Werde besser kein Versicherungsmakler oder Finanzanlagenvermittler, denn es lohnt sich finanziell ohnehin nicht! So lässt sich zugespitzt ein Beitrag zusammenfassen, den die Deutsche Vermögensberatung (DVAG) auf ihrem Unternehmensblog veröffentlicht hat. Es sei schlicht nicht „gewinnbringend beherrschbar“, mit vielen Produktgebern zusammenzuarbeiten — Angebotsvielfalt als Kostenrisiko? Ein Blick auf die Argumente.
Dass es zwischen Ausschließlichkeit und Versicherungsmaklern durchaus Konfliktpotential gibt, gern untermauert durch pauschale Vorwürfe auf beiden Seiten, davon künden unzählige Debatten auf den Social-Media-Kanälen des Versicherungsboten. Neue Nahrung könnte dieser Konflikt nun durch einen Beitrag auf dem Unternehmensblog der Deutschen Vermögensberatung (DVAG) erhalten. Darin erklärt die DVAG den Beruf des Versicherungsmaklers zu einem Armutsrisiko, wenn nicht gar zu einer aussterbenden Spezies.
„Magerkost“ ist dieser Beitrag überschrieben und enthält eine deutliche Botschaft. Wer im Versicherungs- und Finanzvertrieb ein auskömmliches Einkommen will, der sollte besser nicht Versicherungsmakler werden. Oder sich als Finanzanlagenvermittler nach §34f verdingen, denn das ist aus Sicht der DVAG auch kein auskömmliches Geschäft. Dann drohe die behauptete Magerkost mit einem weit unterdurchschnittlichen Einkommen.
“Vielfalt nicht mehr gewinnbringend beherrschbar“, schreibt die DVAG
Ausgangspunkt für die steile These ist das aktuelle AfW-Vermittlerbarometer des Bundesverbandes Finanzdienstleistung (AfW), für das 1.340 Teilnehmer befragt wurden. Diese Studie zeigt für einen Teil der Makler tatsächlich eine schwierige Situation. „Knapp 40 Prozent der deutschen Versicherungsmakler erzielten 2018 einen Gewinn von weniger als 25.000 Euro“, heißt es in dem Blogbeitrag der DVAG. Und weiter: „25.000 Euro – dies entspricht etwas mehr als 2.000 Euro im Monat, von denen der Makler seinen privaten Lebensunterhalt bestreiten muss“. Das entspreche weniger als der Hälfte des deutschen Durchschnittseinkommens.
“Dies macht deutlich: Die Einkommensbasis der Makler – die Courtage – wird von Jahr zu Jahr schmaler. Gleichzeitig steigen die Kosten, vor allem durch Digitalisierung, Komplexität, Bürokratie und Regulierung“, argumentiert der anonyme Verfasser des Beitrages weiter. Weil sich ein Makler von außen und ohne Unterstützung um diese Themen kümmern müsse, schrumpfe sein Einkommen.
Der Hauptgrund der Misere aber sei, "dass Makler den Anspruch haben, mit möglichst vielen Anbietern am Markt zusammenzuarbeiten – alle mit ganz unterschiedlichen Produkten, Serviceprozessen und IT-Systemen“. Diese Vielfalt sei „nicht mehr gewinnbringend beherrschbar“, schlussfolgert die DVAG als Ursache für die Krise. Es folgt die wenig verklausulierte Werbung dafür, es besser als Ausschließlichkeitsvertreter zu versuchen - beziehungsweise als Vermögensberater.
Makler ist Sachverwalter des Kunden
Der Blogbeitrag der DVAG ist aus mehreren Gründen bemerkenswert. Den Status des Maklers als Sachverwalter des Kunden übergeht der Verfasser des Beitrages einfach. Es ist eben nicht nur Intention des Maklers, „mit möglichst vielen Produktgebern zusammenzuarbeiten“, denn diese Produktgeber sind ja keineswegs seine Auftraggeber. Er handelt als treuhändischer Sachverwalter des Kunden: und steht auch in dessen Lager.
