Nachdem GDV-Hauptgeschäftsführer von Fürstenwerth die Riester-Rente als Erfolg gepriesen hat, muss er eingestehen, dass es Probleme gibt. Bei weitem nicht alle hätten einen Vertrag, der Absatz würde stagnieren. Unerwähnt lässt er hierbei, dass derzeit fast jeder fünfte Vertrag ruhend gestellt ist und die Vorsorgesparer keine Beiträge mehr zahlen, so schätzt zumindest die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
Dass der Absatz bei Riester stagniert, führt von Fürstenwerth auf die vermeintliche Vielfalt der Angebote zurück, die den Verbraucher überfordere. Sein Appell ist vor allem an die Politik gerichtet. Dass auch die Versicherer mit intransparenten Vertragswerken und hohen Kosten einen Anteil an der Krise haben könnten, spricht der Geschäftsführer nur durch die Blume an, wenn er schreibt:
"Der ursprüngliche politische Ansatz, bei der Riester-Rente über möglichst viele unterschiedliche Angebote verschiedenster Anbietergruppen, seien es Versicherer, Banken, Fondsgesellschaften oder – erst seit 2008 – auch Bausparkassen einen möglichst breiten, wettbewerbsintensiven Markt zu schaffen, hat zu großer Komplexität und Unübersichtlichkeit geführt. Viele Kunden sehen vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr." Nun brauche es eine deutliche, mutige Vereinfachung, sowohl bei der Förderung als auch bei den Produkten.
Möglicher Wegfall der Garantien und obligatorisches Riestern
Fürstenwerth bringt mehrere Reformen ins Spiel, um den Riesterabsatz wieder anzukurbeln - wenn auch vorsichtig in Frageform formuliert. So schlägt er indirekt den Wegfall der Riester-Garantien vor. "Will der Staat bei der Riester-Rente ganz auf Garantien verzichten oder die bestehenden gesetzlichen Mindestanforderungen dazu flexibilisieren?", fragt der GDV-Funktionär in seiner Kolumne.
Der Hintergrund: Die Versicherer müssen ihren Kunden alle Beiträge und Zulagen zum Laufzeitende garantieren und die lebenslange Auszahlung zusichern. Doch das ist gerade in Zeiten des Niedrigzinses teuer, weil die Versicherer viel Geld in vermeintlich sichere Anleihen einbetonieren müssen, die in Niedrigzins-Zeiten kaum was abwerfen (der Versicherungsbote berichtete). Aus der Versicherungswirtschaft kamen wiederholt Stimmen, dass die Riester-Garantie gelockert oder abgeschafft werden solle, damit die Versicherer das Geld flexibler am Kapitalmarkt anlegen können. Einspruch vom Verbraucherschutz folgte prompt. So kritisierte der Bund der Versicherten (BdV), der Wegfall der Garantie werde Riester eher schwächen als stärken, weil die Sparer noch weniger wüssten, wie viel sie am Ende rausbekommen.
Darüber hinaus schlägt GDV-Funktionär von Fürstenwerth vor, den Kreis der förderfähigen Personen zu erweitern. "Warum nicht einfach alle Erwerbstätigen fördern, also auch die Selbständigen?", so regt er an. Die Definition des förderberechtigten Personenkreises sei eine Wissenschaft für sich mit dem Ergebnis, dass viele Bürger unzutreffend davon ausgingen, sie seien gar nicht förderberechtigt. Auch das Zulagenverfahren müsse vereinfacht werden.
Obligatorisches Riestern über Chefs und Firmen?
Auch eine mögliche Riester-Pflicht fasst von Fürstenwerth wieder ins Auge. Der Versicherungsexperte fragt in seiner Kolumne: "Soll die Verbreitung der Riester-Rente künftig quasi obligatorisch erfolgen, in dem etwa sämtliche Arbeitgeber in Deutschland zur Vorsorgevermittlung verpflichtet werden? Und wenn nein, wenn der Abschluss freiwillig bleibt, wie will man ohne die professionellen Vertriebe eine größere Verbreitung sicherstellen?"
Wenn nun die Arbeitgeber gewährleisten oder zumindest dazu beitragen sollen, dass jeder Beschäftigte riestert, stellt sich aber ein Problem. In der betrieblichen Altersvorsorge schließen oft die Chefs bzw. die Firmen Betriebsrenten für ihre Mitarbeiter ab, sie sind Vertragspartner der Versicherer. Wie soll dies bei Riester erfolgen, ohne dass dem Kunden ein Produkt vom Arbeitgeber aufgedrängt wird?
Mit Blick auf Standard-Riesterprodukte wäre vielleicht denkbar, dass -ähnlich dem Tarifpartnermodell in der bAV- Arbeitgeber und Gewerkschaften über eine Riester-Vorsorge verhandeln, die dann für das gesamte Unternehmen gilt und bei dem die Beschäftigten sich per Opt-out ausklinken können, um eine alternative Vorsorge zu wählen. Der Mehraufwand könnten gerade kleine Firmen überfordern. Könnten künftig gar Makler und Agenturen außen vor sein, wenn -wie angesprochen- der Vertrieb "ohne die professionellen Vertriebe" erfolgt?