Versicherungsmakler will Verbraucherschützer zu Mindeststandards verpflichten

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Eine Petition auf Change.org setzt sich dafür ein, dass auch Verbraucherschützer eine ausreichende Qualifikation nachweisen müssen und für ihre Ratschläge haften, wenn sie zum Thema Versicherungen und Finanzen Aussagen treffen. Gestartet hat den Vorstoß ein Potsdamer Versicherungsmakler. Es gebe genügend Beispiele für das Versagen des Verbraucherschutzes, so dass ein Handeln dringend geboten sei.

Es ist erst wenige Tage her, dass die Aussage eines Verbraucherschützers für Kopfschütteln in der Branche sorgte. Michael Herte von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein riet in einem Beitrag für die „Kieler Nachrichten“ explizit jungen Menschen davon ab, eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) abzuschließen. Die Begründung: „Die Police beziehe sich direkt auf einen Beruf – ob dieser nach der Ausbildung tatsächlich ausgeübt werde, sei aber nicht gewiss.“ Der Rat des Verbraucherschützers ist in mehrerer Hinsicht fatal. Wird der Azubi oder Studenten tatsächlich berufsunfähig, verfügt er über keinerlei Risikoschutz – und jede schwere Erkrankung erschwert es, später überhaupt noch eine BU abschließen zu können.

Verbraucherschützer sollen persönlich für ihren Rat haften

Es sind Aussagen wie diese, die den Versicherungsmakler Frank Dietrich dazu bewogen haben, nun eine Petition bei Change.org zu starten. Er fordert darin, dass auch Verbraucherschützer eine angemessene Qualifikation für ihr Themengebiet nachweisen müssen, etwa in Form einer Sachkundeprüfung. Und dass sie für ihren Rat gegenüber den Verbrauchern haften – so, wie es Versicherungsmakler und -berater schon heute tun. Hierfür sollen sie auch verpflichtet werden, eine ausreichend hohe Berufshaftpflicht abzuschließen, „damit der Kunde nicht auf Schäden sitzen bleibt, die möglicherweise verursacht werden“. Wer sich an der Petition beteiligen will, kann sie hier unterschreiben. Adressiert ist die Petition an "die/den zukünftigen Bundesminister/in der Justiz und für Verbraucherschutz".

Frank Dietrich zweifelt nicht grundsätzlich an der Notwendigkeit des Verbraucherschutzes, im Gegenteil. Ein „kompetenter, unabhängiger und nachweislich qualifizierter Verbraucherschutz“ sei notwendig, argumentiert er auf der Petitions-Seite. Denn Versicherungen und Dienstleistungen würden immer komplexer und folglich für den Laien schwerer zu durchschauen. „Verbraucher, die wir schlussendlich es alle sind, müssen sich kompromisslos darauf verlassen können, dass sie fachlich kompetent bei der Bewertung von Angeboten und ihrer Entscheidungsfindung unterstützt werden“, heißt es weiter im Petitionstext.

„Genügend Beispiele für das Versagen des Verbraucherschutzes“

Ob man sich kompromisslos auf den Verbraucherschutz verlassen kann, daran hat der Petitionsgründer aber Zweifel. Ob Auto-, Lebensmittel- oder Versicherungsbranche: „es gibt genügend Beispiele für das Versagen des Verbraucherschutzes“, so Dietrich. Und weiter: „Ich selbst komme aus der Versicherungsbranche, bin seit Jahrzehnten spezialisiert und werde immer wieder mit laienhaften, inkompetenten oder auch haarsträubenden Aussagen durch den Verbraucherschutz konfrontiert“.

