Immer mehr Ausbildungsstellen bei den Versicherern bleiben unbesetzt. Das geht aus der aktuellen DIHK-Ausbildungsumfrage 2017 hervor. Damit verschärfen sich die Nachwuchssorgen: Nur knapp dreizehn Prozent der Mitarbeiter im Innen- und Außendienst bei den Versicherern sind 30 Jahre oder jünger.
Versicherungen und Banken haben zunehmend Probleme, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. Das geht aus der aktuellen Ausbildungsumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) hervor, für die rund 800 Finanzunternehmen befragt wurden. War im Schnitt 2015 nur knapp jedes fünfte Unternehmen betroffen (23 Prozent), so sagten bei der aktuellen Umfrage schon 29 Prozent aller Versicherer und Banken, dass sie Probleme hatten, geeignete Bewerber für Lehrstellen zu finden. Leider weist die Statistik nicht konkret aus, wie sich die Antworten jeweils auf Versicherungen und Banken verteilen.
Damit liegt die Finanzbranche immer noch unter dem Durchschnitt aller zwölf abgefragten Wirtschaftszweige. Knapp ein Drittel aller deutschen Unternehmen (31 Prozent) hatte im Vorjahr Probleme, Lehrstellen zu besetzen. Den größten Mangel gab es dabei im Gastgewerbe, dem zum Beispiel Hotels und Restaurants zugerechnet werden, wo mehr als jede zweite Firma (58 Prozent) keinen Nachwuchs für alle Ausbildungsplätze finden konnte. Auch im Baugewerbe ist der Bedarf mit 42 Prozent sehr hoch. Insgesamt hat die DIHK 10.561 Unternehmen befragt.
Versicherer bilden insgesamt weniger aus
Dennoch: Die Entwicklung bietet Anlass zur Sorge. Denn die Versicherungsbranche hat ein Nachwuchsproblem - und altert. Nach statistischen Daten des Arbeitgeberverbandes der Versicherungsunternehmen (AGV) waren im Jahr 2015 nur 12,6 Prozent aller Beschäftigten bei Versicherungsgesellschaften 30 Jahre oder jünger, wenn man die Azubis nicht mit berücksichtigt.
Seit 2013 ist die Zahl der Auszubildenden bei den Versicherern zudem rückläufig, wie die AGV-Statistik verrät. Wurden im Jahr 2013 noch 12.700 Azubis ausgebildet, waren es 2014 nur noch 12.100 und im Vorjahr 11.400 Lehrstellen. Hier stellt sich auch die Frage nach den Zukunftschancen der Nachwuchskräfte. Große Versicherer wie die Allianz, Ergo und Generali bauen derzeit tausende Arbeitsplätze ab oder haben sie bereits abgebaut: Branchenkenner erwarten, dass sich diese Tendenz im Zuge der Digitalisierung verschärfen könnte. Die Schlagzeilen über Stellenabbau sind ein schlechtes Signal in Richtung potentieller Azubis.
Besonders brisant ist die Situation im Ausschließlichkeitsvertrieb der Versicherer. Laut den Strukturanalysen des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) nähert sich das Durchschnittsalter der Versicherungsvertreter den 50 Jahren an. Nur etwa drei Prozent der Agenturmitarbeiter sind hingegen der Altersgruppe bis 30 Jahre zuzurechnen (der Versicherungsbote berichtete).
Bewerber studieren lieber erstmal
Mit Blick auf die Finanzbranche zeigt sich aber ein sehr spezielles Problem. Viele Bewerber, die eine Ausbildungsstelle antreten könnten, springen kurzfristig ab – um erst einmal ein Studium zu beginnen. Stolze 38 Prozent der Banken und Versicherer gaben die als Hauptgrund an, weshalb eine Lehrstelle unbesetzt blieb. Dieses Problem setzt sich auch nach der Ausbildung fort. Trotz Übernahmeangebot entscheiden sich 36 Prozent der Ausgelernten, erst einmal zu studieren. Ob diese Fachkräfte der Branche treu bleiben, kann die Statistik nicht abbilden.
An der Vergütung kann es jedenfalls nicht liegen, wenn sich Schulabgänger gegen die Versicherungsbranche entscheiden. Laut dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) erhalten Versicherungskaufleute über die gesamte Ausbildung hinweg eine durchschnittliche Brutto-Vergütung von 1.028 Euro im Monat, wenn sie nach Tarif bezahlt werden. Damit ist der Versicherungskaufmann bzw. die Versicherungskauffrau einer der bestbezahlten Ausbildungsberufe in Deutschland.