Die europäischen Versicherer warnen aktuell vor unsicherer Smarthome-Technik. Während viele Systeme Komfort und Sicherheit versprechen, seien sie selbst Einfallstore für Hacker und Kriminelle. Auch könne die zunehmende Vernetzung der Haushalts-Technik bisher unbekannte Folgeprobleme auslösen.
Die Heizung lässt sich bequem per App regulieren und voreinstellen, während man gar nicht in den eigenen vier Wänden ist, die Rollläden öffnen und schließen automatisch, und ein Signal schlägt Alarm und ruft automatisch die Polizei herbei, wenn sich ein Einbrecher am Fenster zu schaffen macht. So oder so ähnlich werben viele Anbieter für sogenannte Smart-Home-Technik. Dabei werden elektrotechnische Geräte und Installationen genutzt, um Anwendungen im Haushalt zu verknüpfen und zu automatisieren. Das Versprechen: Mehr Komfort, mehr Sicherheit und elektronische Geräte, die mitdenken.
Vor genau diesen Smart Home-Techniken warnt nun der europäische Versicherer-Dachverband „Insurance Europe“ (IE). Denn viele der Systeme bedeuten selbst Risiken. Das berichtet die Schadenverhütung des Deutschen Versicherungsdachverbandes (VdS) in einem aktuellen Pressetext. Die zunehmende Vernetzung der Hausgeräte könne nicht nur in vielfachen Störfaktoren resultieren, sondern auch in immer neuen, teils sogar bisher unbekannten Risiken, schreiben die Schadensexperten.
“Stiftung Warentest“: Smart-Home-Systeme mit Sicherheitslücken
„Smart“ sei definitiv nicht automatisch gleichzusetzen mit „sicher“, schreibt der VdS im Pressetext. Und verweist auf eine Studie der Stiftung Warentest in ihrer aktuellen Ausgabe, wo Smart-Home-Systeme geprüft wurden. Deren Untersuchungsfazit lautet: „Schwach gegen Einbrecher. Keins der getesteten Systeme schneidet gut ab“.
Vier Smart-Home-Systeme haben die Tester für ihre August-Ausgabe unter die Lupe genommen. Und festgestellt, dass diese viele Schwachstellen haben. Sie garantieren unter anderem keine automatischen System-Updates, so dass sich Sicherheitslücken bei veralteter Software als Einfallstore für Hacker entpuppen können. Die Anfälligkeit für Fehlalarme sei hoch: Schon ein Tier wie eine Katze oder ein Hund könnten den Fehlalarm mit kleinsten Bewegungen auslösen. Auch seien die Smart-Home-Lösungen für Sabotage von Hackern anfällig.
Positionspapier zu Smart-Home-Risiken
In einem aktuellen Positionspapier wägt der Dachverband der europäischen Versicherer nun Nutzen und Risiko des Einbruchschutzes aktueller Smart-Home-Systeme (die oft auch bei gewerblichen Risiken eingesetzt werden) für Endkunden wie Versicherer ab. Dabei werden Veröffentlichungen von Behörden und weiteren anerkannten Institutionen zusammengefasst.
Typische Schwachstellen aus Sicht des Verbandes sind unter anderem die übliche 1-Faktor-Authentifizierung, denn diese sei zu schwach. Stark vereinfacht bedeutet das Verfahren, dass die Anwender mit einem einzigen Passwort auf viele Anwendungen des Systems gleichzeitig zugreifen und diese steuern können. Auch die unverschlüsselte Übertragung von Videodaten, keine Beschränkungen der Falscheingabe von Zugangsdaten sowie unsichere Anwendungs-Schnittstellen und Apps sind Einfallstore für Kriminelle.
Vor Do-it-yourself-Einbau wird gewarnt
Sebastian Brose, Leiter des VdS-Produktmanagements im Geschäftsbereich Produkte und Unternehmen, betont: „Die Versicherungsexperten wagen auch einen für die Sicherheitsbranche hoffentlich hilfreichen Ausblick in die Zukunft – und fordern ihre Mitglieder in Europa auf, zu verhindern, dass sich bei den Versicherungsnehmern eine Scheinsicherheit einstellt. Wichtig für qualifizierte Errichter: Gerade vor Do-it-yourself-Einbau wird gewarnt.“
Auch die Tester von „Stiftung Warentest“ haben demnach beobachtet, dass viele Privatnutzer auf einen Fachmann verzichten, wenn sie Smart Home in ihre Wohnung holen. Dieser kann schnell mehrere tausend Euro kosten, abhängig davon, was alles installiert und geändert werden muss. Stattdessen bauen die Wohnungseigner die Technik selbst ein. Weil die Systeme hochkomplex sind und mitunter schwer zu verstehen, kommt es hierbei oft zu Fehlern: die dazu beitragen, dass die Technik unsicher ist.
Ein Fazit des Positionspapiers des Versicherungs-Dachverbandes: Die Versicherer als Meinungsbildner für Schadenverhütung sollen die Anwendung geeigneter Standards im Smart-Home-Segment forcieren. Die fünfseitige Publikation (englisch) finden Sie zum Download auf vds-home.de.