Die neuste Studie von Gewerbeversicherung24, PolicenDirekt und EY Innovalue „Gewerbeversicherung 2018 – was Kunden wirklich wollen“ setzt sich mit dem Einfluss der Digitalisierung auf das Gewerbesegment auseinander. Im Interview spricht Florian Brokamp, Gründer und Geschäftsführer von Gewerbeversicherung24, darüber was Kunden wirklich bewegt und was dies für den Versicherungsvertrieb bedeutet.
Versicherungsbote: Sowohl im Vertrieb als auch in der Produktentwicklung - die Wünsche der Kunden zu kennen, ist für Versicherer unverzichtbar. Und genau mit diesem Thema beschäftigt sich Ihre neuste Studie. Inwiefern verändert die Digitalisierung die Bedürfnisse der Kunden im Gewerbesegment?
Florian Brokamp: Der wohl wesentlichste Unterschied liegt darin, dass die Anforderungen des Kunden an eine digitale Customer Journey immer höher werden. Aus anderen Bereichen ist er das nun mal auch so seit Jahren gewohnt. Das bedeutet weniger Wartezeit – auch durch Self-Service –, mehr Transparenz und auch digitale „Touchpoints“. Man kann das in den Privatsparten wie bei einer Haftpflicht schon deutlich sehen. Dabei ist nicht nur der Abschluss selbst gemeint, sondern der ganze Prozess von Informationsbeschaffung über Abschluss bis hin zum After-Sales.
Aber besonders auffällig - anders als von vielen vermutet, bleiben Vermittler wohl ein unverzichtbarer Teil des Prozesses. Denn auch wenn sich Kunden bei der Informationsbeschaffung heute und in Zukunft vermehrt vor allem selbst im Internet bedienen möchten, bleibt der Bedarf nach einer analogen bzw. hybriden Beratung bestehen.
Was bedeuten diese Veränderungen für den Vertrieb?
Um in der digitalen Welt vertrieblich langfristig erfolgreich zu sein, muss sich der Vertrieb selbst digitalisieren. Der Kunde wird anspruchsvoller und erfordert dadurch bessere Beratungsqualität und -prozesse. In einer Zeit, in der der Kunde unabhängig von der eigenen Beratung bereits Informationen gesammelt und sich eine Meinung gebildet hat, muss der fachkundige Vertrieb ordentlich ausgestattet sein. Das geht jedoch häufig nur mit der eigenen Investition in technische Hilfsmittel als auch mit der Unterstützung des Produktgebers – also des Versicherers. Der Versicherer muss seinen Vertriebskanälen ebenfalls digitale Tools zur Verfügung stellen, die ihnen bei der Beratung und dem Vertrieb der Produkte fachlich und prozessual helfen.
Ohne den passenden Support werden es vor allem Ausschließlichkeitsvertreter in Zukunft schwer haben. Das Vergleichen von Angeboten und die damit einhergehende Transparenz werden dank des Internets mehr und mehr zur Normalität für jeden Kunden, auch im Gewerbebereich. Um auch weiterhin auf dem Markt bestehen zu können, müssen sich daher auch Ausschließlichkeitsvermittler diesem Trend anpassen. Auch sie müssen sich mehr mit den Produkten auf dem Markt auseinandersetzen um Argumente liefern zu können, worin die Vorteile der eigenen Produkte liegen. Nur so lassen sich Markengebundenheit und das Bedürfnis nach einem Marktvergleich unter einen Hut bringen.
Wo sehen Sie die Herausforderungen für den Vertrieb?
Der Vermittler steht ohnehin vor wachsenden Anforderungen durch die Regulatorik und dem zunehmend anspruchsvolleren Kunden. Das erhöht den Investitionsdruck in die eigene Infrastruktur. Solche Investitionen kann ein Großteil der Vermittler aber gar nicht alleine stemmen. Hierbei gilt es bei möglichst überschaubarem Aufwand den eigenen Nutzen zu optimieren – beispielweise durch die Nutzung einer technischen Vertriebsplattform. Hier werden kleineren und mittelgroßen Vermittlern bereits Lösungen über Pools oder andere Vertriebsgesellschaften geboten.
Nehmen wir mal die Sicht des Versicherers. Die Digitalisierung bietet für alle am Markt viele noch ungeahnte Möglichkeiten. Im Umkehrschluss bedeutet das jedoch auch: Wer diese Möglichkeiten nicht für sich nutzt, wird von der Konkurrenz abgehängt. So ist die neu geschaffene Transparenz am Markt beispielsweise Fluch und Segen zugleich. Es gibt eine nie da gewesene Sichtbarkeit der eigenen Angebote. Damit einher geht aber auch immer stärkere Konkurrenz. Während Vermittler in der Vergangenheit bei einer Ausschreibung nur einen Teil des Marktes verglichen haben, treten jetzt alle am Markt vertretenen Produktgeber potenziell in Konkurrenz. Das erfordert ein noch stärkeres Umdenken bei der Art, wie Versicherer über den Vertrieb nachdenken. Die Digitalisierung wird viel stärker in Gewinner und Verlierer spalten.
Teil 2 des Interviews lesen Sie am Montag beim Versicherungsboten