Auf der Fachkonferenz »Online-Marketing & Social Media in der Versicherungswirtschaft« am 14./15. Februar 2017 bei den Versicherungsforen Leipzig wurde wieder getwittert, gefacebooked und jüngst schon teilweise gesnapchatted. Der gemeinsame Austausch machte schnell bewusst, neue Marketinginstrumente wie etwa Facebook und Twitter können für die Kundenbindung Segen, für die Verbreitunggeschwindigkeit negativer Botschaften Fluch sein. Viele Gesellschaften versuchen durch einen Nettiquetten-Abspann auf ihren Facebook-Firmenseiten von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen, um Shitstorms vorzubeugen. Vermeiden lassen Sie sich wohl nicht, wie die einschlägigen Beispiele der Gesellschaften zeigten.
Nach einer kurzen Begrüßung durch Vincent Wolff-Martin – Leiter Digitalisierung und Innovation, Versicherungsforen Leipzig GmbH, berichteten Oliver Kluge, Referent Digital Sales bei Direct Line Versicherungs AG zusammen mit Lucas Alcaide von Google Spain über ihre Erkenntnisse und Zusammenarbeit im Bereich Performancemarketing.
Die freie Beraterin und Content-Enthusiastin Miriam Löffler erklärte anschließend, wie man strategisch mit Content umgehen sollte. Dabei ist sie sich sicher, dass die Präsenz im Internet einer zweiten Niederlassung des Unternehmens - jedoch im digitalen Raum – gleich kommt. Man solle sich bewusst werden: Adblocker, platte Werbespots, Werbung vor Videos – gegen all das sind die Verbraucher längst immun, so Löffler gegenüber dem Auditorium.
In Leipzig im “World Café” in der Versicherungswelt zu Hause
Bei der siebten Auflage der Fachkonferenz wurde erstmalig das Format “World Café” getestet. Dafür gab es fünf Themen, die an verschiedenen Stationen durchgearbeitet wurden. Die Moderatoren der unterschiedlichen Stationen stammten von den Unternehmen ProvenExpert, der VR Bits GmbH und DIG GmbH, der 3m5. Media GmbH, Miriam Löffler und von den Versicherungsforen selbst. Nach je 20 Minuten wurden die Stationen gewechselt. Die Gruppen bauten an der neuen Station auf den Erfahrungen der Vorgänger-Gruppe auf. Das Echo der Teilnehmer gegenüber dem Veranstalter zum neuen Format war positiv.
Gesnapchatted wird noch sehr wenig
In der World-Café-Runde mit dem Thema Digitale Vertriebsunterstützung für Versicherungen, geleitet von Sven Poliwoda, Vertriebsleiter bei der 3m5. Media GmbH, stellte sich schnell heraus, dass der noch nicht etablierte Kanal Snapchat, seit 2011 existierend, von den meisten Versicherungsgesellschaften noch nicht bedient wird.
Der englische Begriff “Snap” bedeutet soviel wie Schnappschuss. Die Nutzung der Plattform liegt dem Gedanken zugrunde, dass die Kamerafunktion eines jeden Smartphones noch stärkter genutzt werden kann und sollte. Hierüber kann man sich durch Videos oder Fotos austauschen oder anderen Netzwerkmitgliedern mitteilen, was man gerade tut. Das Problem: Die dort bereitgestellten "Stories" bleiben nur 24 Stunden verfügbar und werden danach automatisch gelöscht. Dies soll der kurzen Aufmerksamkeitsspanne der jungen Generation entgegenkommen. Gesnaptted wird von 15-25-Jährigen. Das ist ein wichtiger Grund, weshalb andere Social-Media-Kanäle eher von Versicherern genutzt werden. Die Kunden von morgen sind jedoch bei Snapchat zu finden.
Facebook und Instagram sind die Social Media Instrumente der Versicherer
Doch auch die Nutzung anderer Social-Media-Kanäle ist bei vielen Versicherern noch keine Selbstverständlichkeit. Einige Versicherer gaben sogar zu, dass sie mit der Integration von Facebook noch in den Kinderschuhen stecken. Einen Konsens fand man in der Art der Handhabung der Kanäle. So war man sich einig, dass die Inhalte, etwa in Facebook, einfach sein müssen. Teilnehmer aus der Marketingabteilung der DEVK Versicherungen und der R+V Versicherung berichteten, dass man unlängst versucht hat die junge Zielgruppe bei Instagram zu gewinnen. Dies koste, so die Erfahrungen der Anwender, aber fast mehr Zeit als die Betreuung der Facebook-Seite. Abschließend präsentierten die Moderatoren der jeweiligen Themen die Erfahrungen und Ergebnisse.
Best Practice Beispiele und wissenschaftliche Erläuterungen
Tag zwei der Konferenz begann mit einem wissenschaftlichen Exkurs. Lutz M. Hagen von der Technischen Universität Dresden präsentierte die Analyse der Blogospähre und machte die Versicherer mit den besten Blogs fest (der Versicherungsbote berichtete).
Shitstorm bewältigen - Eine Erfolgsgeschichte
Das anschließende Beispiel der KKH Kaufmännische Krankenkasse machte deutlich, zu welchem Fluch Social Media werden kann. Die Freundin einer an Krebs erkrankten Versicherten und eine Aktivistin sprachen plötzlich gegenüber der Ersatzkasse Drohungen über Video-Postings in Facebook aus. Zum Hintergrund: Der Arzt der Erkrankten hatte dieser zu einem Medikament geraten, welches nicht im gesetzlichen Katalog der Kasse vorgesehen ist.
In Social Media gibt es nur schwarz oder weiß – kein grau
Nachdem Uwe Schröder, Leiter des Beschwerde- und Qualitätsmanagments der KKH, am Montagmorgen die Mitteilung ereilte, er möge mal auf die hauseigene Facebook-Seite schauen, hatte das Video bereits mehr als eine Million Menschen erreicht. Kunden und Mitleser echauffierten sich über die vermeintliche Ungerechtigkeit, in den Fachbereichen des Unternehmens kochten die Emotionen wegen der Videos ebenfalls hoch.
Schröder trommelte verschiedene Abteilungsbereiche an einem runden Tisch zusammen, um die virale Beschwerde zu managen. Inzwischen kursierte bereits ein weiteres Live-Video der Aktivistin im Netz, die sich mit der Anspruchstellerin bereits persönlich auf den Weg zur Filiale gemacht hatte. Mit der sinnbildlichen Pistole auf der Brust, entschloss man sich schließlich die Behandlung einmalig zu bezahlen. In anderen solchen Fällen lautet die Strategie bei der KKH: Raus aus dem sozialen Netzwerk, den Fall über Telefon und E-Mail klären.
Filme schauen mit der HanseMerkur und innovative Versicherungsprodukte platzieren
Die weiteren Vorträge der Generali, die versucht den Übergang zu den Sozialen Medien mit Smartinsurance-Produkten (Versicherungsbote berichtete zum “Vitality-Tarif” und dem Smarthome-Tarif “Smart Protect”) zu schaffen, und der HanseMerkur zeigten, dass über Kanäle wie Facebook und Twitter auch richtige Kampagnen gefahren werden können. So hat sich der Hamburger Versicherer im Social Viewing - dem gemeinsamen Fernsehen - mit anderen Twitter-Usern die satirische Filmreihe “Die schlechtesten Filme aller Zeiten” des Senders Tele5 angeschaut. Unter dem Hashtag #SchleFaZ tauschte man sich dann gemeinsam aus und konnte so Interaktion mit den Kunden erreichen.