Welche Risiken und Ängste bestimmen das Bild von der Berufsunfähigkeit? Wie sichern sich die Menschen vor Risiken und drohenden finanziellen Lücken ab? Antwort gibt eine repräsentative Online-Befragung im Auftrag des F.A.Z.-Instituts und der Gothaer Versicherungen.
Ungesunde Körperhaltung und Überforderung durch hohen Leistungsdruck gelten als größte Risiken
Größtes Risiko für Berufsunfähigkeit aus Sicht der Befragten: eine dauerhaft ungesunde Körperhaltung. 43,2 Prozent sehen ihren Beruf hierdurch bedroht. An zweiter Stelle folgt Überforderung durch hohen Leistungsdruck (36,1 Prozent). Jedoch variieren die Angaben nach Tätigkeitsbereichen: Eine Person stimmt eher der Gefahr einer ungesunden Körperhaltung zu, wenn sie einer Bürotätigkeit nachgeht (= 49,4 Prozent). Hingegen sehen sich viele Personen aus den Tätigkeitsbereichen Wissenschaft, Unterricht und Beratung durch Leistungsdruck gefährdet (= 46,8 Prozent).
Wichtig für die Berufsausübung: die Grundfähigkeiten
Bei Verlust einer Grundfähigkeit ist die Ausübung vieler Berufe unvorstellbar. Die meisten Befragten halten den Sehsinn für wesentlich: 65,4 Prozent meinen, sie könnten ohne das Sehen ihren Beruf nicht mehr ausüben. Nur knapp hinter der Fähigkeit des Sehens folgt jene des Denkens: 64,5 Prozent sehen den Beruf gefährdet, wenn sie „nicht mehr klar denken können“. Auf den Rängen wichtiger Grundfähigkeiten schließen sich an: das Sprechen (von 54,9 Prozent als wesentlich für den eigenen Beruf betrachtet) sowie das Hören (von 49,9 Prozent als wesentlich betrachtet).
Antworten zu Grundfähigkeiten variieren nach Geschlecht: Frauen empfinden den Verlust schwerwiegender als Männer. Auch gibt es Grundfähigkeiten, die für bestimmte Tätigkeitsbereiche wichtiger sind als für andere. Mediziner und Handwerker fürchten z.B. den Verlust der Greiffähigkeit.
Wer forscht, unterrichtet oder berät, fürchtet besonders psychische Erkrankungen
Durch welche „gesundheitlichen Einschränkungen infolge einer schweren Erkrankung“ wären Menschen außerstande, ihren Beruf auszuüben? Jede zweite Person gibt bei dieser Frage die „Depression oder eine andere psychische Erkrankung“ an – eine auffallend hohe Zahl. Die Angst vor psychischen Erkrankungen erfordere nach Maike Gruhn von der Gothaer präventive Maßnahmen: Versicherer dürften nicht erst im Leistungsfall, sondern müssten bereits zuvor handeln.
Erneut sehen sich mehr Personen durch das Risiko psychischer Erkrankungen bedroht, wenn sie den Tätigkeitsbereichen Wissenschaft, Unterricht, Beratung entstammen. Bei Menschen aus dem produzierenden Gewerbe hingegen fällt die Angst vor Unfällen besonders auf (genannt aber immerhin auch von 47,3 Prozent der Gesamtgruppe).
In der Rangliste dahinter: Nervenerkrankungen (44,7 Prozent), „Erkrankungen im Skelett- und Muskelbereich“ (43,8 Prozent) sowie die Angst vor einer Tumorerkrankung (41,3 Prozent).
Vorsorge auch eine Frage des Einkommens
Wie aber sorgen die Befragten vor? 43,6 Prozent der Befragten vertrauen auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. 38 Prozent gaben an, über eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu verfügen.
Maike Gruhn, Versicherungsexpertin der Gothaer, hält den Versicherungsschutz vieler Studienteilnehmer aber nicht für ausreichend. Insbesondere Menschen mit niedrigem Einkommen würden die Folgen einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit unterschätzen und wüssten oft nicht, welchen Schutz sie sich leisten könnten. Besser vorgesorgt hätten Menschen mit einem Haushaltsnettoeinkommen über 4.000 Euro: Sie würden sich durch weitere Versicherungsprodukte oder Möglichkeiten des Vermögensaufbaus absichern.
Aber Vermögen kann nur aufbauen, wer etwas vom Einkommen übrig hat. Geringeres Einkommen begrenzt auch die Möglichkeiten zur Absicherung der Arbeitskraft. Hier sei daran erinnert, dass gerade Risikoberufe wie Dachdecker oder Gerüstbauer oft nur schwer einen erschwinglichen BU-Schutz finden.
Die Befragung veranschaulichte auch: Von einem Versicherer wird weit mehr erwartet als das Zahlen von Geldleistungen zur Kompensation finanzieller Lücken. 47,7 Prozent wünschen sich bei Berufsunfähigkeit Pflegeleistungen als zusätzliche Hilfsleistung; 43,4 Prozent wünschen sich Hilfe im Haushalt und in der Familie; 36,4 Prozent wünschen sich Hilfe bei der Organisation von stationärer Behandlung oder Rehamaßnahmen. Auch Hilfen im Eingliederungsmanagement, zum Beispiel Unterstützung bei Umschulungen oder bei Kontaktaufnahme mit dem Arbeitgeber, sind gefragt. Für die Studie wurden mehr als 1.000 Personen im Alter von 16 bis 64 Jahren befragt.