Stürme und Starkregen, Hagel, Überschwemmungen: die zunehmenden Unwetter machen der Wohngebäudeversicherung zu schaffen. Das zeigt sich auch an den durchschnittlichen Geschäftszahlen jener fünfzig Versicherer, die im Branchenmonitor Wohngebäude 2015-17 untersucht wurden: Die durchschnittliche Schaden-Kosten-Quote lag im Vorjahr mit 98,67 Prozent nur knapp unterhalb der kritischen 100-Prozent-Marke, wobei 40 Prozent aller Unternehmen sogar Verluste schrieben.
Die Wohngebäude-Versicherer blicken auf ein schwieriges Jahr 2017 zurück. Das zeigt der Branchenmonitor der V.E.R.S. Leipzig GmbH und des Marktforschers YouGov, für den die Geschäftszahlen von 50 Versicherern ausgewertet wurden. Im Schnitt mussten die Anbieter ein negatives versicherungstechnisches Ergebnis ausweisen: in der Bilanz steht ein Fehlbetrag von 3,63 Millionen Euro. Veränderungen der Schwankungsrückstellung wurden hierbei nicht eingerechnet. Und das, obwohl die ganz großen Unwetterkatastrophen im Jahr 2017 sogar ausgeblieben sind. Jedoch richten extreme Wetterphänomene regional einen immer größeren Schaden an.
Der Versicherungsbote hat sich Zahlen für die Branchengrößen genauer angesehen. Besonders die Geschäftsergebnisse des Branchenprimus Allianz verweisen auf die Probleme der Branche. Einige Unternehmen heben sich aber auch durch gute Geschäftszahlen vom Gesamtfeld ab.
Wohngebäudeversicherung: Die Branchen- "TopTen" nach Marktanteilen
Erneut sei zunächst daran erinnert: Tochtergesellschaften unter dem Dach eines Versicherers werden in den Branchenmonitoren nach Rechtsform getrennt ausgewiesen, so dass zum Beispiel Töchter unter dem Dach der HUK-Coburg oder der DEVK getrennt in die Bewertung eingehen. Folgt man dieser Methodik, dominieren folgende Unternehmen den Wohngebäude-Markt nach gebuchten Bruttoprämien in 2017:
Wie in so vielen Branchen ist auch bei der Wohngebäudeversicherung die Allianz marktführend: 942,48 Mio. Euro gebuchte Prämien für 2017 sichern ihr einen Marktanteil von 13,09 Prozent. Als zweitgrößter Versicherer nach Marktanteilen erscheint die SV Gebäudeversicherung, die mit 556,4 Mio. Euro gebuchten Prämien 7,73 Prozent des Marktes halten kann. Der Sparkassen-Versicherer ist vor allem in den Bundesländern Baden-Württemberg, Thüringen, Hessen und Rheinland-Pfalz vertreten, dort aber teils sehr stark in der Wohngebäude-Versicherung aufgestellt.
Es folgen nach absteigender Größe: die R+V Allgemeine mit 458,16 Mio. Euro gebuchten Prämien und 6,37 Prozent des Marktes, die AXA mit 421,18 Mio. Euro gebuchten Prämien und 5,85 Prozent des Marktes sowie die Westfälische Provinzial mit 331,60 Mio. Euro gebuchten Prämien und 4,61 Prozent des Wohngebäude-Marktes. Als Branchensechster nach Marktanteilen schließt sich die Provinzial Rheinland an: 294,55 Mio. Euro Prämien für 2017 ermöglichen ihr 4,09 Prozent des Marktes.
Siebtgrößter Versicherer darf sich der Bayerische VersVerband nennen mit 277,37 Mio. Euro und 3,85 Prozent vom Markt. Rang acht nach Marktanteilen: Die LVM, die durch 260,87 Mio. Euro einen Marktanteil von 3,62 Prozent hält. Rang neun erwirtschaftet die VGH Landschaftliche Brandkasse mit 212,73 Mio. Euro gebuchten Prämien für 2017 und 2,96 Prozent des Markes. Auch die Generali schafft es noch in die "TopTen" der Branchengrößen mit 203,77 Mio. Euro an gebuchten Prämien und einem Marktanteil von 2,83 Prozent.
Allianz als Branchenprimus: sorgenerregendes Ergebnis
Obwohl zwanzig der fünfzig im Monitor analysierten Unternehmen eine Combined Ratio von über 100 Prozent ertragen müssen, betrifft es nur drei Wohngebäudeversicherer aus der Reihe der Branchenführer. Die glimpflichste Quote dieser Schaden-Kosten-Verlierer für 2017 erwirtschaftet die VGH Landschaftliche Brandkasse, mit einer Combined Ratio von 101,64 Prozent.
