Doch kann das Baukindergeld tatsächlich all die Erwartungen erfüllen, die durch den Bundesinnenminister geweckt wurden? In der Mehrheit der Argumente, die vor Einführung des Zuschusses diskutiert wurden, überwiegt der Zweifel. Ein zentrales Argument der Diskussion entstammt jener Studie, die das Pestel-Institut im Auftrag des Branchenzusammenschlusses „Verbändebündnis Wohneigentum“ erstellte. Demnach steige der Anteil der Haushalte mit Wohneigentum höchstens um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte an. Der Effekt: nahe Null.
Zwar werde das Geld gern von jenen in Anspruch genommen bzw. „mitgenommen“, die sich eh eine Eigentumswohnung oder ein Eigenheim hätten leisten können. Dass aber Familien erst durch diesen Zuschuss in die Lage versetzt werden, Wohneigentum zu erwerben, geschieht in nur wenigen Fällen. So sprechen die Autoren der Studie auch von einer “speziellen Familienförderung“ statt von einer „ausgeprägten Wohnbauförderung“. Das Problem dieser Familienförderung: gefördert werden nur Familien ab einer bestimmten Einkommenshöhe, denn den Bau oder Kauf von Immobilien muss man sich erst einmal leisten können.
Die „soziale Frage“ des Baukindergelds
Befürchtungen, das Kindergeld nutze mehrheitlich Gutverdienern, stammen nicht nur von Experten des Pestel-Instituts. Selbst der Bundesrechnungshof kritisiert die Gefahr „erheblicher Mitnahmeeffekte“ in einer Stellungnahme, aus der das Handelsblatt zitiert. Ein Vergleich mit der (im Jahre 2005 abgeschafften) Eigenheimzulage bringt den sozialen Brennstoff des Baukindergeldes auf den Punkt: mussten doch auch „Haushalte mit geringem Einkommen, die sich trotz Zulage kein Wohneigentum leisten konnten, mit ihren Steuergeldern die Eigenheime Besserverdienender mitfinanzieren.“ So wird auch in Zweifel gezogen, ob das Baukindergeld wirklich bei der „Schaffung von bezahlbarem Wohnraum“ helfe.
Die Vize-Fraktionschefin der Linken, Caren Lay, weist in diesem Kontext darauf hin, dass sich viele mittelständische Familien schon aufgrund der hohen Mietpreise in Ballungsräumen gar nicht das Geld für einen Eigenheimbau ansparen können. Und Claus Michelsen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin kritisiert, dass die Probleme auf dem Mietwohnungsmarkt „weiter ungelöst“ sind und dass die Ausgaben für das Baukindergeld „auf mehr als das Doppelte“ hinauslaufen als die aktuellen Ausgaben für den sozialen Wohnungsbau.
Das Verteuerungsargument: Geld für Immobilienverkäufer, Bauunternehmen oder Verkäufer von Baugrund statt für Familien?
Ein wesentliches Thema der Diskussion um das Baukindergeld ist die Wirkung dieses Zuschusses in Ballungsräumen. In Zeiten, in denen die Wohnungsnot Mieten stärker ansteigen lässt als die Inflation, birgt die Frage der Auswirkung vom Baukindergeld auf städtische Mieten weiteren sozialen Sprengstoff. Statt dass nämlich eine Entzerrung der Wohnungsmärkte eintritt, könnte auch das Gegenteil eintreten: die Mieten in Städten wie Berlin oder München könnten weiter explodieren.
So vermutet Michael Voigtländer vom Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW) eine Verteuerung des Baugrunds und der Immobilien: In Zeiten einer großen Nachfrage und eines knappen Angebots würde das Baukindergeld die Preisblase auf dem Immobilienmarkt weiter aufpumpen. Auch Claus Michelsen vom DIW sieht die Gefahr eines „Überbietungswettbewerbs“, so dass die Steuergelder letztendlich an die Immobilienverkäufer statt an die Haushalte gezahlt werden. Das Wohnen in der Stadt werde also durch das Baukindergeld nicht billiger, sondern sogar teurer, was besonders Haushalte mit niedrigem Einkommen belaste.
Positiver Effekt einer Stärkung des ländlichen Raums?
Aufgrund der Einführung des Baukindergelds werden aber auch Effekte diskutiert, die positiver zu bewerten sind. Eine These bezieht sich auf die unterschiedlichen Immobilien- und Baugrundpreise in Stadt und Land. Während in Ballungsräumen Immobilien und Baugrund immer teurer werden, haben einige ländliche Regionen mit einer wahren „Landflucht der Jugend“ zu kämpfen.
Die Autoren der Pestel-Studie vertreten die These, die Nachfrage könnte sich aufgrund des Baukindergeldes eher in ländliche Gebiete verlagern, da dort ein größerer Teil der Gesamtkosten mit dem Baukindergeld abgedeckt werden würde. Ein solcher Effekt, wenngleich er aufgrund steigender Pendlerzahlen widersprüchlich zu Zielen der Klimapolitik steht, könnte also tatsächlich zu einer Entzerrung der Wohnungsmärkte in den Ballungsräumen beitragen.
Nimmt man nun noch an, dass sich durch eine solche Entzerrung auch der Druck auf Mietpreise mindert, würde das Baukindergeld tatsächlich einen Teil der positiven Erwartungen einlösen. Die Frage freilich ist, ob und in welchem Umfang dieser Effekt tatsächlich eintritt. Denn die Zweifel der Experten überwiegen, ob das Projekt der Bundesregierung tatsächlich jenen nützt, die davon profitieren sollen: den Familien.