Ergo: "Die Ausschließlichkeit bleibt unser wichtigster Vertriebsweg"

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Die Ergo hat im Vertrieb ein ehrgeiziges Umbauprogramm gestartet und dabei auch 1.800 Stellen gestrichen. Wie stellt sich einer von Deutschlands größten Versicherern also die Zukunft des Vertriebs vor? Und werden Vermittler aus Fleisch und Blut überhaupt noch gebraucht? Der Versicherungsbote sprach darüber mit Olaf Bläser, Vorsitzender des Vorstands der Ergo Beratung und Vertrieb AG
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Versicherungsbote: Herr Bläser, gerade hatten Sie Halbzeit mit dem Ergo-Strategieprogramm, mit dem Sie im Juni 2016 gestartet sind. Wie ist der Status-Quo im Vertrieb?

Olaf Bläser: Wir haben für die zweite Hälfte des Strategieprogramms bis 2020 einiges vorgenommen. Den Vertrieb haben wir reorganisiert, Doppelstrukturen aufgelöst und eine einheitliche Ausschließlichkeitsorganisation geschaffen. Die erste Halbzeit hat unsere Vertriebsmannschaft erfolgreich gemeistert: Selbst in dieser herausfordernden Phase konnten wir eine Produktionssteigerung verzeichnen. Ich bin stolz auf diese tolle Mannschaftsleistung. Nun ist die Reorganisation des Vertriebs abgeschlossen und wir sind zukunftsfähig und flächendeckend in ganz Deutschland aufgestellt. Für die kommende Halbzeit steht der Kurs ganz klar auf Wachstum.

Wachstum in welcher Hinsicht?

Quelle: Ergo Group AGWachstum in jeder Hinsicht. Also, sowohl im Produktionsvolumen als auch mit Blick auf die Produktivität der Agenturbetriebe. Um wieder stärker im Markt anzugreifen, haben wir all unsere Produkte in den letzten Monaten angepasst und sie innovativ und modular gestaltet. Weil sich Versicherungsprodukte aber nicht von alleine verkaufen, wollen wir in den kommenden drei Jahren rund 1.500 neue Unternehmer, Nachwuchsführungskräfte und Profis für uns gewinnen.

Die Ergo hat gerade erst 1.800 Stellen im Vertrieb gestrichen. Wie passt das zusammen mit der Einstellung 1.500 neuer Vertriebspartner?

Wir haben in der Verwaltung Doppelstrukturen aufgelöst und dadurch Vertriebskosten und Komplexität reduziert. Wir sind nun an einem Punkt, wo wir wieder stärker auf Wachstum setzen und ein attraktiver Vertragspartner für Unternehmer sein wollen. Unser Fokus liegt auf Nachwuchsführungskräften und Vertriebsprofis, die als selbstständige Unternehmer Karriere machen wollen. Unser neues Agenturformat „Kompetenzcenter“ ist zugeschnitten auf effiziente Vertriebsarbeit, ausgerichtet auf zukunftsweisende Kundenberatung und ausgestattet mit moderner digitaler Technik wie Digital Signage. Dabei bündeln wir Kompetenzen von Vertriebspartnern mit unterschiedlichen Spezialisierungen.

Auch haben wir über „Sales Excellence Teams“ einen Best-Practice-Ansatz ins Leben gerufen, wo in Teams, aus dem Vertrieb für den Vertrieb, Verkaufsstrategien und –stories entwickelt werden. Die Umsatzzahlen geben uns recht, dass wir mit Projekten wie diesem auf dem richtigen Weg sind: Teilnehmende Agenturen haben ihren Umsatz um 17 Prozent gesteigert. Daneben unterstützen wir unsere Vertriebspartner natürlich mit marktführender Agentur-Software für effektives Kundenmanagement – inklusive Angebotserstellung und -übermittlung. Im Zusammenspiel mit attraktiven Vergütungsmodellen sind wir ein sehr interessanter Vertragspartner in der Branche.

Die Ergo investiert im Rahmen des Strategieprogramms massiv in die Digitalisierung und hat nun neben ERGO Direkt auch einen reinen Online-Anbieter „nexible“. Dieser ist eine direkte Konkurrenz für die Vertriebspartner. Glauben Sie, dass eine Ausschließlichkeitsorganisation überhaupt noch zukunftsfähig ist?

Selbstverständlich, davon bin ich fest überzeugt. Die Ausschließlichkeitsorganisation bleibt auch in Zukunft unser wichtigster Vertriebsweg. Zielgruppe von nexible sind reine „Online-Kunden“. Für sie haben wir eine neue Marke ohne Ergo-Bezug geschaffen. Die Aktivitäten der Ausschließlichkeit und Ergo Direkt werden wir künftig schrittweise zusammenführen. Wir erreichen damit auf dem deutschen Markt 90 Prozent der Privatkunden über alle Kanäle. Wenn wir die Online- und Offline-Welten sinnvoll miteinander verzahnen, ist das für alle eine Win-Win-Situation. Denn auch, wenn sich viele Kunden im Internet informieren, schließen sie komplexere Versicherungen – wie Altersvorsorgeprodukte – nach wie vor bei ihrem Berater ab.

Wie genau wollen Sie das schaffen?

Es ist wichtig, mit einer ganzheitlichen, digitalen Beratung den 360-Grad-Blick auf den Kunden zu haben. Aus diesem Grund haben wir mit unserem Investitionsprogramm einerseits in die klassische Infrastruktur, andererseits aber auch in die Digitalisierung der Beratungsprozesse in unserem Agentursystem investiert. Wir unterstützen unsere Agenturen mit verschiedenen digitalen Innovationen wie moderne Homepages mit WhatsApp-Kommunikation, Anbindung der sozialen Netzwerke und Online-Terminbuchungsmöglichkeiten, omnikanalfähige Produkte, digitalisierte Antragsprozesse, innovative Apps oder auch Alexa als digitalen Sprachdienst. So haben unsere Vertriebspartner mehr Zeit für das Wesentliche: Das persönliche Gespräch mit dem Kunden.

Die Fragen stellte Björn Bergfeld