Der wohl bekannteste Fall in der Versicherungsbranche ist die Kritik des Versicherungsmaklers Matthias Helberg an der Stiftung Warentest beziehungsweise deren Zeitschrift „Finanztest“. Beim mehreren Vergleichen hochkomplexer Berufsunfähigkeits-Policen berücksichtigte die Stiftung nur wenige Testkriterien: Ganze zwölf waren es im Jahr 2015. Dabei wurden wichtige Leistungen, die der Kunde kennen sollte, übergangen: etwa, ob der Versicherer nicht nur bei der Erstprüfung auf die abstrakte Verweisung verzichtet, sondern auch bei den Nachprüfungen. Oder, welchen Beruf der Versicherer definiert, wenn sich der Versicherungsnehmer in Elternzeit befindet. Auch, ob eine Dynamisierung der Leistung möglich ist, wiesen die Tester nicht aus: Obwohl die Verträge einiger Versicherer gerade in solchen Punkten zum Nachteil der Verbraucher gestaltet sind (der Versicherungsbote berichtete).

Jährlich neun Prozent Rendite bis zum Jahr 2035

Fachmakler Dietrich nennt und verlinkt weitere Beispiele für Fehlleistungen des Verbraucherschutzes auf der Petitionsseite. Unter anderem hatte "Finanztest" im Jahr 2007 in einer Titelstory behauptet, mit Riester-Fondssparplänen könne man eine jährliche Rendite von neun Prozent erzielen – durchgehend bis zum Jahr 2035. Dafür hatte man einfach die Entwicklung von fünf Boomjahren an der Börse derart weitergerechnet, als würden die Aktienkurse permanent steigen und als gebe es keine Krisen an den Aktien- und Finanzmärkten: ein Jahr, bevor die größte Finanzkrise seit den 20er Jahren losbrach. Ganz egal, wie man zur Riester-Vorsorge steht: Die Prognose war schlicht unseriös.

Nicht nur die öffentlichen Verbraucherschutz nennt Friedrich in seiner Petition, also vor allem die Verbraucherzentralen. Es werden auch private Anbieter wie Finanztest, das Analysehaus Morgen & Morgen sowie Softfair erwähnt. Das Label „Verbraucherschutz“ hat sich selbst schon zu einer Marke entwickelt, mit der man gute Geschäfte machen kann. Nicht selten haben Anbieter ein finanzielles Eigeninteresse, indem sie etwa den Versicherern Testsiegel oder ihre Beratungsleistung verkaufen. Ein Punkt, der von den Verbraucherzentralen selbst bereits kritisch angesprochen wurde (der Versicherungsbote berichtete).

"Mit Steuergeldern gefördert"

Ein fehlerhafter Hinweis könne schnell zum finanziellen Ruin des Verbrauchers führen, so Fachmakler Dietrich. Deshalb müsse nun für einen "kompetenten und vertrauenswürdigen Verbraucherschutz" gesorgt werden. An anderer Stelle heißt es: "Der Verbraucherschutz in Deutschland wird mit Steuergeldern gefördert. Zusätzlich bezahlt der Verbraucher für individuelle Beratungen ein Honorar. Die logische Folgerung ist eine zu erwartende Werthaltigkeit und vollständige Nachvollziehbarkeit der individuellen Beratung, die dokumentiert wird." In seiner Petition schlägt Dietrich folgende Mindeststandards vor:

Wer Verbraucher berät oder in der Öffentlichkeit Aussagen tätigt, sollte:

  • Sich auf das jeweilige Thema spezialisiert haben. Er sollte mit seinen Erfahrungen die Tragweite seiner Aussagen klar abschätzen können.
  • Eine entsprechende Sachkundeprüfung / einen Befähigungsnachweis in diesem Bereich vorweisen können,
  • Zu jährlichen Weiterbildungen verpflichtet sein und daran auch nachweislich teilnehmen,
  • Den Beratungsvorgang selbst und die Gründe der Empfehlungen/Entscheidung exakt dokumentieren.
  • Der Beratungsverlauf sollte detailliert nachvollziehbar sein. Wie jede beratende Tätigkeit gilt auch hier die Verpflichtung einer entsprechend und ausreichend hohen Berufshaftpflichtversicherung, damit der Kunde nicht auf den Schäden sitzen bleibt, die möglicherweise verursacht werden. Niemand ist fehlerfrei.