Wenn Versicherungsmakler eine Lebensversicherung zum Nachteil des Kunden umdecken, müssen sie den daraus entstehenden Schaden im Zweifel ersetzen. Das zeigt auch ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH). Demnach kann ein Kunde auf Schadensersatz klagen, wenn ihm der Vermittler nicht vorrechnete, wie sich eine Umdeckung der Leben-Police finanziell auswirkt. Das Unterlassen einer Vergleichsrechnung bewirkt eine Beweislastumkehr zu Lasten des Maklers.
Der Bundesgerichtshof hat mit einem aktuellen Urteil die Rechte von Kunden gestärkt, wenn sie sich durch einen Vermittler schlecht beraten fühlen. Demnach sind Versicherungsmakler verpflichtet, eine Vergleichsberechnung vorzunehmen, wenn sie einen alten Leben-Vertrag in einen neuen umdecken. Eine Feststellungsklage auf Schadensersatz können Kunden auch dann verlangen, wenn der finanzielle Schaden noch gar nicht feststeht (Urteil vom 26. Juli 2018, Az.: I ZR 274/16).
Fondsgebundene Rentenversicherung im Rürup-Rente umgedeckt
Im verhandelten Rechtsstreit hatte der Kläger bei einem Maklerbüro 1999 zwei fondsgebundene Rentenversicherungen abgeschlossen. Die ließ er sich einiges kosten: 511,29 Euro zahlte er pro Monat in jeden Vertrag ein. Im Jahr 2006 sprach ihn der Makler erneut an und schlug eine Steueroptimierung vor. Dabei sollte der Beitrag für die beiden Leben-Verträge auf 181,16 Euro gedrückt werden. Für monatlich 1.600 Euro Beitrag sollte der Selbstständige nun in eine fondsgebundene Basisrente einzahlen, besser bekannt als „Rürup-Rente“.
Im Jahr 2013 sprach der Kläger dann mit einem anderen Vermittler desselben Maklerbüros. Der wies ihn indirekt darauf hin, dass die Umschichtung der Policen für ihn von Nachteil gewesen sei. Auf stolze 88.755,03 Euro inklusive Zinsen schätzte der Unternehmer den Schaden, der ihm durch die Umdeckung entstanden sei.
In den Vorinstanzen musste der Kläger noch eine Schlappe einstecken. Sowohl das Landgericht Hamburg als auch das Oberlandesgericht wiesen die Klage zurück. Nicht so der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Sie wiesen darauf hin, dass dem Unternehmer nur eine Umdeckung hätte angeraten werden dürfen, wenn er dadurch besser gestellt gewesen wäre als zuvor. Das war offensichtlich nicht der Fall.
Vermittler müssen ihrem Kunden neuen und alten Vertrag vorrechnen
Hier kommt nun die Vergleichsberechnung ins Spiel, auf die ein Kunde Anrecht hat. Zwar betonte auch der Bundesgerichtshof (BGH), dass die Frage nach einer Besserstellung auch von den individuellen Präferenzen des Versicherungsnehmers abhänge, in diesem Fall also die gewünschte Steuerersparnis. Der Berater hätte die Möglichkeit einer Vergleichsberechnung im Beratungsgespräch aber zumindest ansprechen müssen. Auf Wunsch des Klägers hätte dann geprüft werden können, ob der Abschluss einer Rürup-Rente bei gleichzeitigem Cut der Lebensversicherung lohnen kann.
Beweislastumkehr zu Lasten des Maklers
Die Vorinstanzen hatten noch argumentiert, dass der Kläger seinen wirtschaftlichen Schaden nicht plausibel habe darlegen können. Auch der Bundesgerichtshof betonte nun, der Mann habe nicht schlüssig dargelegt, ob und in welcher Höhe ihm ein Schaden entstanden ist. Hierfür sei ein „vollständiger Vergleich beider Vermögensanlagen“ vonnöten, insbesondere unter Berücksichtigung von Aufbauleistung und Steuerersparnis.
Aber wie bereits in vergleichbaren Urteilen bewirkt die ausgelassene Vergleichsrechnung nun eine Beweislastumkehr. Im Grunde muss nun der Makler nachweisen, den Kunden richtig beraten zu haben. Der Fall wurde an die Vorinstanz zurückgegeben, da weitere Feststellungen vonnöten sind. Unter anderem müsse das Berufungsgericht noch feststellen, ob die Pflichtverletzung des Mitarbeiters -die fehlende Vergleichsrechnung- ursächlich dafür gewesen ist, dass der Kunde seine Verträge umdecken ließ.
“Der Beratungsfehler bestand im Streitfall in einem Unterlassen, nämlich im Unterlassen der erforderlichen Vergleichsberechnung oder jedenfalls des erforderlichen Hinweises auf die Möglichkeit einer solchen Vergleichsberechnung“, heißt es im Urteilstext. „Da der Kläger nicht einmal pflichtgemäß auf die Möglichkeit einer Vergleichsberechnung hingewiesen worden ist, ist nach dem Grundsatz des beratungsgerechten Verhaltens (vgl. dazu etwa BGH, Urteil vom 10. Mai 2012 - IX ZR 125/10, BGHZ 193, 193 Rn. 36 mwN) jedenfalls zu vermuten, dass er sich im Falle des gebotenen Hinweises ohne eine solche Berechnung nicht zu einer Umschichtung entschlossen hätte. Danach ist es Sache der Beklagten, diese Vermutung zu entkräften.“