Zusatzbeitrag der Krankenkassen könnte minimal sinken

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Die Zusatzbeiträge zu Krankenkassen könnten im kommenden Jahr sinken: Allerdings nur um magere 0,1 Prozentpunkte im Schnitt. Das prognostiziert der Schätzerkreis der gesetzlichen Krankenversicherung. Ursache seien die Rekordbeschäftigung und die gute Konjunktur. Es gibt ein großes Aber: die Gesundheitskosten steigen ebenso wie die Ausgaben für Medikamente.

Manchmal sind kleine Zahlen schon eine große Schlagzeile wert. „Krankenkassenbeiträge sinken“, so titelten am Freitag mehrere Medien anlässlich einer dpa-Meldung, unter anderem die BILD-Zeitung. Hintergrund ist die aktuelle Jahresprognose des Schätzerkreises beim Bundesversicherungsamt. Demnach soll der durchschnittliche Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung für das Jahr 2018 sinken: von derzeit 1,1 Prozent des Bruttolohnes auf dann 1,0 Prozent.

Viel ist das nicht aus Sicht der gesetzlich Krankenversicherten. Im besten Fall sind 4,50 Euro Ersparnis pro Monat drin. Der Gesamtbeitrag für die 54 Millionen Kassenmitglieder würde sich im Schnitt von 15,7 auf 15,6 des Monats-Bruttos reduzieren. Derzeit beträgt der Zusatzbeitrag, den die Versicherten durchschnittlich aufzubringen haben, 22 Euro pro Monat.

Ursache für den sinkenden Beitrag sei unter anderem die gute Konjunktur und die gute Beschäftigungslage, erklärt der Schätzerkreis. Dem Gremium gehören Fachleute des Bundesministeriums für Gesundheit, des Bundesversicherungsamtes sowie des GKV-Spitzenverbandes an.

Kassen dürfen Zusatzbeitrag selbst bestimmen

Die Sache hat allerdings einen Haken: bindend ist die Prognose nicht. Die Kassen dürfen selbst bestimmen, wie hoch sie den Zusatzbeitrag festlegen. Und so zeigen sich auch jetzt große Unterschiede zwischen den einzelnen Kassenanbietern: die Aufschläge reichen von 0,3 bis 1,8 Prozent des Bruttolohns.

Seit 2015 dürfen die gesetzlichen Versicherer einen kassenindividuellen Zusatzbeitrag von ihren Mitgliedern erheben, den sie auf den Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil von 14,6 Prozent einfach draufpacken. Diesen Zusatzbeitrag müssen die Beschäftigten alleine stemmen: der Arbeitgeberanteil wurde von der schwarz-roten Bundesregierung gedeckelt.

Zusätzliche Finanzspritze aus dem Gesundheitsfonds

Zudem gibt es Gegenstimmen, die die Krankenkassen weniger gut aufgestellt sehen. So hat der noch amtierende Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) den Anbietern eine extra Finanzspritze aus dem Gesundheitsfonds gegönnt. 1,5 Milliarden Euro gibt es obendrauf: damit sollen die Kosten der Flüchtlingskrise aufgefangen werden.

Der Hintergrund: Wenn Flüchtlinge 15 Monate in Deutschland leben und keine Arbeit finden, haben sie Anrecht auf Hartz IV-Zahlungen und damit auch den Schutz durch die Krankenversicherung. Die Bundesagentur für Arbeit rechnet mit 350.000 Flüchtlingen, die zumindest vorübergehend Anspruch auf Hartz IV haben werden.

Doch die Kosten der Flüchtlingskrise für die Krankenkassen werden weit niedriger beziffert: auf 200 Millionen Euro laut Schätzungen des Bundesversicherungsamtes. So äußerte Martin Litsch, der Vorstandsvorsitzende vom AOK-Bundesverband, in einem Interview mit der „Bild“ bereits im Sommer 2016 den Verdacht, die Zusatzgelder aus dem Gesundheitsfonds sollen die teuren Reformen der nun scheidenden Bundesregierung verdecken. Mit anderen Worten: Ohne Gröhes Finanzspritze müssten die Kassenbeiträge steigen.

Explodierende Medikamentenpreise

Aufgrund der steigenden Gesundheitskosten konnte nun auch im Schätzerkreis kein Einvernehmen erzielt werden, berichtet dpa. Die Krankenkassen sprechen sich dagegen aus, den Zusatzbeitrag zu senken. Und verweisen unter anderem auf wachsende Ausgaben für Medikamente, die die Kassen belasten. Im letzten Jahr stiegen die Ausgaben aller Kassen für Pharmaka um 3,9 Prozent auf 38,5 Milliarden Euro, so geht aus dem jüngsten AOK-Arzneiverordnungsreport 2017 hervor. Vor allem bei neuen und patentgeschützten Medikamenten müssen die deutschen Krankenversicherer im europäischen Vergleich Höchstpreise zahlen (der Versicherungsbote berichtete).

Die guten Zahlen dürften „nicht darüber hinwegtäuschen, dass den Rekordeinnahmen auch so hohe Ausgaben wie noch nie gegenüberstehen“, sagte die Chefin des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer. Strukturreformen bei Arzneimitteln und Kliniken seien unbedingt erforderlich. Für das laufende Jahr wurden die Einnahmen auf 216 Milliarden geschätzt. Bei den Ausgaben rechnen Ministerium und BVA mit 226,4 Milliarden Euro. Die Versicherer sind pessimistischer: Sie nehmen Kosten in Höhe von 227,2 Milliarden Euro an.

Quelle: dpa