Der Verkauf eines Maklerbestandes kann sehr komplex sein. Nicht jeder Anlauf zum Verkauf oder Kauf gelingt. Inzwischen wurden Daten ausgetauscht, Zeit investiert und auch Kosten können entstanden sein. Wie geht es dann weiter? Dem widmet sich unsere heutige Kolumne von AssekuranzDoc Dr. Peter Schmidt.
Die Gruppe der Versicherungsvermittler aller Vertriebswege, die der Generation Ü50 angehören, wird immer größer. Inzwischen bildet sie mehr als die Hälfte aller Makler, Vertriebler und Ausschließlichkeitsvermittler, wie eine Auswertung der ausgefüllten Fragebögen von fast 4.000 Teilnehmern einer alle zwei Jahre durch den Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK) durchgeführte Befragung zeigte.
Der @AssekuranzDoc
Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.
Die Professoren Beenken und Radtke zeigen in der Auswertung der Befragung in ihrer Studie “Betriebswirtschaftliche Strukturen des Versicherungsvertriebes“ auf, dass dem Kreis der Vermittler 50PLUS nur rund zwanzig Prozent im typischen Existenzgründer-Alter gegenüberstehen. Die Folge sind zunehmende Verkäufe von Maklerfirmen, Beständen oder auch andere Nachfolgeregelungen, die alle ein gewisses Maß an Erfahrung in der Unternehmensübernahme bedingen.
Etappen einer Unternehmensübergabe und Nachfolge
Je nach Situation lassen sich zwölf bis fünfzehn Etappen einer Unternehmens- oder Bestandsübergabe bei Maklern aufzeigen, die sich im Wesentlichen nur darin unterscheidet, ob eine Personengesellschaft oder eine juristische Unternehmensform und deren Bestand verkauft wird.
Am Anfang sollte immer der Entschluss des Maklers zur Festlegung eines Zeitpunkts zum Verkauf oder einer anderen Nachfolgeregelung stehen. Mit Unterstützung eines Experten können dann die nächsten Etappen angegangen werden, die hier in Kurzfassung aufgezeigt werden:
- Wertbestimmung (ggf. SWOT-Analyse zu Stärken und Risiken)
- Coaching und Maßnahmen zur Wertsicherung oder –steigerung
- Bestimmung der Verkaufsstrategie und der Verkaufsziele
- Erstellung eines Käuferprofils und Auswahl von Kaufinteressenten
- Auswahl Interessenten/Käufer/Nachfolger
- Rücksprachen Steuerberater zum Fragen der steuerlichen Regelungen
- Abklärung der Finanzierung durch den Käufer mit seiner Bank
- Due Diligence durch Käufer in Zusammenarbeit mit dem Verkäufer
- Entwurf der Inhalte eines Kaufvertrages und Einbeziehung Fachanwalt
- Abstimmung zum Kaufvertrag ggf. mit externer Moderation Notartermin
- Beurkundung Kaufvertrag (beispielsweise bei GmbH)
- Transaktion des Kaufpreises
- Transaktion des Bestandes
- After-Sales-Phase
In meiner Praxis als Vermittler und Wertermittler von Maklerbeständen haben sich die Auswahl der Kaufinteressenten, die Wertermittlung vor dem Kauf (damit ein Stück vorgezogene Due Diligence), die Due Diligence durch den/die Käufer selbst und die Vorbereitung des Kaufvertrages als wesentliche Knackpunkte erwiesen.
Eine umfassende Tiefenprüfung (engl. Due Diligence) umfasst zahlreiche Analyseberichte, die je nach Unternehmensform, Größe, Kooperationen und Verflechtungen angepasst werden müssen. Ausgewählte Prüffaktoren haben wir bei Consulting & Coaching Berlin zu einer „Checkliste zur Tiefenprüfung“ von Makler-beständen und Maklerfirmen zusammengestellt, die Käufer in die Lage versetzt Fehler bei der Einschätzung und Bewertung weitgehend zu vermeiden.
Absichtserklärung: Datenschutz, Vertraulichkeit und Verkaufsprozess
Im Verlaufe der Verhandlungen zwischen Käufer und Verkäufer werden umfangreiche Informationen und auch schon Daten ausgetauscht. Erst kürzlich wurde ich in einer späteren Phase der Verhandlungen als Moderator vom Makler K. aus Süddeutschland eingeschaltet, als bereits vollständige Geschäftsdaten wie Bilanzen, Kundenlisten und auch erste Bestandsauswertungen zwischen Kaufinteressent und Verkäufer ausgetauscht waren.
Ich empfahl als Moderator für Bestandskäufe zunächst einmal die „Notbremse“ zu ziehen und sich zur weiteren Verfahrensweise zu vereinbaren. Es ist der Zeitpunkt für eine Absichtserklärung gekommen, neudeutsch: Letter of Intent (LOI), der professionell dem Umgang mit den Daten regelt. Ohne Absprachen kann es schnell passieren, dass Informationen an die Öffentlichkeit geraten, die zu einer Wertminderung oder sogar zur Verletzung des Datenschutzes führen können.
In einem anderen Fall informierte mich ein vom Verkäufer geprellter Interessent, dass er durch eine kurzfristig anderweitige Entscheidung des Ruheständlers in spe auf den Bereitstellungszinsen für das Kaufdarlehen und den Kosten für den Notar sitzenblieb. Dies hätte ebenso durch eine klare und schriftliche Absichtserklärung vermieden werden können.