Eine noch etwas schlechtere Quote erzielt der Bayerische VersVerband mit 103,76 Prozent. Unter den zehn größten Unternehmen der Branche aber muss die Allianz, mit einer Combined Ratio von 104,42 Prozent, den schlechtesten Wert aushalten. Für das Gesamtfeld aller Versicherer der Branche erscheint dieses Ergebnis noch „moderat“, bedenkt man, dass dreizehn Versicherer schlechtere Quoten als die Allianz aufweisen – der „Schaden-Kosten-Verlierer“ des Gesamtfeldes ist die Feuersozietät Berlin Brandenburg mit einer Combined Ratio von 154,44 Prozent.
Viele Versicherer mit Fehlbetrag in Wohngebäude-Bereich
Jedoch verursachen die Branchengrößen mit Blick auf einen weiteren Bilanzposten Grund zur Sorge: ein Minus beim versicherungstechnischen Ergebnis vor Veränderung der Schwankungsrückstellung müssen fünf der zehn größten Versicherer bekanntgeben. Für die Generali ergibt sich demzufolge ein Jahresfehlbetrag von 14,22 Mio. Euro für 2017, die VGH Landschaftliche Brandkasse nimmt einen Fehlbetrag von 14,71 Mio. Euro in Kauf. Schlimmer noch erwischt es die R+V Allgemeine mit einem Minus von 20,85 Mio. Euro sowie den Bayerischen VersVerband mit einem Minus von 27,24 Mio. Euro – der zweitgrößte Fehlbetrag aller fünfzig Versicherer.
Den mit Abstand schmerzlichsten Fehlbetrag aber nimmt, freilich zugleich als marktgrößter Versicherer, die Allianz hin: Ein Minus von 85,54 Mio. Euro muss für 2017 als versicherungstechnisches Ergebnis eingestanden werden. Der Fehlbetrag zeigt zudem eine auffallende Verschlechterung gegenüber 2016, als die Verlustrechnung „nur“ einen Fehlbetrag von 29,56 Mio. Euro für die Allianz ergab. 2015 lag der Fehlbetrag der Münchener bei 40,83 Mio. Euro. Das Auf und Ab der Fehlbeträge für den Branchenprimus spiegelt nicht nur die Probleme der Branche wider, sondern auch Unwägbarkeiten hinter den extremen (Un-)Wetterphänomenen.
Axa und öffentliche Versicherer wirtschaften am einträglichsten
Unter den branchengrößten Versicherern glänzen drei Unternehmen aber auch mit besonders guten Geschäftszahlen. Die Axa präsentiert die auskömmliche Combined Ratio von 86,99 Prozent für 2017. Noch auskömmlicher ist das Verhältnis von Schaden- und Betriebsaufwendungen gegenüber Prämieneinnahmen bei der Westfälischen Provinzial, denn 79,42 Prozent sichern ihr die fünftbeste Combined Ratio aller fünfzig untersuchten Unternehmen. Platz eins aber im Schaden-Kosten-Ranking der Branchengrößen: Die SV Gebäudeversicherung mit einer Combined Ratio von 78,54 Prozent und dem drittbesten Wert aller fünfzig Versicherer.
Solche Werte finden auch ihre Antwort beim versicherungstechnischen Ergebnis (vor Veränderung der Schwankungsrückstellung): Mit einem Jahresüberschuss von 30,65 Mio. Euro erreicht die SV Gebäudeversicherung sogar den besten Wert aller fünfzig Versicherer für 2017 und prunkt bei diesem Posten auf dem Siegertreppchen. Aber auch die Ergebnisse der Axa mit einem Überschuss von 26,93 Mio. Euro und oder der Westfälischen Provinzial mit einem Überschuss von 24,62 Mio. Euro machen, als Ergebnis in einer krisengeschüttelten Branche, doch einiges her.
Hintergrundinformationen: der „Branchenmonitor Wohngebäudeversicherung 2015-2017“
Ausgewertet wurden für den „Branchenmonitor Wohngebäudeversicherung 2015-2017“ BaFin-Berichte der Jahre 2015-2017 sowie das Statistische Jahrbuch 2018 des Branchenverbandes GDV, ebenso verschiedene Daten aus den Jahresabschlüssen der Versicherer. Der Monitor deckt 50 Versicherer und damit 94 Prozent des Wohngebäudemarktes ab und kann kostenpflichtig auf der Webseite der V.E.R.S. Leipzig GmbH bestellt werden.