Zur IDD-Vertriebsrichtlinie für Versicherungen und das in Arbeit befindliche Bundesgesetz dazu hat sich die Vermittler-Lobby zusammengetan und ein Konsenspapier dazu erarbeitet. Die ganze Vermittlerschaft? Nein. Der BVK-Verband, der vor allem, wenn auch nicht nur, Agenturen vertritt, tritt in dem Papier nicht namentlich auf. Das Magazin „Procontra“ hat das Ganze moderiert. Der Versicherungsbote disruptiert. Zur Sache. Zu vier Punkten. Zu denen der BVK aktuell schweigt. Bei Banken heißt das Problem: provisionsgetriebene Verkaufsvorgaben.
Fünf Verbände der Vermittlerschaft haben sich zusammengetan und zur IDD-Vertriebsrichtlinie für den Policenverkauf der Zukunft erklärt. Gegenstand ist nicht zu allererst die Richtlinie der EU, sondern praktischer, konkreter das in Arbeit befindliche Bundesgesetz, mit dem aus europäischen Vorgaben deutsches Recht gemacht wird. Die vor allem Versicherungsmakler vertretenden Verbände AfW, IGVM, SdV, VSAV und VDVM haben für das deutsche IDD-Gesetz ihre Positionen verfasst.
Alle außer dem Branchengewicht BVK
Entstanden sei das in diesen Tagen vorgelegte Konsenspapier der Lobby unter Moderation der Fachzeitschrift „Procontra“. An dem „runden Tisch“ und der Ausarbeitung des Papiers sei auch der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) „noch beteiligt“ gewesen, berichtet „Procontra“. Aber eine Unterschrift habe BVK-Chef Michael Heinz nicht unter den Text setzen wollen, berichtet das Magazin. Weil sich „der Verband angesichts der schwierigen Diskussionen um Änderungen keine Gesprächskanäle verbauen wolle“.
Mit rund 12.500 Direktmitgliedern und 40.000 Mitgliedern über die Vertretervereinigungen (so genannte Organ-Mitgliedschaften der Hausvereine der Agenturen der Versicherer) bezeichnet sich der BVK samt der genannten Zahlen als das „berufspolitische Sprachrohr“ seiner Mitglieder und ist ein Lobbyverband von Gewicht. Nun, in dem IDD-Papier der anderen Verbände, spricht der BVK nicht mit.
Ein Papier - vier Punkte
Das Konsenspapier der Verbände führt vier Punkte auf, wo der Gesetzgeber aus Sicht der Unterzeichner nachbessern sollte.
1. Doppelberatung: Makler plus Versicherer
Im Entwurf zu dem deutschen IDD-Gesetz steht bislang, dass Versicherer den Kunden auch nach Vertragsabschluss beraten und betreuen sollen. Bisher gilt das ausnahmsweise nicht für solche Verträge, die von einem Versicherungsmakler verkauft wurden. Dieses wollen die Konsens-Unterzeichner nicht im kommenden Gesetz stehen haben. Und das ist plausibel, weil ein guter seinen Kunden auch nach dessen Unterschrift gut betreut. Anders sieht es aus, wenn ein schlechter Makler, das gibt es auch, seinen Kunden nach der Unterschrift nicht mehr oder schlecht berät. Etwa weil dieser zwar (bislang noch, solange die IDD noch keine Bundesrecht ist) auf begrenzte Restzeit noch als Sachwalter des Kunden gesehen wird, der Makler aber dem Versicherer zu nahe steht – unter Umständen wegen des für Kunden nachteiligen Anreizes (EU-Deutsch) der Provision des Versicherers.
Ein Beispiel ist der Fall eines Maklers, der seinem Schutz befohlenen Kunden eine schlechte Police verkauft und der Kunde klagt... und der gesetzliche Richter des Kunden dessen Vermittler sodann in das Lager des Kunden einordnet. So geschehen im Falle einer unseligen Konstellation von Makler und Versicherer (Provisionsinteresse) zu Lasten des Verbrauchers, der mit dem Versicherer bis hinauf zum Bundesgerichtshof statt den Vermittler (Makler) den Falschen (den Versicherer) verklagte. Der Versicherungsbote berichtete.
