Es ist eine echte Überraschung und auch nur ein Aprilscherz: Ergo-Chef Markus Rieß hat angekündigt, dass der Düsseldorfer Versicherer rund vier Millionen klassische Lebensversicherungen der Generali Leben aufkaufen wird, um sie abzuwickeln. Die Ergo sehe im Run-off-Geschäft einen wichtigen Zukunftsmarkt.
Ergo-Chef Markus Rieß hat angekündigt, dass die Ergo die Altbestände der Generali Leben aufkaufen werde, um sie gemeinsam mit den hauseigenen Altverträgen der Ergo Leben und der Victoria abzuwickeln. Vor kurzem hatte die Ergo noch selbst überlegt, ob sie sich von ihren Leben-Altbeständen trennt und diese an externe Investoren verkauft.
„Ich weiß, die Entscheidung überrascht“, sagte Rieß am Sonnabend beim traditionellen Ostertreffen des Versicherers in Düsseldorf. „Doch im aktuellen Niedrigzins sind wir verpflichtet, kompromisslos unser Geschäftsmodell auf den Prüfstand zu stellen. Ich glaube, dass im Geschäft mit klassischen Leben-Verträgen ein enormes Potential schlummert - und wir haben die digitale Kompetenz, um hier ganz groß mitzuspielen!“
“Das Versicherungsgeschäft der Zukunft liegt in der Vergangenheit“
Konkret geht es um vier Millionen hochverzinste Altverträge der Generali Leben, die nun abgewickelt werden sollen. Die Generali will das Neugeschäft in diesen Tarifen im ersten Halbjahr 2018 einstellen. Deutschland-Chef Giovanni Liverani hatte bei der aktuellen Jahrespressekonferenz vor einer Woche noch berichtet, dass noch keine Entscheidung über einen möglichen Verkauf gefallen sei.
Der Hintergrund: In Zeiten niedriger Zinsen am Kapitalmarkt haben die Lebensversicherer zunehmend Probleme, die hohen Zinszusagen aus den Altverträgen zu erwirtschaften, weshalb viele Versicherer diese Tarife abwickeln. Dennoch bieten gerade diese Policen enorme Marktchancen, wie Markus Rieß in seiner Rede betonte. „Das Versicherungsgeschäft der Zukunft liegt in der Vergangenheit“, so Rieß. „Wenn es uns gelingt, die Verwaltungskosten massiv zu senken, sind die Altverträge pures Gold wert. Wir rechnen mit zweistelligen Gewinnmargen“.
Rieß betonte, dass man eine neue Run-off-Plattform mit dem IT-Giganten IBM baue. Sie soll voll digitalisiert funktionieren und deshalb erlauben, die Verwaltungskosten um bis zu 30 Prozent zu drücken. „Selbst hochverzinste Verträge bringen uns damit wieder in die Gewinnzone“, sagte der gebürtige Aachener. Bewusst habe man nach einer Lösung gesucht, die es gestatte, problemlos auch die Verträge anderer Anbieter einzupflegen. Man wolle weitere Bestände aufkaufen und in kurzer Zeit zum größten Bestandsabwickler Europas werden.
“Jeder fünfte Leben-Vertrag im Run-off“
Der Ergo-Chef verwies auf den wachsenden Run-off-Markt auf dem europäischen Kontinent. „Jeder fünfte Leben-Vertrag beziehungsweise ein Volumen von 180 Milliarden Euro könnte sich bis 2022 im Run-off befinden“, sagte Rieß. „Wir werden unsere Strategie weiter anpassen und auch auf diesen Markt ausrichten. Wir wollen dieses Geschäftsfeld nicht anderen überlassen“. Gespräche mit weiteren Versicherern würden bereits geführt, um auch andere Altbestände aufzukaufen. Mitte kommender Woche wolle der Versicherer die Pläne öffentlich machen.
Eine entsprechende Bestätigung der Generali, dass die Policen der Leben-Tochter tatsächlich an die Ergo abgetreten werden, war aktuell nicht zu bekommen - über die Osterfeiertage ist das Pressebüro nicht besetzt.