Die Talanx musste am Dienstag eine Gewinnwarnung herausgeben: statt einem angepeilten Gewinn von 850 Millionen Euro rechnet die Konzernspitze nun nur noch mit 700 Millionen Euro Überschuss in 2018. Das bringt Konzernchef Torsten Leue in die Schusslinie. Dabei hat der Versicherer auch unter besonders teuren Schäden zu leiden. Unter anderem beteiligten sich die Hannoveraner an einem Konsortium, das die eingestürzte Brücke in Genua versichert hatte.
Wenn es nicht läuft, dann läuft es nicht. Diese Binsenweisheit lässt sich aktuell auf den Hannoveraner Versicherer Talanx anwenden, Konzernmutter unter anderem der HDI und Mehrheitseigner der Hannover Rück. Am Dienstag musste der Versicherer eine Gewinnwarnung herausgeben. Der neue Firmenchef Torsten Leue prognostiziert für 2018 nun einen Überschuss von 700 Millionen Euro, nachdem eigentlich 850 Millionen angepeilt waren. Über den Vorgang berichtet heute die Nachrichtenagentur dpa-AFX.
Teure Großschäden - und Probleme in Industrieversicherung
Ursache für den schlechteren Trend sind unter anderem mehrere Großschäden sowie eine Häufung kleinerer Millionenschäden in der Industrieversicherung. Dabei hatte der Versicherer gleich mehrfach Pech. In Kolumbien versichert die Konzerntochter HDI ein gewaltiges Staudamm-Projekt: die Ituango-Talsperre. Durch Erdrutsche und Regenfälle stürzte dort ein Umgehungstunnel ein, der das Wasser des angrenzenden Flusses Río Cauca um die Baustelle am Staudamm herumführen sollte. Der Damm soll einmal 225 Meter hoch sein, hatte aber noch nicht die erforderliche Höhe erreicht, um die Wassermassen zurückzuhalten. Er drohte zu brechen - das Leben von 100.000 Menschen stand auf dem Spiel. Der Gouverneur der Provinz musste den Notstand ausrufen.
Den verantwortlichen Bauherren blieb nichts anderes übrig, als das Wasser durch Hallen abzuleiten, in denen wertvolle Maschinen gelagert waren. Diese wurden teilweise zerstört, wie „Blickpunkt Lateinamerika“ berichtet. Auch mehrere Sprengungen mussten durchgeführt und die Anwohner auf eine mögliche Evakuierung vorbereitet werden. Es entstand ein Milliarden-Schaden, doch noch immer dringt Wasser in das Bauwerk und ist die Gefahr nicht ganz gebannt. Keine guten Nachrichten für die beteiligte Talanx, die nun tief in die Tasche greifen muss.
Brückeneinsturz in Genua auch von Talanx abgesichert
Doch damit nicht genug: Am 14. August stürzte im italienischen Genua ein 250 Meter langes Teilstück des Polcevera-Viaduktes ein: eine wichtige Verbindungsstraße unter anderem für den Transitverkehr nach Frankreich, aber auch für den innerstädtischen Verkehr. Bis zu tausend LKW passierten das Bauwerk pro Stunde, berichtet der „Tagesspiegel“, pro Jahr fuhren 25,5 Millionen Fahrzeuge drüber.
Bei dem Einsturz der Brücke fanden nicht nur 43 Menschen den Tod, sondern auch mehrere Gebäude wurden zerstört und die gesamte Infrastruktur geschädigt. Die Talanx zählt neben der Allianz und der Swiss Re auch hier zu den wichtigsten Versicherern, die nun für den Schaden zahlen müssen. Allein der Schaden für Mautausfälle auf der Strecke wird auf 400 Millionen Euro geschätzt. Weil auch der Hafen teils vom Fernverkehr abgeschnitten wurde, ist der gesamte europäische Handel betroffen.
Industrie-Sparte mit zu teuren Schäden
Darüber hinaus sind auch hausgemachte Gründe mitverantwortlich dafür, dass der Gewinn sich nicht wie gewünscht entwickelt. Vor allem die Industrie-Feuerversicherung in Deutschland bereite dem Konzern Probleme, weil die Prämien dort nicht ausreichen, um die Aufwendungen für Schäden, Verwaltung und Vertrieb zu decken, berichtet dpa-AFX. Die vielen teuren Millionen-Schäden sind ein Indiz hierfür.
Es ist nicht das erste Mal, dass der Versicherer in der Industriesparte nachbessern muss: innerhalb kurzer Zeit wurde bereits das zweite Sanierungsprogramm angeschoben, die Prämien sollen um durchschnittlich zwanzig Prozent steigen. Und so wächst der Druck auf Firmenchef Torsten Leue, der erst seit fünf Monaten dem Versicherungskonzern vorsteht. Am Vormittag sackte die Aktie um sechs Prozent auf 29,30 Euro ab: der schlechteste Wert seit zwei Jahren.
Darben sollen die Aktionäre dennoch nicht. Aus heutiger Sicht könne die Talanx für 2018 eine Dividende von mindestens 1,40 Euro je Aktie ausschütten, teilte der Konzern mit: damit liegt man im Soll. Die Ausschüttung sei nicht gefährdet - Stand jetzt.