Die Stiftung Warentest hat im Jahr 2017 mehr Geld mit der Vergabe von Testsiegel eingenommen. Dabei erlaubt sie den Siegern ihrer Produktvergleiche, mit lizensierten Testsiegeln für ihre Produkte zu werben. Dem entgegen ging die Zahl der Abonnenten für das Magazin „Finanztest“, welches sich schwerpunktmäßig mit Versicherungen und Altersvorsorge beschäftigt, leicht zurück. Das geht aus dem aktuell veröffentlichten Jahresbericht der Stiftung Warentest hervor.
Die Stiftung Warentest erlöst immer mehr Geld mit Testsiegeln über ihr Logo-Lizenzsystem. Testsieger von Produkt- und Dienstleistungsvergleichen erwerben dabei eine Lizenz, um mit einem Siegel der „Stiftung Warentest“ für ihre Produkte zu werben. 2017 wurden 698 Lizenzverträge abgeschlossen, die einen Erlös von rund 4,7 Millionen Euro brachten. Im Jahr zuvor waren es noch 631 Lizenzverträge mit Erlösen von 4,2 Millionen Euro, was ein Einnahmen-Plus von knapp 12 Prozent bedeutet. Das berichtet die Stiftung Warentest auf ihrer Webseite.
Wichtigste Einnahmequelle bleiben aber die Heftverkäufe und Abos. Die monatliche verkaufte Auflage der Zeitschrift "Finanztest", welche sich den Themen Finanzen, Versicherung und Altersvorsorge widmet, lag im Monatsschnitt 2017 bei 205.000 Exemplaren. Das ist ein leichter Rückgang gegenüber dem Vorjahr, als pro Monat ca. 206.000 Hefte verkauft werden konnten. Bei der Zeitschrift "test", die sich anderen Produkten widmet, betrug die monatlich verkaufte Auflage im Schnitt 396.000 Exemplare (2016: 411.000). Zusätzlich wurden 130.000 Bücher mit Themen wie "Das Vorsorge-Set" verkauft.
Insgesamt hat die Stiftung Warentest 2017 einen positiven Jahresabschluss von 2,4 Millionen Euro erzielt. Mit knapp 48 Millionen Euro Umsatz hat sie den Wert des Vorjahres um rund eine Million Euro übertroffen. Ende 2017 beschäftigte die Stiftung 224 (2016: 220) Mitarbeiterinnen und 139 (136) Mitarbeiter. Rechnet man die 194 Teilzeitstellen in Vollzeit um, entspricht das knapp 307 Stellen.
Testsiegel-Vergabe auch umstritten
Die Vergabe solcher Siegel öffentlicher und auch privater Testinstitute ist nicht unumstritten. Einerseits sollen sie Anreiz sein, hochwertig qualitative Produkte und Services anzubieten, um damit auch werben zu können. Auch sollen sie Verbrauchern eine Orientierung bieten. Aber es besteht der Verdacht, dass manche Institute Testsiegel am Fließband und in hoher Zahl vergeben, weil sie dies als Einnahmequelle entdeckt haben. So erhielt zum Beispiel bei einem Test von Berufsunfähigkeitsversicherungen im Magazin „Finanztest 02/2017“ fast jeder zweite Tarif die Note „sehr gut“.
Es ist zudem fraglich, ob diese Testsiegel bei komplexen Finanz- und Versicherungsprodukten tatsächlich den Verbrauchern eine Orientierung bieten - oder, im Gegenteil, sogar ein Anreiz schaffen, ungeeignete Tarife abzuschließen. Oft werden die Testsiegel auf der Basis von Modellkunden vergeben, die nur einen kleinen Ausschnitt potentieller Verbraucher widerspiegeln.
Grundsätzlich gilt, dass die Qualität einer Versicherung oder Altersvorsorge auch von den individuellen Wünschen und der Lebenssituation eines Versicherungsnehmers abhängig ist. Beispielsweise kann selbst ein Testsieger-Tarif der Stiftung Warentest in der privaten Krankenversicherung für bestimmte Patienten völlig ungeeignet sein, wenn er für bestimmte Hilfsmittel, auf die der Versicherte angewiesen ist, nicht aufkommt.
Die „Stiftung Warentest“ versucht möglichen Interessenkonflikten entgegenzuwirken, indem sie die Lizenzvergabe an einen externen Dienstleister auslagert. Dabei handelt es sich um die RAL gGmbH, die auch für die Kontrolle der korrekten Werbung mit Testergebnissen zuständig ist. Sie wacht unter anderem darüber, dass Firmen nicht mit veralteten Testsiegeln werben oder sie missbräuchlich einsetzen - zum Beispiel für Produkte, die gar nicht untersucht wurden.
15 Prozent der Testsiegel an Versicherer und entsprechende Dienstleister vergeben
Tatsächlich sind die Testsiegel von „Stiftung Warentest“ auch bei Versicherern gut nachgefragt. Von den 698 Lizenzverträgen, die 2017 abgeschlossen wurden, bezogen sich 15 Prozent auf Versicherungen: damit landet die Branche auf Rang drei der häufigsten Lizenznehmer. Die meisten Lizenzverträge wurden für Produkte aus den Bereichen Haushalt und Garten (36 Prozent) sowie Multimedia (16 Prozent) vergeben.
646 dieser Lizenzverträge - und damit der Großteil - entfielen auf das Lizenzmodell "Silber". Es kostet laut Webseite des Lizenzgebers RAL pro Jahr 7.700 Euro beziehungsweise 11.000 Euro für eine zweijährige Nutzung. Dem getesteten Unternehmen ist es dabei gestattet, mit dem "Stiftung Warentest"-Logo auf den entsprechenden Produkten, in wichtigen Verkaufsräumen ("Point of Sale") sowie in Online- und Printmedien zu werben. Als zweites Modell wird die "Gold"-Lizenz angeboten. Sie erlaubt zusätzlich die Werbung im Fernsehen und Kino und kostet 18.000 Euro im Jahr (bzw. 30.000 Euro in zwei Jahren).