Gesundheitssystem in Südkorea: Versorgung auf hohem Niveau

Quelle: Phuongkts@Pixabay.com

Es gibt viele Deutsche, die mittel- bis längerfristig in Südkorea leben. Viele arbeiten dort als Expats für deutsche Unternehmen, die bei den Südkoreanern einen ausgesprochen guten Ruf genießen. Entsprechend viele Niederlassungen – von Bosch bis Siemens – gibt es vor Ort. In punkto Gesundheitsversorgung müssen sich deren Mitarbeiter glücklicherweise kaum Sorgen machen, denn diese kann mit dem deutschen System durchaus mithalten. Ein Gastbeitrag von Anne-Katrin Schulz, Pressesprecherin der BDAE Gruppe.

Das Sozialversicherungssystem in Südkorea ist sehr gut entwickelt und besteht derzeit aus insgesamt vier Säulen:

  • Unfallversicherung (seit 1964),
  • Krankenversicherung (seit 1977 und verpflichtend für alle seit 1989),
  • Rentenversicherung (seit 1988) und
  • Arbeitslosenversicherung (1995).

Aufgrund der schrittweisen Einführung der einzelnen Sozialversicherungszweige konnte die Regierung aus den jeweils gemachten Erfahrungen lernen und somit gilt das System als relativ solide. Deutschlands Sicherungsnetz war in den Jahrzehnten des Aufbaus stets Vorbild. Dennoch erfasst das aus dem Jahr 2003 stammende Sozialversicherungsabkommen lediglich den Bereich der Rentenversicherung. Das bedeutet, dass deutsche Arbeitnehmer im Fall einer Entsendung unter Ausstrahlung der der deutschen Sozialversicherung lediglich von der obligatorischen Zahlung in die koreanische Rentenkasse befreit werden können beziehungsweise im anderen möglichen Fall einer lokalen Festanstellung Rentenzeiten anerkannt bekommen können.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen jeweils 4,5 Prozent des Bruttolohns in die staatliche Rentenkasse. Für die Krankenversicherung werden jeweils rund drei Prozent fällig, in die Unfallkasse zahlen Unternehmen für ihre Angestellten 0,6 Prozent ein und für die Arbeitslosenversicherung müssen Angestellte etwa 0,7 Prozent und Arbeiter je nach Gewerbe zwischen 0,9 und 1,5 Prozent des Arbeitslohns abgeben.

Das Gesundheitssystem in Südkorea ist hoch entwickelt. In die Schlagzeilen kam es in jüngerer Vergangenheit lediglich aufgrund des Ausbruchs der Seuche MERS (= Middle East Respiratory Syndrom). Ein Großteil der Infektionen geschah in den Krankenhäusern, weswegen die Regierung Maßnahmen forciert, die Quarantäneeinrichtungen in den Hospitälern zu verbessern und striktere Kontrollen bei ausländischen Besuchern durchzuführen.

Ärztemangel in ländlichen Regionen

Die Auflagen für medizinisches Personal sind sehr hoch – es dürfen nur Ärzte, Krankenschwestern, Zahnärzte und Hebammen praktizieren, die eine Zulassung des Gesundheitsministeriums (MIHWAF) vorweisen können. Die Arzt- und Krankenhausdichte an sich ist gut (siehe Tabelle), allerdings teilt das Land ein Problem vieler Industrienationen: Etwa 90 Prozent der Mediziner praktizieren in den Großstädten, obwohl etwa 80 Prozent der Bevölkerung außerhalb der Metropolen lebt.

Hinzu kommt die starke Überalterung der Bevölkerung, die wiederum zu rapide steigenden Gesundheitskosten führt. Laut OECD liegt die durchschnittliche Lebenserwartung der Südkoreaner bei 82 Jahren (siehe Grafik 2). Auch existieren in der Folge zu wenige Altersheime. Der Staat setzt bei der Bewältigung dieses Problems auf die Eigenverantwortung der Menschen. Die Familie gilt noch immer als Fixstern und somit als ein wichtiger Hafen beim Thema Alter und Krankheit.

Ohnehin spielen im öffentlichen Leben gesellschaftliches Engagement und Gemeinsinn eine große Rolle. Die OECD hat ermittelt, dass 72 Prozent der Bevölkerung jemanden kennen, der ihnen im Notfall beistehen würde. Nichtsdestotrotz ist die traditionelle Großfamilie kaum noch existent, die Scheidungsraten steigen seit vielen Jahren, die Anzahl der alleinerziehenden Haushalte betrug im Jahr 2005 bereits 1,4 Millionen.

