Kfz-Versicherungen - Wo das höchste Sparpotential liegt

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Der Kündigungsstichtag vieler KFZ-Policen naht mit dem 30. November. Wie so oft um diese Zeit häufen sich Studien, die einen Wechsel der Kfz-Versicherung nahelegen: im hart umkämpften Kfz-Segment tobt ein Kampf um den günstigsten Tarif für den Kunden. Eine „Kfz-Tarifanalyse 2018“ der Technischen Hochschule Rosenheim, verfasst von Prof. Dr. Brigitte Kölzer und Benjamin Dörler, errechnete nun das Sparpotenzial von Vergleichsportalen sowie verschiedenen Versicherern.

Studie mit umfangreicher Datenbasis

Was sind die teuersten und günstigsten Versicherer für Kfz-Versicherungen? Welche Einsparungen sind durch einen Versicherungswechsel möglich? Und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, über ein Vergleichsportal den günstigsten Tarif zu finden? Diese Fragen untersuchte eine Studie der Technischen Hochschule (TH) Rosenheim. Die Datenbasis ist beeindruckend:

Zu 1.000 repräsentativen Personenprofilen (500 Testprofile für Neuabschließer einer Versicherung und 500 Testprofile für einen Versicherungswechsel) wurden 367.419 Versicherungstarife erhoben und verglichen durch Zuhilfenahme eines Webcrawlers – eines Computerprogramms, das automatisch im Internet bestimmte Informationen sucht. Die Personenprofile wurden zudem in drei repräsentative Gruppen eingeteilt: Fahrer unter 25 Jahren, Familie mit Kindern sowie Rentner. Die Tariferhebungen fanden für 77 Versicherer und für die Vergleichsportale CHECK24 und Verivox statt.

Was wurde berechnet?

Zum einen berechneten die Forschenden für jeden Vertriebsweg den durchschnittlichen jährlichen Versicherungsbeitrag des günstigsten Tarifs. Zum anderen berechneten sie den Marktpreis, den Beitragsdurchschnitt über alle erhobenen Tarife. Den durchschnittlichen Wert für den günstigsten Tarif und den durchschnittlichen Marktpreis setzte man dann ins Verhältnis, um das Sparpotenzial eines jeden Vertriebswegs zu berechnen.

Zudem wurde die Wahrscheinlichkeit in Prozent berechnet, über einen Vertriebsweg den günstigsten Tarif zu finden. Hierzu setzte man die Anzahl, wie oft der günstigste Tarif über einen Vertriebsweg gefunden wurde, ins Verhältnis zur Anzahl aller günstigsten Tarife.

Größtes Sparpotential laut Studie bei Check24, Verivox und HUK24

Die günstigsten Tarife und damit das größte Sparpotential ermöglichen laut Studie die Vergleichsportale Check24 und Verivox. So würden Verbraucher bei Neuabschluss einer Kfz-Versicherung im Mittel bis zu 243 € Jahresbeitrag sparen gegenüber dem Marktpreis, wenn sie Vergleichsportale nutzen (ermöglicht durch Check24). Und nutzen Verbraucher Vergleichsportale für den Wechsel einer Versicherung, sparen sie im Mittel immerhin noch bis zu 155 Euro (auch dieser Top-Wert wird wieder ermöglicht durch Check24).

Überhaupt geht Check24 als großer Sieger der Studie hervor: In rund 80 Prozent der Fälle hätte der Vermittler die günstigste Kfz-Versicherung bieten können; bei Verivox waren es nur 53 Prozent. Weit abgeschlagen in dieser Rangliste auf Rang drei: Die HUK24, die in 11 Prozent der Fälle einen günstigsten Tarif ermöglichte (und damit den ersten Rang der Versicherer einnimmt).

Quelle: Studie Kfz-Tarifvergleich der Hochschule Rosenheim

Beim durchschnittlichen jährlichen Versicherungsbeitrag der günstigsten Tarife wiederholt sich die Rangliste: Auf Rang eins liegt Check24 (mit einem durchschnittlichen Beitrag von 405,33 Euro), auf Rang zwei liegt Verivox (mit einem durchschnittlichen Beitrag von 414,51 Euro). Rang drei (und damit erneut Rang eins der Versicherer) stellt die HUK24 (mit einem durchschnittlichen Beitrag von 443,78).

Quelle: Studie Kfz-Tarifvergleich der Hochschule Rosenheim

Kritik an aggressiven Geschäftspraktiken der Vergleichsportale

Die Geschäftspraktiken der Vergleichsportale stehen jedoch auch in der Kritik. So berichtete die FAZ „aus Branchenkreisen“, die Online-Anbieter würden 100 Euro und mehr für den Vertragsabschluss einer Kfz-Versicherung bekommen. In jeder Wechselsaison würden die Portale folglich auch aggressiv dafür werben, den Anbieter zu wechseln. Das Problem: jedes Mal, wenn sich der Kunde einen neuen Kfz-Tarif sucht, kassieren die Vergleichsportale auch eine neue Provision. Aus diesem Grund verteuern sich die Prämien grundsätzlich (der Versicherungsbote berichtete). Häufige Wechsel wären also eher im Interesse der Vergleichsportale als nachhaltige Angebote und dauerhafte Kundenbindung.