Eine Absichtserklärung kann sowohl die Ernsthaftigkeit der Verkaufsverhandlungen mit dem Ziel eines Kaufvertrages unterstreichen und Regelungen zum Vorgehen und auch dem Fall treffen, wenn die Verhandlungen scheitern sollten. Dennoch geht es beiden Seiten um Geheimhaltungsklauseln. Auch die Frage der Exklusivität der Verhandlungspartner steht meist ganz vorn bei den Wünschen des Kaufinteressenten.
Neben den inhaltlichen Hinweisen dieses Artikels ist immer die Unterstützung eines Fachanwaltes für Versicherungsrecht zu empfehlen, um bei der Formulierung des LOI keine Fehler zu machen oder gar schon unwiderrufliche Entscheidungen zu treffen. Bedacht oder unbedacht ist die Grenze des LOI zu einem Vorvertrag schnell erreicht.
Mögliche Inhalte einer Absichtserklärung
Zu den wichtigsten Inhalten der Absichtserklärung gehört es, dass man die beteiligten Verhandlungspartner fixiert, den Verkaufsgegenstand und dessen Status klar und konkret benennt (Share Deal oder Asset Deal), den Stand der Verhandlungen zusammenfasst und die grundsätzliche Bereitschaft zur Zusammenarbeit zum Zwecke des Verkaufs oder einer Nachfolge erklärt.
Im Falle von Maklerfirmen kann man zum Zwecke der Tiefenprüfung festlegen, dass bestimmte Unterlagen vertraulich zur Auswertung übergeben werden. Dazu können beispielsweise Courtagevereinbarungen oder –zusagen von Versicherern, die genutzten Unterlagen wie Maklerverträge und Vollmachten, Übersichten zu Verträgen des Unternehmens (Miete, Leasing, Serviceleistungen) oder auch schon Listen zu Verbindlichkeiten, Vermögen oder früheren bzw. aktuellen juristischen Auseinandersetzungen gehören.
Das Thema Vertraulichkeit und Datenschutz wurde bereits angesprochen. Dies sollte in jedem Fall auch mit Sanktionen verbunden werden, wenn die Regelungen missachtet oder bewusst gebrochen werden. Diese Geheimhaltungsklauseln sollten auch auf die Angehörigen und Mitarbeiter der Verhandlungspartner ausgeweitet werden. Selbstverständlich sind diese Regelungen um Verfahrensweisen beim Scheitern der Verhandlungen zu ergänzen.
Vergessen Sie nicht die Kosten. Die Aufarbeitung von Daten, Selektionen, Kopieren von Unterlagen, die Vorprüfungen zu steuerlichen Fragen und zu möglichen Finanzierungen kosten Zeit und Geld. Auch wenn beide Seiten diese Aufwendungen eher als geringfügig erachten, sollten entsprechende Regelungen getroffen werden, wie das o.g. Praxisbeispiel zeigt. Sparen Sie sich die Nerven und Kosten von Schadenersatzprozessen, wenn mit Vorausschau das Thema vermeidbar gewesen wäre.
Zeitabläufe für Verhandlungen definieren
Der Kauf und Verkauf von Maklerfirmen und Beständen ist sehr komplex und kann zeitlich schnell aus dem Ruder laufen. Gerade deshalb sollten sich beide Seiten auf einen ausreichenden - aber fest definierten! - Zeitplan für die Verhandlungen und den Abschluss verständigen. So wünschenswert es ist, dass ein solcher Verkaufsprozess schnell über die Bühne geht – Sorgfalt ist wichtiger.
Allein die Prüfung eines Darlehens für den Kauf kann schnell sechs bis acht Wochen in Anspruch nehmen. Ja, Banken finanzieren Käufe von Maklerfirmen und Beständen inzwischen leichter als früher. Zur Risikoabsicherung werden aber häufig Bürgschaftsbanken oder die KfW mit einbezogen. Deren Entscheidungsgremien tagen aber nicht täglich. Wenn es wegen Feiertagen oder der Urlaubszeit ungünstig läuft, kann schnell ein Vierteljahr ins Land gehen.
Lassen Sie sich auch vom Verkäufer nicht treiben oder sich von einer selbständigen Tiefenprüfung gemeinsam mit Steuerberater und ggf. Wirtschaftsprüfer abhalten. Dies gilt auch für die Prüfung des abgesicherten Risikorahmens der bestehenden Berufshaftpflichtversicherung (VSH) durch entsprechende Spezialmakler oder Anwälte.
Nur eine Prüfung und Übergabe ohne Stress wird Sie zu einer sorgenfreien Übernahme bringen. Natürlich ist auch zu regeln, wann der LOI wieder außer Kraft tritt.
Resümee: Eine Absichtserklärung (LOI) ist in vielerlei Hinsicht ein wertvolles Instrument für konstruktive und vertrauliche Verkaufsverhandlungen. Beide Seiten können damit ihren Willen zu konstruktiven Verhandlungen, Vertraulichkeit und einem realistischen Zeitplan dokumentieren. Aus Käufersicht wird es damit auch leichter möglich, die gewünschte Exklusivität der Verhandlungen zu bekommen.
Mit der Absichtserklärung wird es gelingen die Komplexität der Verhandlungen so zu strukturieren, dass so schnell wie möglich und so sorgfältig wie nötig ein Rahmen für die Verhandlungen gespannt wird.
Nach der Sommerpause lesen Sie dann wieder von mir. Gerne greife ich dann auch Themen auf, die Sie besonders interessieren. Schreiben Sie mir einfach: info@cc-mit-ps.de. Ich wünsche Ihnen eine schöne Sommerzeit.