Diese Ausgangssituation begründet, weshalb der Makler eine möglichst große Palette an Anbietern und Produkten bereithalten muss: um bedarfsgerecht beraten zu können. Es kann schlicht der Fall sein, dass ein einzelner Versicherer nicht den passenden Vertrag im Angebot hat. Zum Beispiel, weil ein Berufsunfähigkeits-Versicherer eine sehr ungünstiges Verhältnis von Brutto- und Nettoprämie aufweist. Dann können die Monatsbeiträge im Laufe der Jahre massiv steigen, bei manchen Anbietern ist sogar eine Verdoppelung des Beitrages möglich. Oder, weil der Antragsteller ein gefährliches Hobby hat, das ausgerechnet dieser Versicherer nicht in den Schutz einschließt.
Diese notwendige Vielfalt an Anbietern und Produkten, die der Gesetzgeber explizit vorschreibt, erklärt die DVAG sogar zu einem Hindernis für eine gute Beratung. Denn sie schreibt: „eine Vielfalt, die mit Blick auf die Dynamik und Komplexität des Marktes offensichtlich kaum noch gewinnbringend beherrschbar ist – ganz im Gegensatz zum gebundenen Vermittler, der sich mit einem Produktsortiment, einheitlichen Geschäftsprozessen und einem IT-System voll und ganz auf seine Kunden konzentrieren kann“. Hier wird behauptet, wer sich an einen oder wenige Versicherer bindet, könne besser beraten.
Einkommensspreizung bei Versicherungsmaklern
Aber auch mit Blick auf die Einkommenssituation der Makler ist der Blogbeitrag wenigstens einseitig. Was das AfW-Vermittlerbarometer verrät, ist eine große Spreizung des Einkommens. Etwas mehr als 30 Prozent erzielen demnach ein Netto-Einkommen vor Steuern zwischen 25.000 und 50.000 Euro. Bis 75.000 Euro per anno erzielen weitere 15,28 Prozent und bis 100.000 Euro 7,09 Prozent der Makler. Mehr als elf Prozent der ungebundenen Vermittler behalten mehr als 100.000 Euro im Jahr: liegen teils sogar deutlich drüber, auch wenn die Top-Verdiener nach wie vor in der Minderheit sind.
Im Schnitt haben die Makler ihren Gewinn 2018 gegenüber dem Vorjahr sogar leicht steigern können: das widerspricht der DVAG-Aussage, die "Einkommensbasis der Makler...bricht weg". 49.970 Euro behalten sie durchschnittlich als Jahresüberschuss im Portemonnaie: das sind ca. 2.500 Euro mehr als noch 2017 und entspricht einem Monatseinkommen von ungefähr 4.165 Euro (der Versicherungsbote berichtete). Berühmt ist das nicht, viele Makler haben tatsächlich zu kämpfen. Aber Fakt ist auch, dass Makler und Vermögensberater mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben: etwa einer schrumpfenden Nachfrage nach Altersversicherungs-Produkten, einer kriselnden Leben-Sparte oder einem drohenden Provisionsdeckel für bestimmte Vorsorgeprodukte, um nur einige Beispiele zu nennen.
Diesbezüglich stellt sich die Frage, was ein Vermögensberater verdienen kann. Hierzu liegen keine öffentlich verfügbaren Studien vor, so ergaben Recherchen des Versicherungsboten. Aber da Vermögensberater als selbständige Handelsvertreter agieren, mit allen daraus folgenden Risiken, wäre hier auch eine große Spreizung der Einkommen zu vermuten. Einen Anhaltspunkt geben diverse Onlineportale, bei denen Beschäftigte von ihrer Arbeit und ihrem Einkommen berichten. Auf gehaltsvergleich.de wird für Vermögensberater, unabhängig vom Arbeitgeber, ein bundesweites Durchschnittseinkommen von 4.933 im Monat angegeben, ebenfalls vor Steuern. Geantwortet haben 330 Personen. Das ist kaum mehr, als Makler im Schnitt auch verdienen.
Update 15:00 Uhr: Mehrere Leserinnen und Leser haben uns darauf hingewiesen, dass der Beitrag vom Unternehmensblog der DVAG gelöscht wurde. Unter der Originaladresse erscheint nun eine Fehlermeldung. Dem Versicherungsboten liegt eine Kopie des Beitrages vor.