Die Deutschen fühlen sich schlecht für den Pflegefall abgesichert, wie eine aktuelle Umfrage zeigt. Zwar glaubt ein Großteil der Bürger, dass die gesetzliche Pflegeversicherung allein nicht ausreicht, um drohende Pflegekosten zu decken. Dennoch sorgen sie nicht privat vor: auch aus finanziellen Gründen.
Mehr als drei Viertel der Deutschen (77 Prozent) gehen davon aus, dass die gesetzliche Pflegeversicherung nicht ausreichen wird, um bei Pflegebedürftigkeit alle Kosten zu decken. Das ist das Ergebnis einer aktuellen YouGov-Umfrage im Auftrag von Swiss Life Select. Das Analysehaus hat hierfür im Dezember 2017 2.032 Personen repräsentativ befragt.
In der Folge blickt nicht einmal jeder Zehnte mit Zuversicht in die Zukunft (acht Prozent). Und mehr als jeder zweite Deutsche (56 Prozent) hat das Gefühl, nicht gut genug versichert zu sein. Während 59 Prozent auf eine gesetzliche Pflegeversicherung setzen, ist nur eine Minderheit (15 Prozent) privat versichert. Über die Ergebnisse der Studie informiert die Swiss Life aktuell in einer Pressemeldung.
Finanzielle Gründe häufige Ursache
In der Umfrage wurde auch nach Gründen gefragt, weshalb die Bürger nicht vorsorgen. Hier nannten immerhin 63 Prozent der Befragten finanzielle Gründe: Sie stimmten der Aussage zu, „Ich kann es mir finanziell nicht leisten“. Hier fordert der Versicherer Verzicht von den Bürgern. So würden 39 Prozent der Befragten mehr als 1.000 Euro im Jahr für Urlaubsreisen ausgeben. Knapp die Hälfte der Befragten investiert zudem mehr als 100 Euro im Monat in Musik- und Streamingdienste, Pay TV, Gaming und andere Freizeitangebote.
Hier fordert der Versicherer indirekt, die Bürger möchten doch die Ausgaben für Urlaub und Freizeit einschränken, um das Geld in eine private Pflegeversicherung zu stecken. Für viele Menschen konkurriere das kurzfristige Konsumverhalten mit der selbstbestimmten Gestaltung ihrer Pflegesituation, schlussfolgert Günther Blaich, Geschäftsführer von Swiss Life Select.
Aber auch die Finanzdienstleistungsbranche sei gefordert. 20 Prozent der Befragten berichten, dass sie zu wenig über die Möglichkeiten einer guten Absicherung wissen. „Finanzberater sollten ihren Kunden aufzeigen, welche Alternativen bestehen. Zumal es einen hochwertigen Schutz auch für den kleinen Geldbeutel gibt“, so Blaich.
Private Pflege noch immer mehrheitlich von Verwandten geleistet
Die Zahl der Pflegebedürftigen ist nach Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums 2017 weiter angewachsen. Erhielten zum Jahresende 2016 knapp 2.938 Millionen Menschen Leistungen aus der gesetzlichen oder privaten Pflegepflichtversicherung, so stieg die Zahl der Leistungsbezieher zum Stichtag 30.06.2017 allein bei den gesetzlichen Pflegekassen auf 3.103.839 Personen an. Seitdem das Zweite Pflegestärkungsgesetz zum Jahresanfang 2017 in Kraft trat, haben viele Menschen nun erstmals Anrecht auf Leistungen aus der Pflegekasse, die zuvor durch das soziale Netz rutschten: vor allem Pflegebedürftige mit geistigen Einschränkungen wie Demenz.
Fast drei Viertel (73 Prozent) der Pflegebedürftigen werden zu Hause von ihren Angehörigen versorgt, wie die Pflegestatistik des Statistischen Bundesamtes zeigt. Laut einer früheren Forsa-Umfrage sind mehrheitlich Frauen die Leidtragenden: Jede dritte erwerbstätige Frau sagte, dass sie für eine Pflegetätigkeit ihre Arbeitszeit habe reduzieren müssen. Knapp zwei Drittel (65 Prozent) der pflegenden Angehörigen sind zudem täglich im Einsatz.
Pflegebedürftigkeit bedeutet ein hohes Armutsrisiko. Laut Statistischem Bundesamt ist jeder sechste Pflegebedürftige in Deutschland bereits auf Leistungen vom Sozialamt angewiesen, sogenannte Hilfe zur Pflege, weil das Einkommen auch mit den Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung zum Leben nicht ausreicht. Die Zahl der pflegebedürftigen Sozialleistungsempfänger stieg zwischen den Jahren 2006 und 2016 um mehr als 22 Prozent an (der Versicherungsbote berichtete).