Der Gesetzgeber wollte etwas Gutes tun. Banken und Vermittler sowie deren Kunden stöhnen wegen der Papiermenge. Und dennoch ist die Dokumentation von Beratungen und Vermittlung wichtig. Das beweist sich bei juristischen Auseinandersetzungen ebenso wie beim Verkauf von Maklerbeständen und Maklerfirmen, wie AssekuranzDoc Dr. Peter Schmidt kommentiert.
Mit der Modernisierung des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) im Jahr 2008 sind die Anforderungen an die Beurteilung von Risiken des Versicherungsnehmers, der Beratung und Information sowie der Dokumentation enorm gestiegen. Im Besondern muss der Makler nach §61 Abs. 1 den Kunden nach seinen Wünschen und Bedürfnissen befragen, nach §60 Abs. 1 des VVG den Kunden eine hinreichende Zahl von Vorschlägen und Angeboten vom Markt unterbreiten und nach §62 Abs. 1 diese Informationen vor dem Abschluss eines Vertrages dem Kunden übermitteln.
Der @AssekuranzDoc
Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.
Dem nicht genug. Der Makler muss alle diese Schritte nach VVG §63 dokumentieren. Tut er dies nicht und dem Kunden entsteht dadurch ein Beweisnachteil, dann muss der Versicherungsmakler auch dafür haften. Es dauerte demnach auch nicht lange, dass diese Rechtslage auch Eingang in Auseinandersetzungen vor Gericht fand. Beispielhaft steht dafür die Entscheidung des OLG Saarbrücken vom 18.12.2009 sowie das Urteil vom 27.01.2010 (AZ 5 U 337/09)
Mögliche Auswirkungen unvollständiger Dokumentation
Der damalige Fall wurde umfangreich in den Maklermedien diskutiert. Worum ging es? Ein Makler stellte eine bestehende Krankenversicherung auf Wunsch des Kunden auf einen preiswerteren Tarif um. Der Kunde beharrte bei der Tarifumstellung auf das notwendige Minimum. So fiel auch ein Krankentagegeldtarif weg, der nur kurze Zeit später dann nützlich gewesen wäre.
Trotz unvollständiger Dokumentation ging der Fall zugunsten des Maklers aus. Zum einen gab es einen Zeugen für die Beratung des Maklers, der ausdrücklich dazu geraten haben soll die Krankentagegeldversicherung beizubehalten. Zum anderen half dem Makler die Zeugenaussage, dass der Kunde keine Beratung und nur die Umstellung auf den preiswerterem Tarif wollte. Das Gericht folgte dieser Argumentation.
Nun wäre es völlig falsch davon auszugehen, dass aus einer fehlenden Dokumentation keine Haftung für den Makler herzuleiten ist. Denn das VVG will gerade, dass zum Schutz der Kunden eine Beratung dokumentiert wird und eine fehlende oder unvollständige Dokumentation auch zur Beweislastumkehr führen kann. Aber ein Automatismus für eine solche Beweislastumkehr ist sicher auch nicht zu erkennen.
Aus dem damaligen Saarbrücker Urteil faste der Maklerpool blau direkt vier Schlussfolgerungen zusammen, die hier kurz aufgegriffen werden sollen:
- Bei vorliegender Dokumentation hat der Kunde glaubhaft zu machen, dass er fehlerhaft beraten wurde.
- Der Anlass der Beratung sollte unbedingt dokumentiert werden, da Gerichte daraus Schlussfolgerungen über Inhalte und Dauer der Beratung ziehen können.
- Handelt der Kunde gegen den Rat des Maklers, so sollte dies dokumentiert werden. Selbst ein Halbsatz auf dem Antrag zu o.g. Fall hätte die gerichtliche Auseinandersetzung erspart.
- Aus der/den Dokumentation(en) sollte immer der gesamte Beratungsprozess deutlich werden. Dies kann dann selbst im Einzelfall einer fehlenden Dokumentation helfen.
