Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat am Freitag in Berlin ihr Rentenkonzept vorgelegt. Die Große Koalition aus Union und SPD hat sich auf eine Angleichung der Renten zwischen Ost- und Westdeutschland bis 2025 geeinigt. Bei Renten wegen Erwerbsminderung soll die Zurechnungszeit um drei Jahre von Alter 62 auf 65 steigen. Nahles will 2030 ein Rentenniveau von mindestens 46 Prozent sicherstellen und den Rentenbeitrag auf 22 Prozent deckeln. Die „Solidarische Lebensleistungsrente“ kommt, wenn auch in einer Variante. Soloselbstständige sollen rentenpflichtig werden und Betriebsrenten ausgebaut werden. Riesterzulagen steigen und es soll ein gefördertes Standardprodukt kommen.
Gesetzliche Ziele bis zum Ende der laufenden Regierungsperiode bis Sommer 2017:
Auf diese Punkte haben sich Union und SPD am Donnerstagabend zur Zukunft der Rente geeinigt. Bis zum Ende der Legislaturperiode will die Regierung unter Federführung von Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) gesetzliche Grundlagen schaffen, mit denen bei Erwerbsminderung (EM) für die entsprechende Rente künftig unterstellt wird, der Betreffende habe bis Alter 65 Beiträge gezahlt. Bisher gilt eine kürzere Zurechnungszeit bis zu dem fiktiven Alter 62 (bis 2014 galt sogar nur Alter 60). Die bittere Pille für die Beitragszahler ist allerdings, dass die besseren EM-Renten von den Beitragszahlern finanziert werden, nicht von Vater Staat.
Weiter, so Nahles an diesem Freitag auf einer Pressekonferenz in Berlin, soll ab 2018 das Rentenniveau zwischen Ost und West in acht Jahresschritten stufenweise angeglichen werden. Ab dem Jahr 2025 soll in ganz Deutschland gleiches Rentenrecht für alle Beschäftigten und Ruheständler gelten. Technisch wird der Gleichstand erzielt, indem einerseits die Höherbewertung von Osteinkommen beziehungsweise Beiträgen abgeschmolzen wird. Andererseits soll der Rentenfaktor Ost (Stand 2016: 28,66 Euro) nach und nach bis 2025 auf Westniveau von (in diesem Jahr 30,45 Euro) angepasst werden.
Standard-Riesterrente geplant
Bei der Riester-Rente steigt laut den Plänen von Ministerin Nahles die Grundzulage von 154 auf 165 Euro pro Jahr. Ferner will die Regierung eine „Standard-Riesterrente“ schaffen, die vor allem eines ist: ohne Kosten wie etwa Provisionen. Details zum Träger und von typischen Angeboten der Finanzindustrie abweichende Eigenschaften dieses neuen Standard-Produkts nannte die Ministerin bisher nicht.
Im Weiteren bekräftigte Andrea Nahles die Regierungspläne zu den Betriebsrenten (bAV), die etwa Arbeitgeberzuschüsse (240 bis 480 Euro pro Jahr) für Geringverdiener bis 2.000 Euro pro Monat vorsehen und die sich die Chefs zu 30 Prozent vom Finanzamt erstatten lassen können. Bei Riester-Renten im Rahmen der bAV soll die bisher geltende Doppelverbeitragung mit Sozialabgaben in der Einzahlungs- und Rentenphase wegfallen.
„Zusätzliche Altersversorgungen“, damit meint Ministerin Nahles Riester- und Betriebsrenten, sollen künftig bis 200 Euro Monatsrente nicht mehr auf die Grundsicherung angerechnet werden.
Aus der Lebensleistungsrente wird die Solidarrente
Ebenfalls bis zur Bundestagswahl will Andrea Nahles aus der bisher so genannten Lebensleistungsrente die neue „Solidarrente“ machen. Ein Koalitionsbeschluss liegt hierfür noch nicht vor. Versicherte, die 30 Rentenjahre vorweisen können (auch Erziehungs-, Pflege- oder Arbeitslosenzeiten nach ALG I zählen mit), soll eine Rente auf 110 Prozent des regionalen Grundsicherungsniveaus gezahlt werden. Renten des Lebenspartners sollen angerechnet werden, allerdings mit einem Freibetrag in Höhe des 1,5-fachen des Pfändungsfreibetrags für Alleinstehende. In diesem Jahr entspräche der Freibetrag einem anrechnungsfreien Renteneinkommen des Partners von 1.600 Euro.
Rentenpolitische Ziele
Ministerin Nahles’ Rentenkonzept sieht vor, das Rentenniveau im Jahr 2030 auf mindestens 46 Prozent des letzten Bruttoeinkommens des Durchschnittsverdieners (derzeit gut 3.000 Euro brutto, West) zu halten; weswegen die Ministerin von einer „Haltelinie“ spricht. Eine weitere Haltelinie sei der Rentenbeitrag, den Andrea Nahles mit ihrem heute vorgelegten Rentenkonzept auf 22 Prozent für das Jahr 2030 deckeln will. Für 2045 plant Nahles mit maximal 25 Prozent Beitragssatz. Für alle genannten Jahre soll gelten, dass das Rentenniveau auf 46 Prozent stabil gehalten wird.
Um die Rentenziele und Haltelinien zu gewährleisten, muss der Staat mehr Geld in die Kasse der gesetzlichen Rentenversicherung einzahlen. Ministerin Nahles sieht stabile Renten als ein solidarisches Ziel, an dem alle Bürger beteiligt werden müssten: durch Steuern. Konkret: Nahles plant einen so genannten Demografie-Zuschuss, steuerfinanziert, der ab 2030 pro Jahr 1,5 Prozent der Rentenausgaben betragen soll. Die Kosten für diesen Zuschuss beziffert Nahles mit 4,2 bis 4,5 Milliarden Euro jährlich. Für das Jahr 2045 soll der Prozentsatz des Zuschusses an den Rentenausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung auf 2,5 Prozent oder gut 11 Milliarden Euro steigen.