Problem: „Provisionsgetriebene Verkaufsvorgaben“
Die Anzahl dieser Einzelfälle – multipliziert um die Menge der Vorkommnisse – zu ermitteln, darum bemüht sich inzwischen der „Marktwächter Finanzen“ der Verbraucherzentralen mit empirischen (zählender) Methodik. Für Banken und deren Geldrat steht der Befund der Marktwächter bereits fest, die sich auf Befunde der Stiftung Warentest etwa berufen, die im Januar 2016 Banken testete und befand: „Grobe Beratungsfehler im Test sind nach Ansicht der Tester nur selten auf das Unvermögen der Berater zurückzuführen, sondern eher auf provisionsgetriebene Verkaufsvorgaben der Institute.“
2. Freie Wahl beim Entgelt des Vermittlers
„Die Form der Vergütung lässt keine Aussage über die Beratungsqualität zu“, sagen die Vermittlerverbände in ihrem Konsenspapier. Das stimmt. Jedoch grenzt die IDD-Richtlinie bei der Entgeltform klar ab – und das ist die Kernbotschaft aus Europa: Unabhängig ist nach EU-Diktion nur der Vermittler, der von Kunden bezahlt wird. Im Konsenspapier fordert die Lobby aus sechs minus einem (BVK) Verbänden:
Die Lobby plädiert in ihrem Papier dafür, (gekürzt) „dass die Vergütungsform zwischen Berater und Kunde frei regelbar ist.“ Das darf sie. Nur ist ein Provisionskassierer demnächst nicht mehr unabhängig, nicht mehr unabhängiger „Sachwalter“ in Sinne eines seit Jahrzehnten immer wieder – und künftig irrelevant gegenüber der IDD – bemühten Gerichtsurteils. Diese freie Wahl der Vergütung lasse die IDD „ausdrücklich zu (siehe Art. 2 Nr. 9, Art. 19 I e)“, so steht es in dem Papier.
Art. 2 der IDD definiert lediglich Begriffe. Die andere Quellenangabe ist etwas unscharf. Zu Art. 19 muss die Unternummer lauten statt „I e“ korrekt „1 e“. Nummer 1 und Buchstabe „e“ der IDD bezeichnen „Interessenkonflikte und Transparenz“ und formulieren lediglich, was der Vermittler seinem Kunden vor Vertragsabschluss zu seiner Police mitzuteilen hat, nämlich ob er Honorar (vom Kunden) oder Provision (aus Prämien an den Versicherer) erhält. Alles Weitere wird irrelevant beziehungsweise entbehrt der Anspruchsgrundlage, weil mit den angeführten Quellen des Konsenspapiers der fünf Lobbyverbände nicht substantiiert.
3. Online/Fernabsatz
Im Onlineabsatz fordert die Fünfer-Lobby gleiche Rechte und Pflichten für Offline- und Online-Verkäufer, was Rat und Dokumente für den Kunden betrifft. Hier stehen Interessen der Verbraucher und vereinfachte Abläufe im Verkauf einander entgegen. Bislang ungelöst oder wenigstens juristisch ungeklärt, solange das IDD-Gesetz nicht gilt.
4. Durchleitungsgebot
Künftige (laut Gesetzentwurf formell „Honorar- ...“) Versicherungsberater sollen laut IDD-Gesetzentwurf für Deutschland auch mit Provisionskosten belastete, wohl dennoch gute, Policen an ihre Kunden vermitteln dürfen. Den Provisionsanteil soll der Kunde der Höhe nach zu 90 Prozent auf sein Beitragskonto „durchgeleitet“ bekommen. Das kritisiert die Makler-Lobby in ihrem Papier auch ... betrifft sie aber gar nicht. Weil die Makler absehbar mangels Recht, Honorar zu kassieren, gar keine ebensolche provisionsfreien Policen mehr vermitteln würde (wenn er nicht ohne Entgelt arbeiten wollte).