Fehlende Dokumentation und Wert des Maklerbestandes
Nun ist der Verfasser dieser Kolumne vielfach mit der Bewertung und Vermittlung von Maklerbeständen befasst und hat damit überwiegend mit den nichtjuristischen Aspekten der Dokumentation zu tun. Speziell geht es dabei um die Auswirkungen von fehlender oder mangelhafter Dokumentation als einem vom zirka 300 qualitativen Faktoren für den Bestandswert.
Nehmen wir ein Beispiel: Bei einem Makler in der Stadt S. wurde bei den empirischen Erhebungen für einen Bestandswert festgestellt, dass seine Form der Dokumentation sich auf Notizen in seinem Maklerverwaltungsprogramm zu Anlass, Form der Beratung und Abschlusstarif beschränkte. Die angebotene Tarifauswahl oder auch ablehnende Entscheidungen der Kunden zu Maklerempfehlungen wurden nicht vermerkt. Also: Fehlanzeige.
Im Ergebnis der Analysen wurden dem Makler - dessen Arbeit ansonsten in vielen Details sehr kompetent und servicefreundlich war - eine positive Bewertung zum Bereich Dokumentation versagt und dies in der Expertise auch so dargestellt. In dem Sinne sehe ich den Grad der Dokumentation auch als einen Wertfaktor an.
Bei Verkauf eines Maklerbestandes mit fehlender oder mangelhafter Dokumentation kann es aber zu weiteren Problemen kommen, die nachfolgend kurz aufgezeigt werden sollen. Wird die Thematik des Grades und des Umfangs der Dokumentation offen und transparent bei den Erörterungen zum Kaufgegenstand behandelt oder gar Gegenstand einer umfassenden Due Diligence, also Risikoprüfung im Bestand, dann wird es auch eine adäquate Abbildung im Kaufpreis geben.
Anders kann dies ausgehen, wenn lediglich Bilanzzahlen Gegenstand der Prüfungen waren und nicht wenigstens die Inhalte der Maklerverträge oder eben auch der Dokumentation stichprobenartig untersucht und besprochen wurden. Bleibt die Frage, ob nicht besprochene oder sogar verschwiegene Mängel im Maklerbestand oder auch bei der Dokumentation schwerwiegendere Folgen haben können?
Aufklärungs- und Sorgfaltspflicht beim Verkauf von Unternehmen
Beim Verkauf von Unternehmen und GmbH-Geschäftsanteilen werden nach einem Urteil des BGH aus 2011 (AZ VIII ZR 32/00) „im Hinblick auf die wirtschaftliche Tragweite des Geschäfts und die regelmäßig erschwerte Bewertung des Kaufobjektes durch den Kaufinteressenten ... gesteigerte Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten“ abverlangt.
So ist es nicht verwunderlich, dass nach manchem Verkauf einer Makler-GmbH Aktivitäten beginnen, den Kaufpreis im Nachhinein anzugreifen und eine Kaufpreis-minderung gerichtlich durchzusetzen. Auf Seiten eines Käufers, der es mit der Prüfung des Kaufobjektes vor dem Kauf nicht so ernst genommen hat, kann es dann zu folgender Argumentation kommen:
Der Käufer oder sein Rechtsbeistand wird die Pflichten zur Dokumentation als grundlegend und als ordnungsgemäße Form der Arbeit eines Maklers herausstellen. Im Anwaltsdeutsch kann dann eine fehlende Dokumentation schnell überhöht als elementar und als unkalkulierbares Risiko bewertet werden. Das Ziel ist dann klar: Kaufpreisminderung.
Natürlich ist so eine Argumentation durchsichtig, da eine fehlende Dokumentation nicht automatisch zu Haftungsrisiken für den Käufer führt, wie im oben genannten Urteil des OLG Saarbrücken schon dargestellt wird. Dennoch zeigt eine solche Argumentation, die aus einem guten Versicherungsvermittler mit Kompetenz und Service schnell einen unseriösen Bestandsverkäufer machen können, dass seine Beratungsergebnisse und damit die Qualität seines Bestands grundlegend in Frage gestellt werden können.
