Wer brachte 2016 die meisten Lebensversicherungen an den Kunden? Im Rennen um den erfolgreichsten Vertriebskanäle der LV-Sparte können die unabhängigen Vermittler die Krone zurückerobern - sie vermitteln mehr als jede dritte Police. Der Direktvertrieb und Banken verlieren hingegen an Marktanteilen. Das zeigt die aktuelle Vertriebswege-Studie eines Analysehauses.
Nach Jahren rückläufiger Anteile konnte der Maklervertrieb damit um 2,4 Prozentpunkte zulegen und sich an die Spitze der Vertriebswege setzen. Im Jahr 2015 hatten sie noch auf dem dritten Rang gelegen. Doch der Vorsprung ist äußerst knapp. Dahinter lauert schon der Bankvertrieb, der sich mit 28,6 Prozent nur knapp den unabhängigen Vermittlern geschlagen geben musste. Dem Bankvertrieb rechnet die Unternehmensberatung den stationären Filialvertrieb der Banken, den mobilen Bankvertrieb sowie bankeigene Vertriebsgesellschaften zu.
„Die Gründe dafür sind vielfältig“, kommentiert Ulrich Wiesenewsky, Leiter der Studie, die neue Spitzenposition der unabhängigen Vermittler. „Zum einen hat der Absatz von fondsgebundenen Produkten 2016 signifikant zugenommen – ein Segment, in dem die Makler traditionell stark sind und sich 2016 um deutliche 3,5 Prozentpunkte steigern konnten. Auch in den Bereichen Berufsunfähigkeitsversicherung (SBU) und betriebliche Altersvorsorge (bAV) konnten diese ihren ohnehin schon hohen Marktanteil von mehr als 50 Prozent jeweils noch ein Stück weiter ausbauen.“ Ein dritter Treiber sei erstmalig das Einmalbeitragsgeschäft gewesen: „In einem schrumpfenden Markt haben die unabhängigen Vermittler ihr Verkaufsvolumen fast gehalten und damit auch dort ihren Marktanteil erhöht."
Direktvertrieb verliert entgegen den Erwartungen
Der Ausschließlichkeitsvertrieb konnte sich mit 27,2 Prozent des vermittelten Vertragsvolumens zwar auf Rang drei der Neugeschäfts-Bringer platzieren, verlor aber bereits im fünften Jahr in Folge an Marktanteilen. Der Ausschließlichkeit wurden alle Vertriebe zugeordnet, die an eine einzige Gesellschaft gebunden sind. Das verwundert insofern nicht, weil auch die Zahl der im IHK-Vermittlerregister erfassten AO-Vertreter seit Jahren rückläufig ist. Seit dem Jahresanfang 2011 hat die Branche mehr als 42.000 Vertreter verloren. Der gebundene Strukturvertrieb wie die Deutsche Vermögensberatung (DVAG) konnte mit 6,4 Prozent seine Marktanteile minimal ausbauen.
Überraschenderweise büßte auch der Direktvertrieb an Marktanteilen ein, und zwar deutlich. Gegenüber dem Vorjahr ist der Anteil um 25 Prozent eingebrochen, so dass er nun bei 4,1 Prozent des Vertragsvolumens liegt. Noch deutlicher ist der Abwärtstrend im Drei-Jahres-Vergleich, wo der Direktvertrieb 40 Prozent verlor.
Der Grund für den Abwärtstrend des Direktvertriebs: der hohe Beratungsbedarf in der Leben-Sparte. „Es zeigt sich einmal mehr, dass sich der Absatz über elektronische Kanäle eher für standardisierte und Pull-Produkte, also aktiv nachgefragte Produkte, eignet“, sagt Michael Klüttgens, Leiter Versicherungsberatung bei Willis Towers Watson. „In der Lebensversicherung dagegen müssen Produkte meist ein Leben lang halten und die Angebote sind komplex und erklärungsbedürftig – daraus ergibt sich ein hoher Beratungsbedarf, so dass Kunden schon immer und auch künftig an eine Bedarfssituation durch einen Berater herangeführt werden müssen.“
Hintergrund-Informationen: Das Neugeschäftsvolumen wurde nach APE gemessen: Summe aus laufenden Prämien plus 10 Prozent der Einmalprämien. Der Vertriebswege-Survey Leben erscheint 2017 zum 18. Mal in Folge. Seine Marktabdeckung beträgt laut Pressetext knapp 90 Prozent des Neugeschäfts im Jahr 2016, inklusive der Willis Towers Watson-Schätzungen: Die Daten der Versicherer, die (dieses Jahr) nicht teilgenommen haben, wurden von Willis Towers Watson durch Informationen aus den Geschäftsberichten und Schätzungen auf Basis eigener Marktkenntnis ergänzt.