Die Barmer GEK-Krankenkasse wollte von Schummeleien, die Jens Baas von der Techniker Krankenkasse eingeräumt hatte, nichts wissen. Nun berichtet die Berliner „B.Z.“ von Geldflüssen von der Barmer an die Kassenärztliche Vereinigung. 750.000 Euro seien 2014 und 2015 für „technische Dienstleistungen“ bezahlt worden für die „Neuerstellung“ von Arztabrechnungen. Es geht um das so genannte Upcoding, mit dem Patienten kränker gemacht werden, damit die Kassen mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds erhalten.
Viele Krankenkassen haben nach einem Bericht der „B.Z.“ Tricksereien, von denen Jens Baas, Chef der Techniker Kasse (TK) in einem Zeitungsinterview gesprochen hatte, abgestritten. Hierzu zähle auch die Barmer GEK mit ihren 8,4 Millionen Mitgliedern. Aber nun dreht die „B.Z.“ der Barmer eine Nase und berichtet von E-Mails der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Demnach hat die KV Berlin für die gut 400.000 Versicherten der Barmer in der Bundeshauptstadt „allein in diesem Jahr für „technische Dienstleistungen“ 2014 und 2015 insgesamt 750.000 Euro“ abgerechnet. Kodiergeld oder Provision?
„Aktiv an Schummeleien beteiligt“?
Hinter dem Auftrag der Barmer an die KV verberge sich nach B.Z.-Recherchen ,„Neuerstellung und Übermittlung“ von ärztlichen Abrechnungsdaten („Einzelfallnachweise“) für die Barmer. Eine vertragliche Grundlage für dieses Vorgehen gebe es nicht, berichtet das Blatt und beruft sich auf eine „E-Mail von KV-Boss Uwe Kraffel von Mai 2016“. Im Falle der Barmer habe die KV „selbst in großem Stil“, schreibt die Zeitung, die von den Ärzten kodierten Diagnosen nachträglich bearbeitet, dies sei ohne Wissen der behandelnden Ärzte erfolgt. Damit scheint erstmals eine KV „aktiv an Schummeleien beteiligt zu sein“, schreibt die „B.Z.“.
Die KV habe eine „Datenkorrektur“ eingeräumt, heißt es in dem Zeitungsbericht weiter, wenn von dem Arzt kodierte Diagnosen „nicht die gewünschte Konsistenz“ (habe die Barmer gesagt) gehabt hätten. Seit Juni habe die KV auch eine vertragliche Vereinbarung mit der Barmer zu diesen Vorgängen. Beim so genannten Upcoding werden Versicherte – und wenn im großen Stil betrieben – ganze Versichertenbestände der Kassen künstlich kränker gemacht. Im Ergebnis erhält die betreffende Krankenkasse mehr Geld auf dem Gesundheitsfonds, der alle Beiträge der Versicherten einsammelt und an die Kassen weiterverteilt.
Eine gesetzliche Kasse, die AOK Rheinland/Hamburg, hat bereits eine Rückforderung der Kassen-Aufsicht (Bundesversicherungsamt) über sieben Millionen Euro akzeptiert, weil aufgrund von "Upcoding" Zuweisungen zu hoch ausfielen. Der privatwirtschaftliche Versicherer Alte Leipziger/Hallesche erwägt unterdessen eine Klage gegen Krankenkassen, die Upcoding betrieben haben sollen. Das Unternehmen handelt hier als Arbeitgeber auch für seine Belegschaften (der Versicherungsbote berichtete), weil massenhaft frisierte Arztdiagnosen bei der einen Kasse zu höheren Beiträgen bei anderen Krankenkassen führt (von bis zu 0,3 Prozentpunkten ist die Rede).
Das Bundesversicherungsamt hat gegen die Barmer jetzt eine Prüfung eingeleitet, berichtet das "Handelsblatt".