Was der Käufer nicht fragt, muss nicht offengelegt werden
Kommen wir zur Frage zurück, ob eine nicht ausdrücklich offengelegte fehlende Dokumentation zu einer Kaufpreisminderung nach dem Verkauf führen kann. Rechtsanwalt Norman Wirth, Wirth Rechtsanwälte Berlin, äußert sich zu so einer Fragestellung so:
„Wir reden hier über einen Vertrag unter Kaufleuten auf beiden Seiten. Es ist selbstverständlich originär Sache des Käufers, sich mit dem Kaufgegenstand – hier der Makler-GmbH – umfassend vertraut zu machen, bevor er kauft. Was der Käufer nicht gefragt wird, ist er auch nicht verpflichtet, offenzulegen."
Die Grenzen liegen hier sicherlich bei „Treu und Glauben“, wie es das Gesetz in § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches so schön formuliert. Will heißen: Wenn es sich auch für den Verkäufer aufdrängt, dass er bestimmte Umstände offenlegen muss, weil sie z.B. Geschäftsgrundlage für den Käufer sind, den Vertragszweck sogar vereiteln könnten oder jeder vernünftige Mensch erwarten kann, dass die Information mitgeteilt wird, dann muss er das auch tun.“
Übereinstimmend empfehlen Wirth und ich: Schaffen Sie vertraglich bestimmte Grundregeln. Beispiel: Der Verkäufer versichert dem Käufer, dass keine Schadenersatz-forderungen derzeit geltend gemacht sind. Oder: Es sind keine Fälle bekannt, dass Schadenersatzforderungen von Kunden absehbar geltend gemacht werden.
Für derartige Regelungen empfiehlt es sich immer, die Kaufverträge mit einem Fachanwalt abzustimmen oder gleich von ihm den gesamten Kaufvertrag entwerfen zu lassen. Ein zusätzlicher Vorteil: „Vergessen“ Anwalt oder Notar wesentliche Teile eines Kaufvertrages, dann haften diese. Weitere Informationen zum Thema Kaufvertrag finden Sie als die Leser auch unter http://www.maklerbestands-verkauf.de/leistung/
Fazit:
An dieser Stelle möchte ich allen Käufern und Verkäufern von Maklerbeständen empfehlen, die Thematik Dokumentation offen, wahrheitsgemäß und transparent zum Thema der Verkaufsgespräche machen. Lassen Sie sich nicht den Vorwurf einer Verletzung von Offenbarungspflichten machen und sich mit ungerechtfertigten nachträglichen Kaufpreissenkungen konfrontieren.
Käufern von Maklerbeständen sei eine möglichst umfassende Prüfung des Kaufobjektes und eine klare Haftungsabgrenzung zur bisher erfolgten Dokumentation im Kaufvertrag zu empfehlen. Um es noch klarer zu formulieren: Als Käufer müssen Sie sicher nicht jede Kundenakte, ob analog als Ordner oder Digital als Datei, ansehen. Aber nehmen Sie eine hinreichende Anzahl von Stichproben. Meine Empfehlung: Nehmen Sie einfach die letzten 20 oder 50 Beratungen zum Beginn Ihrer Verkaufsverhandlungen und machen Sie sich selbst ein Bild.
Consulting & Coaching hat insgesamt 300 Prüfpositionen für den Kauf eines Maklerbestandes für Kaufinteressenten zusammengestellt, die helfen, grobe Fehler zu vermeiden, auch wenn sich Probleme immer an konkreten Details und im speziellen Fall entwickeln werden. Dennoch haben Sie als möglicher Bestandskäufer eine grundlegende Orientierung.
In Sachen Kaufvertrag möchte ich – an dieser Stelle wiederholt – deutlich machen, dass Sie als Käufer andere Ansprüche an einen Kaufvertrag haben sollten als der Verkäufer. Wenn Sie einen Kaufvertrag eines Verkäufers zur alleinigen Grundlage des Verkaufs machen, dann müssen Sie damit rechnen, dass Ihre Schadensersatzansprüche von vornherein minimiert oder sogar ausgeschlossen werden. Vermeiden Sie einen Bierdeckel-Kaufvertrag nach dem Motto „Bestand gekauft, so wie am Freitag, dem 13. zwischen 11:55 und 12:00 Uhr besichtigt“.