue Mitarbeiter gewinnen will, muss digital auf sich aufmerksam machen“, schreibt das Berufsbildungswerk der Deutschen Versicherungswirtschaft (BWV) anlässlich seiner Ausbildungsumfrage 2016. Demnach seien 99 Prozent aller Jugendlichen online unterwegs, wenn sie sich nach Ausbildungsmöglichkeiten umsehen, und würden Messenger, soziale Netzwerke und E-Mails dem persönlichen Gespräch vorziehen. So argumentiert das BWV in einer heutigen Pressemeldung. An der Umfrage beteiligten sich rund 60 Versicherer (Ergebnisse der Ausbildungsumfrage 2016 als pdf).
Die Versicherungsgesellschaften stellen sich auf das geänderte Suchverhalten ein – wenn auch nicht auf allen Kanälen. Zwar nutzen mittlerweile fast alle Versicherer (98,3 Prozent) das Internet, um Nachwuchskräfte anzuwerben. Kein anderer Weg der Mitarbeitergewinnung ist derart populär (siehe Tabelle). Soziale Netzwerke zur Nachwuchsakquise spielen jedoch nur für rund jedes dritte Unternehmen eine Rolle (36 Prozent). Der wichtigste Kanal ist für die Mehrheit der Anbieter die eigene Webseite (96,4 Prozent), gefolgt von Online-Jobbörsen (89,3 Prozent) und der IHK-Lehrstellenbörse (67,9 Prozent, Mehrfachnennungen möglich).
Vergleichsweise niedrige Abbrecher-Quote im ersten Ausbildungsjahr
Die durchschnittliche Anzahl der Bewerbungen pro neu angebotenem Ausbildungsplatz in der Assekuranz betrug im Jahr 2015 rund 31, berichtet das BWV. Erhält ein Azubi den Ausbildungsplatz, tritt er ihn in der Regel auch an: bei rund 68 Prozent der Unternehmen starten alle Auszubildenden.
Die Abbrecher-Quote im ersten Jahr beträgt laut Bildungswerk 8,3 Prozent, davon 64 Prozent noch während der Probezeit. Branchenübergreifend ist das ein sehr guter Wert, denn die deutsche Wirtschaft hat grundsätzlich mit vielen Abbrechern zu kämpfen. Laut einer Erhebung des Bundesinstitutes für Berufsbildung von 2014 scheidet jeder vierte Azubi vorzeitig aus – besonders betroffen sind die Berufszweige Restaurantfachmann (50,7 Prozent Abbrecher), Koch (48,4 Prozent) und Gebäudereiniger (46,2 Prozent).
Auch die Zahl der Ausbildungsplätze, die nicht besetzt werden konnten, war mit 6,3 Prozent der Ausbildungsplätze vergleichsweise niedrig. Als wichtigsten Grund hierfür nannten die Unternehmen die unzureichende Qualität der Bewerber. Häufig seien Neubesetzungen allerdings auch nicht mehr möglich, wenn ein geplanter Azubi kurzfristig abspringt.
Jeder zweite Azubi erhält unbefristeten Vertrag
Vor Prüfungen muss den Versicherungs-Azubis nicht bangen. Nahezu alle Auszubildenden, die 2015 zu den schriftlichen Prüfungen der IHK antraten, bestanden ihre Abschlussprüfung (98,7 Prozent). Der Großteil davon wurde von den Versicherungsunternehmen in den Innen- oder Außendienst übernommen (67,1 Prozent). Einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhielt jeder zweite Azubi, der vom Versicherer ein Stellenangebot erhielt (50 Prozent), die andere Hälfte erst einmal ein befristetes Arbeitsverhältnis. Fast 33 Prozent der fertig Ausgebildeten haben das Unternehmen 2015 verlassen: 19 Prozent, um ein Studium aufzunehmen.
Nachwuchssorgen vor allem im Vertrieb
Während sich die Situation bei den Versicherern laut Studie recht stabil zeigt, gehen speziell dem Vertrieb die Nachwuchskräfte aus. Laut einer gemeinsamen Studie von Universitätsprofessor Fred Wagner und der V.E.R.S. Leipzig unter 365 Vermittlern sind nur drei Prozent jünger als 30 Jahre. Mehr als jeder zweite Vermittler (54 Prozent) hat hingegen schon seinen 50. Geburtstag gefeiert, weitere 13 Prozent das 60. Lebensjahr überschritten. Dieser Trend erhöht auch die Chancen für Nachwuchskräfte. „Für junge Berufseinsteiger sind die Chancen größer denn je, einen bereits etablierten Betrieb im Zuge einer Nachfolgeregelung zu übernehmen“, kommentierte Wagner, der Professor vom Institut für Versicherungslehre an der Universität Leipzig ist, bei der Präsentation der Ergebnisse im August 2016.