Die Zeitschrift "Finanztest" hat Wohngebäude-Policen verglichen. Von 108 Policen haben 51 nicht überzeugen können und erhielten ein "mangelhaft". Ursache ist, dass der Versicherer bei grober Fahrlässigkeit die Leistung kürzt.
Zahlenmäßig fast ausgewogen in der Verteilung auf zwei Gruppen, zeigt das Testergebnis jedoch einen gewaltigen Leistungsunterschied: Von 108 Wohngebäude-Tarifen, die Ende des letzten Jahres durch die Stiftung Warentest auf ihre Bedingungen geprüft wurden, schlossen 42 Tarife mit „sehr gut“ ab, 51 Tarife aber erhielten ein „mangelhaft“. Somit konnten zwar einerseits rund 44 Prozent der Versicherungsprodukte mit ihrem Ergebnis glänzen, mehr als die Hälfte der Tarife aber fiel komplett bei der Wertung des Tests durch.
Das Testergebnis hat seinen Grund, so argumentiert "Finanztest". Denn etwa jeder zweite Vertrag sehe bei grober Fahrlässigkeit massive Kürzungen der Schadenleistungen vor, zudem zeigen viele Policen erhebliche Deckungslücken. Im Schadenfall wären solche Verträge für den Kunden schlicht existenzgefährdend. Umso wichtiger ist es, beim Abschluss eines neuen Versicherungsvertrags oder beim Prüfen eines bestehenden Vertrags auf den Deckungsumfang der Wohngebäudeversicherung zu achten und dadurch gute von schlechten Tarifen zu scheiden.
Der Leistungsumfang zählt: Man trenne die "Spreu" vom "Weizen"
Die Testergebnisse des Verbraucherportals sind nur kostenpflichtig abrufbar. Dennoch werden bei Vorstellung der Ergebnisse Tipps gegeben, die beachtenswert sind. Der Versicherungsbote hat sich die Empfehlungen der Verbraucherschützer angesehen. Und eine Empfehlung wird mit besonderem Nachdruck vorgebracht: Die „grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls“ sollte unbedingt im Deckungsumfang einer Wohngebäudeversicherung enthalten sein – was zugleich bedeutet, dass durch den Vertrag auf Kürzungen bei grober Fahrlässigkeit verzichtet wird.
Schneller tritt ein solcher Schaden mit teils hohen Folgeschäden ein, als manch einer annimmt: Eine vergessene Pfanne auf dem heißen Herd, ein offen gelassenes Kellerfenster, eine unbeaufsichtigt gelassene Kerze oder eine überlaufende Wanne – bei Schäden durch diese nicht unwahrscheinlichen Szenarien wird die Versicherung kaum zögern, dem Kunden grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Wichtig ist, dass der Kunde dennoch abgesichert ist.
Wird aber durch Klauseln die Deckung bei grober Fahrlässigkeit eingeschränkt, muss von dem Produkt abgeraten werden. Wer bereits eine Wohngebäude-Police sein eigen nennt, sollte diese mit Blick auf Schadenleistung bei grober Fahrlässigkeit prüfen und notfalls kündigen, um sich nach einem besseren Tarif umzusehen.
Folgende Leistungen sollte eine Police mitversichern
Weitere Leistungen schätzt die Stiftung Warentest, neben der Deckung bei grober Fahrlässigkeit, als „besonders wichtig“ ein. Aufgezählt werden:
- Abbruch- und Aufräumkosten sollten in den Leistungen einer Police enthalten sein.
- Bewegungs- und Schutzkosten sollten in den Leistungen einer Police enthalten sein, die zum Beispiel anfallen, wenn bei Behebung eines Schadens das Mobiliar aus einer Wohnung oder einem Haus ausgelagert werden muss.
- Überspannungsschäden sollten durch die Police mitversichert sein. Sind doch viele Schäden denkbar, die nicht unmittelbar durch Blitzeinschlag in ein Haus oder Gebäude eintreten, sondern durch Einschlag des Blitzes zum Beispiel in eine Überlandleitung.
- Die Dekontamination des Erdreichs sollte in den Leistungen einer Police enthalten sein, wenn zum Beispiel auslaufendes Heizöl oder das Löschen eines Brands ein späteres Abtragen von verseuchtem Erdreich notwendig macht.
- Wichtig wäre zudem, dass Mehrkosten beim Wiederaufbau eines Gebäudes durch die Police mitversichert sind, die infolge strengerer behördlicher Auflagen entstehen können gegenüber einer früheren Bauzeit.
Standort und Art der Immobilie müssen berücksichtigt werden
In Bezugnahme auf den Test der Verbraucherschützer gibt Stern Online weitere Tipps. So sind, je nach Standort und Art der Immobilie, die Preise sehr unterschiedlich, weswegen es für Wohngebäude im Netz keine aussagekräftigen Versicherungsrechner oder Vergleichsportale gibt (anders als zum Beispiel für den KFZ-Markt). Jedoch zeige der Test der Verbraucherschützer auch erhebliche Preisunterschiede für eine zugrundegelegte Musterimmobilie, weswegen sich ein Vergleichen dennoch lohnt und weswegen stets verschiedene Angebote eingeholt werden sollten.
Nach individuellen Gegebenheiten unterschiedlich ist außerdem der benötigte Schutz verschiedener Immobilien. So müsse man zum Beispiel bei hohem Baumbestand auf entsprechenden Schutz bei der Wohngebäudeversicherung achten. Sind aber keine hohen Bäume in der Nähe der Immobilie, ist eine solche Leistung nicht erforderlich. Welcher Schutz gebraucht wird, richtet sich wesentlich auch nach der Umgebung eines Gebäudes.
Komplexe Vertragsbedingungen bieten Chancen für die Beratung
Die Wohngebäudeversicherung macht aber auch besonders anschaulich, wie notwendig eine gute Kenntnis der Vertragsbedingungen (und demzufolge auch gute Beratung) ist, um einzuschätzen, welche Leistungen ein Versicherungsnehmer erwarten darf. Das wird an einem weiteren Beitrag des Verbraucherportals deutlich. Vier Bausteine der Wohngebäudeversicherung werden vorgestellt: die Feuerversicherung, der Baustein Leitungswasser, die Sturmversicherung sowie der Baustein Elementarschaden. Oft widersprechen die sehr genau definierten Risiken aus den Versicherungsbedingungen den Vorstellungen der Versicherungsnehmer.
So leistet eine Sturmversicherung in der Regel nicht für den Schadenfall, wenn Schnee oder Hagel durch ein offenes Fenster eindringen. Schäden durch den Druck beziehungsweise das Gewicht von Schnee- und Eismassen hingegen sind zwar durch den Baustein für Elementarschäden abgedeckt. Jedoch weisen die Verbraucherschützer ebenfalls darauf hin: Fällt der schadenauslösende Schnee von Bäumen aufs Haus, muss die Versicherung nicht aufgrund dieses Bausteins zahlen.
Wie wichtig derartige Details sind, zeigte ein Urteil des Kammergerichts Berlin zur Rückstau- Klausel: Beim Rückstau kommt es auf einen bestimmungswidrigen Austritt aus dem Rohrsystem an. Ist hingegen das Entwässerungssystem überlastet, weswegen Wasser auf anderem Weg in die Wohnung eindringt (weil es zum Beispiel nicht mehr abfließen kann), liegt kein Rückstau vor. Schäden durch Wasser, das nicht bestimmungswidrig aus Rohren austritt, sind also auch nicht vom Wortlaut der Rückstau-Klausel gedeckt (der Versicherungsbote berichtete).