Allianz steigt aus Kohle aus

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Die Allianz will mit sofortiger Wirkung darauf verzichten, Einzelversicherungen für neue Kohlekraftwerke und -minen anzubieten. Auch bekennen sich die Münchener dazu, bei der Kapitalanlage der Versichertengelder kohlebasierte Geschäftsmodelle künftig zu meiden und schrittweise aus dem Portfolio zu nehmen. Die Naturschützer von Urgewald begrüßen den Schritt.

Die Allianz Gruppe hat angekündigt, mit sofortiger Wirkung keine Kohlekraftwerke und -minen mehr zu versichern. Auch wollen sich die Münchener als einer der ersten Versicherer zu langfristigen Klimazielen verpflichten, die an das Pariser Klimaabkommen geknüpft sind. Das berichtet der Versicherer in einem heutigen Pressetext. Am 12. Dezember 2015 hatten sich 196 Staaten freiwillig bereiterklärt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu beschränken.

„Der Klimawandel birgt enorme ökonomische und soziale Risiken. Er beeinträchtigt schon heute Millionen Menschen“, erläutert der Vorstandsvorsitzende der Allianz SE, Oliver Bäte. „Als ein führender Versicherer und Investor möchten wir den Übergang zu einer klima-freundlichen Wirtschaft vorantreiben.“ Die Allianz unterstütze bereits den Ausbau erneuerbarer Energien und sei weltweit führend, wenn es um Spezialversicherungen für regenerativen Energieanlagen gehe, etwa für Sonnenenergie oder Erdwärme.

Langfristiger Ausstieg in mehreren Schritten

Das Bekenntnis zu mehr Umweltschutz bedeutet freilich nicht, dass die Münchener sich sofort von der Kohle trennen. Vielmehr verfolgt der Versicherer eine Strategie der kleinen Schritte. Bis zum Jahr 2040 sollen kohlebasierte Geschäftsmodelle im Kundenportfolio in der Versicherung und in der Anlage der Versichertengelder schrittweise auslaufen. Zusätzlich will das Unternehmen seinen CO2-Fußabdruck des Geschäftsbetriebs bis 2040 verkleinern, etwa durch einen höheren Anteil an erneuerbaren Energien im Stromeinkauf, heißt es im Pressetext.

Für die Anlage der Versichertengelder definiert die Allianz als langfristiges Ziel, ihre handelbaren Anlagen in allen kohlenstoffintensiven Branchen klimaneutral zu strukturieren. Unternehmen, denen es in den kommenden Jahrzehnten nicht gelinge, ihre Treibhausgas-Emissionen an das Zwei-Grad-Ziel anzupassen, werden schrittweise aus dem Portfolio genommen, verspricht der Versicherer.

ESG-Ansatz: Rendite ist nicht alles

Ein weiterer Schritt: Kundengelder sollen künftig verstärkt nach dem sogenannten ESG-Ansatz der Finanzanalyse investiert werden. Die Abkürzung steht für die Bereiche Environment (Umwelt), Social (Gesellschaft und Mitarbeiter) sowie Governance (Unternehmensführung) und soll die traditionelle Finanz- und Risikoanalyse um Gemeinwohlaspekte ergänzen.

Ganz uneigennützig ist der ESG-Ansatz freilich nicht. Ihm liegt auch die Erfahrung zugrunde, dass es hohe Folgekosten erzeugen kann, wenn man sein Geld blind in renditeträchtige, aber umweltschädliche Investments steckt: zum Beispiel, wenn die Umweltzerstörung dazu führt, dass die Versicherer wiederum höhere Schadensummen für Naturkatastrophen auszahlen müssen.

Zusätzlich will die Allianz im Energiesektor bis 2040 den Schwellenwert für den maximalen Kohleanteil bei den finanzierten Emittenten auf null setzen. Auch das ein langwieriger Prozess. Bislang stecken bis zu 30 Prozent in Kohle, was nicht wenig ist. Dieser Anteil soll nun sukzessive in 5-Prozent-Schritten auf null reduziert werden, heißt es im Pressetext. Der Wert bezieht sich auf den Umsatz, den ein Bergbauunternehmen durch den Abbau von Kohle generiert oder auf den Anteil des erzeugten Stroms aus Kohle bei Energieunternehmen. Die nächste Anpassung will die Allianz innerhalb der kommenden fünf Jahre vornehmen.

Wenn ein Energieerzeuger aber sogar den Ausbau der Kohletechnik plant oder bereits vorantreibt, soll gleich Schluss sein: Hier will der Versicherungsriese kein neues Geld investieren. "Mit sofortiger Wirkung verzichtet die Allianz auch auf Investitionen in Energieunternehmen, die durch den umfangreichen Zubau von Kohlekraftwerken das Zwei-Grad-Ziel gefährden", schreibt die Allianz.

Umweltorganisation Urgewald begrüßt den Schritt

Die Umweltorganisation "Urgewald" begrüßt in einem Pressestatement, dass die Allianz ihr Investment in Kohle reduzieren will. Erst Anfang Februar hatte Urgewald zusammen mit internationalen NGO-Netzwerk Unfriend Coal eine Studie zu den Geschäften der Allianz und weiterer Versicherer im Kohle-Land Polen veröffentlicht. So wollen die führenden polnischen Energieversorger PGE und ZE PAK ihr Geschäft mit fossilen Brennstoffen in den kommenden Jahren massiv ausbauen und dafür ganze Landstriche umbaggern. Allein ZE PAK plant die Eröffnung von drei neuen Braunkohle-Tagebauen mit einem Vorrat von mehr als 1 Milliarde Tonnen Braunkohle. Der Hauptversicherer des Bauvorhabens heißt Allianz, auch eine Munich-Re-Tochter ist beteiligt.

Die Urgewald-Expertin Regine Richter lobt den Schritt der Allianz als „überfällige aber wirksame Maßnahme für Klimaschutz im Versicherungsgeschäft“. Weiter sagt sie: „Mit ihrer neuen Kohle-Richtlinie wirft sie beim Klimaschutz ihr Gewicht in die Waagschale. Nach der Axa und Zurich treibt nun auch die Allianz den Wandel weg von der Kohle in der Versicherungsbranche voran. Als erster Versicherer entwickelt die Allianz einen Kohleausstiegsplan für den Gesamtkonzern.“

Doch Urgewald übt auch Kritik. Zwar will die Allianz keine neuen Kraftwerke mehr versichern bzw. entsprechende Bauvorhaben. Auch will sie bestehende Verträge nicht verlängern. Aber bis zum Jahr 2040 kann sie Kohlekraftwerke weiter versichern. „Diese Frist ist zu lang angesichts des galoppierenden Klimawandels", kommentiert Richter. "Entwickler neuer Kohlekraftwerke verbauen uns die Chance die Pariser Klimaziele einzuhalten. Die Allianz sollte sie daher schon jetzt konsequent ausschließen.“