Der Marktführer HUK Coburg verzichtet deshalb darauf, seine Kfz-Tarife bei Vergleichsportalen zu listen. „Das Geschäftsmodell der Vergleichsportale zielt darauf ab, dass die Kunden jedes Jahr ihre Versicherung wechseln, weil dann die Provisionen fließen. So wird, angetrieben durch immer neue Provisionen, eine Preisspirale befeuert, die den Versicherungsschutz am Ende für alle Kunden teurer macht“, sagte Klaus-Jürgen Heitmann, Vorstandssprecher der HUK-Coburg, bereits Anfang des Jahres in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Er wolle nicht „den Wechselautomaten mit immer neuen Provisionen füttern“.

tückisch: keine Beachtung des Leistungsumfangs

Eine weitere Frage steht zur Diskussion: bilden Studien, die nur die Jahres- und Wechseltarife beachten und nicht die Bedingungen der Policen, das wirkliche Einsparpotential ab? In der Präsentation der Studie verweisen die Wissenschaftler explizit darauf (wenngleich in einer Fußnote), dass die Webcrawler- Methode den Leistungsumfang der Assekuranzen nicht berücksichtigt. Es sind jedoch oft die sogenannten Basis-Tarife der Versicherer, die am günstigsten sind - und Leistungslücken haben können,.

Die Tücke eines solchen Preisvergleichs zeigte eine Untersuchung der Zeitschrift „Finanztest“: einige Anbieter erkaufen niedrige Versicherungsprämien zum Preis besonders ungünstiger Rückstufungstabellen. Die HUK24 – als Versicherer in der Studie der Technischen Hochschule (TH) Rosenheim durch niedrige Beiträge positiv hervorgehoben – wurde auch als Versicherer genannt, der sich in den Basistarifen den günstigen Preis durch eine ungünstige Rückstufung "erkaufte". Dann aber kann es für den Verbraucher schnell tausende Euro teurer werden, sofern er einen Unfall hat.

Bei einem Unfall wird es schnell richtig teuer

Um das kurz zu erklären: Fahren Fahrzeughalter lange unfallfrei, werden sie mit einer günstigeren Versicherungsprämie belohnt. Ausschlaggebend sind die Schadenfreiheitsklassen (SF). Wer 15 Jahre unfallfrei fährt, landet in der Regel in SF 15. Die günstigste Schadenfreiheitsklasse ist bei fast allen Kfz-Versicherern SF 35.

Jeder Stufe der Schadenfreiheitsklasse ist ein bestimmter Prozentsatz zugeordnet, den der Versicherte für unfallfreies Fahren auf den Grundbeitrag erhält. Ein Beispiel: Ein Satz von 50 Prozent wird oft nach zwei bis drei Jahren ohne Schaden erreicht und bedeutet, dass der Versicherte die Hälfte des Grundbeitrags zahlt. Verschuldet der Fahrzeughalter hingegen einen Unfall, wird er herabgestuft und muss dann mehr zahlen. Hier drohen extreme Mehrkosten, denn manche Versicherer stufen den Unfallverursacher nicht nur um eine Schadensfreiheitsklasse zurück, sondern um mehrere. Weil es dann auch Jahre unfallfreies Fahren bedarf, um die alte SF-Klasse erneut zu erreichen, können sich die Mehrkosten auf tausende Euro summieren.

Test.de fasste im Jahr 2017 das Ergebnis einer Studie zusammen: „Im Ergebnis liegen die Mehrkosten (der Rückstufung) bei den meisten Tarifen in unserer Untersuchung beim Vier- bis Fünffachen des bisherigen Jahresbeitrags. Aber es gibt deutliche Ausreißer nach oben. In einigen Tarifen ist das Sechs- oder Siebenfache fällig. Am teuersten wird es in den Basistarifen von Bruderhilfe sowie Huk Coburg und Huk24. Da kostet die Rückstufung fast das Achtfache des Jahresbeitrags.“ Ob die Versicherer mittlerweile nachgebessert haben, wurde nicht geprüft.

Vergleichsportale aber weisen in der Regel nicht aus, ob ein Kfz-Versicherer besonders günstige oder ungünstige Rückstufungstabellen hat. Und das ist heimtückisch. Denn bei einem Versicherer mit ungünstigen Regeln spart der Fahrer nur so lange, wie er keinen Haftpflicht-Schaden hat.