Sowohl Koreas Einwohner als auch Expats haben eine freie Arzt- und Krankenhauswahl. Einschränkungen gibt es lediglich bei spezialisierten Einrichtungen. Wer sich dort behandeln lassen möchte, benötigt eine Überweisung vom Hausarzt. Ausnahmen bilden Geburten, Notfälle, Zahnbehandlungen, die Bluterkrankheit und familiäre medizinische Services. Je nach Art der Leistung müssen Patienten zwischen 20 und 50 Prozent zuzahlen, auch private Zuzahlungen bei Medikamenten und Krankenhausaufenthalten sind üblich. Tatsächlich müssen Koreaner Erhebungen aus dem Jahr 2012 zufolge etwa 36 Prozent der Gesundheitskosten selbst tragen.

Markt für private Krankenversicherungen in Südkorea

Ähnlich wie in Deutschland gibt es aber einen Markt für private Krankenzusatzversicherungen, die nicht erstattungsfähige Kosten absichern. Die Regierung plant jedoch, jenen Anteil der Kosten schrittweise zu erhöhen, den die Gesetzliche Krankenversicherung (NHI) bei schweren Krankheiten wie Krebs, Herzleiden, Schlaganfall sowie Erkrankungen des Gehirns und seltenen Krankheiten übernimmt. Expats in Südkorea sind dennoch gut beraten sich zusätzlich mit einer Auslandskrankenversicherung zu schützen, um beispielsweise den Krankenrücktransport ins Heimatland sicherzustellen und auch international abgesichert zu sein. Unternehmen wie die auf Auslandsaufenthalte spezialisierte BDAE Gruppe haben spezielle Expat-Policen im Portfolio, die nicht nur leistungsstark, sondern auch kostengünstig sind.

Das staatliche Gesundheitssystem fußt im Wesentlichen auf drei Säulen:

  • Gesetzliche Krankenversicherung (National Health Insurance): Dort sind knapp 97 Prozent der arbeitenden Bevölkerung pflichtversichert. Anders als hierzulande gibt es keinen Wettbewerb unter Krankenversicherern, da es nur einen einzigen Anbieter gibt.
  • Medizinische Fürsorge (Medical Aid): Dort sind etwa drei Prozent aller Einwohner aufgefangen, für die der Staat die Versicherungsbeiträge leistet. Dabei handelt es sich um Bürger mit geringem Einkommen und chronisch Kranke.
  • Langzeit-Fürsorgeprogramm (Longterm Care Program): Dieser Zweig sichert seit 2008 Menschen unter 65 Jahren ab, die chronisch erkrankt sind sowie Personen über 65 Jahren, die an speziellen altersbedingten Erkrankungen (wie zum Beispiel Alzheimer oder Parkinson) leiden und eine starke Belastung für ihre Familie bedeuten. Um in dieses Programm aufgenommen zu werden, bedarf es einer offiziellen Bewerbung.

Um die steigenden Kosten im Gesundheitswesen zu finanzieren setzt das Land unter anderem auf den Medizintourismus. Bis 2020 sollen etwa eine Millionen Besucher südkoreanische Gesundheitseinrichtungen besuchen. Besonders groß ist der Markt übrigens im Bereich der Schönheitschirurgie. Mit 13 Eingriffen auf 1.000 Einwohner ist Südkorea das Land, in dem die Menschen sich weltweit am häufigsten wegen ihres Aussehens unter das Messer legen. Auch ein Großteil der Medizintouristen reist nach Südkorea, um von der plastischen Chirurgie zu profitieren.

Trotz aller Probleme, läuft es in Sachen Gesundheitsversorgung in Südkorea allem Anschein nach rund: Laut einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Ipsos unter der Bevölkerung von 15 Ländern im Jahr 2013 waren Südkoreaner mit ihrer Gesundheitsversorgung am meisten zufrieden. Sie erreichten sogar die höchste Punktzahl in allen Kategorien.

Fakten zum südkoreanischen Gesundheitssystem. Quellen: Statistics Korea, Ministry of Health and Welfare; Health Insurance Review and Assessment Service; OECD; IWF

Die Autorin Anne-Katrin Schulz ist Pressesprecherin der BDAE Gruppe.