Immer mehr Hausbesitzer sichern ihr Hab und Gut gegen Hochwasserschäden und weitere Elementargefahren ab. 2016 ist die Zahl der Versicherungsverträge in der privaten Elementarschadenversicherung um drei Prozentpunkte gestiegen, so berichtet der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Damit haben nun rund 40 Prozent aller Hausbesitzer einen entsprechenden Vertrag.
Wenn Hausbesitzer ihre Immobilie gegen Hochwasser, Starkregen, Erdrutsch und andere Naturgefahren absichern wollen, reicht eine einfache Wohngebäudeversicherung nicht aus. Zusätzlich muss eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen werden, die als eigenständiger Vertrag oder Zusatzbaustein zu einer Wohngebäude-Police erhältlich ist. Einen entsprechenden Schutz wählen immer mehr Bürger, wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) am Mittwoch in Berlin mitteilte.
6,5 Millionen Häuser gegen Hochwasser geschützt
Laut GDV haben sich aktuell rund 40 Prozent der Hausbesitzer in Deutschland gegen Schäden durch Überschwemmungen und weitere Elementargefahren versichert. Auch 2016 stieg die Zahl der Verträge erneut um drei Prozentpunkte an. Der Aufwärtstrend ist dabei durchaus von Dauer: innerhalb von 15 Jahren hat sich die Zahl der versicherten Häuser mehr als verdoppelt.
Einen Versicherungsschutz gegen Überschwemmungen durch Starkregen haben sogar 43 Prozent der deutschen Hausbesitzer, berichtet der GDV. Der Grund: Viele Versicherer bieten separate Policen gegen Überflutungen und Starkregen an. „Der Anstieg der Versicherungsdichte gegen Elementargefahren zeigt, dass die Verbraucher zunehmend für die Gefahr Starkregen sensibilisiert sind und die Informationskampagnen in zahlreichen Bundesländern wirken“, sagte Bernhard Gause, Mitglied der GDV-Geschäftsführung, in Berlin vor Pressevertretern.
Informationskampagnen in neun Bundesländern
Tatsächlich haben Versicherungswirtschaft und Bundesländer in den letzten Monaten einiges unternommen, um Bürger über die Risiken von Starkregen und anderen Naturgefahren zu informieren. In neun Bundesländern gab es Informationskampagnen, unterstützt durch die Landesregierungen.
Auch die Medien dürften dazu beigetragen haben, dass das Bewusstsein für Naturgefahren stieg. Als das süddeutsche Örtchen Braunsbach im Frühsommer 2016 von einer Überschwemmung heimgesucht wurde, die das Zentrum der Stadt nahezu komplett zerstörte und Häuser zum Einsturz brachte, waren die spektakulären Bilder in den Nachrichten allgegenwärtig. Auch die "Jahrhunderthochwasser" 2002 und 2013 sorgten bundesweit für Schlagzeilen und Anteilnahme.
Noch immer 11 Millionen Häuser ohne Schutz
Obwohl sich immer mehr Hausbesitzer gegen Elementargefahren absichern, sind immer noch knapp elf Millionen der rund 17,5 Millionen Wohngebäude nicht ausreichend versichert, gibt der GDV zu bedenken. „Viele Hauseigentümer unterschätzen leider immer noch die Gefahr, Opfer von Überschwemmungen oder Hochwasser zu werden“, sagte Gause. Laut einer vom GDV in Auftrag gegebenen GfK-Umfrage gehen über 90 Prozent der Hausbesitzer davon aus, umfassend gegen Naturgefahren abgesichert zu sein.
Hier stellt sich die Frage, ob sich tatsächlich alle Hausbesitzer gegen Hochwasser-Risiken absichern können. Der GDV argumentiert, dass 99 Prozent aller Häuser problemlos einen Schutz erhalten - auch in Risikogebieten. Doch Vermittler berichteten gegenüber dem Versicherungsboten, dass ihre Kunden trotz mehrfacher Anfragen bei verschiedenen Versicherern keinen Vertrag angeboten bekamen, wenn sich das Haus in einer Hochrisiko-Zone nach ZÜRS-Gefährdungsklasse 4 (mindestens eine Überschwemmung in zehn Jahren) befindet. Auch Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten (BdV) hält die 99 Prozent für ein "Ammenmärchen".
Eine Stichprobe der Verbraucherzentrale Sachsen aus dem Jahr 2013 verstärkt den Verdacht, dass viele Hausbesitzern ein Schutz verwehrt bleibt. Die Verbraucherorganisation versuchte, Häuser in sächsischen Überschwemmungsgebieten zu versichern, und schickte Anfragen an 49 Versicherer. Für viele Adressen in der Überschwemmungszone Zürs 4 sei es unmöglich gewesen, eine Police zu finden, berichten die Tester. Trotz der Beteuerungen des Versicherungs-Dachverbandes.
Bei Hochwasser-Schaden keine Staatshilfen, wenn Versicherungsschutz möglich gewesen wäre
Auf jeden Fall sollten Kunden sich informieren, ob sie eine Elementarschadenversicherung für ihr Gebäude absichern können. Denn die Bundesländer haben die Anforderungen an Staatshilfen erhöht, wenn eine Region von Überschwemmungen heimgesucht wurde. Staatshilfen können zukünftig daran gebunden sein, dass der Hausbesitzer sich um eine Elementarschaden-Police bemüht hat. Laut GDV hat Bayern als erstes Bundesland angekündigt, ab Juli 2019 keine finanziellen Hilfen mehr an unversicherte Hochwasseropfer zu zahlen, wenn das Haus privat versicherbar gewesen wäre.
Doch auch in anderen Bundesländern, etwa in Sachsen, wurden Richtlinien verabschiedet, wonach der Hausbesitzer nur noch auf Staatshilfen hoffen darf, wenn er sich vergebens um privaten Hochwasserschutz bemühte. Grundlage ist ein Beschluss der Justizminister der Bundesländer aus dem Jahr 2015. Diese haben auf ihrem Frühjahrstreffen vereinbart, dass zukünftig auch Staatshilfen an die Bedingung gebunden sein sollen, dass sich ein Hausbesitzer um eine Absicherung bemüht hat - und dies auch nachweisen kann.
Wie aber können Hausbesitzer nachweisen, dass sie sich erfolglos um den Abschluss einer privaten Elementarschaden-Vorsorge bemüht haben? Ganz einfach: Mit der Beratungsdokumentation eines Versicherungsvermittlers. Keineswegs gilt diese Neuregelung nur für private Hausbesitzer. Auch Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, Freiberufler, Stiftungen und Genossenschaften müssen einen entsprechenden Nachweis erbringen, damit ihnen Vater Staat nach einem Hochwasser unter die Arme greift.