Das Analysehaus Morgen & Morgen veröffentlicht aktuell den 24. Jahrgang des M&M Ratings Berufsunfähigkeit. 519 Tarife von 67 Anbietern wurde getestet, ein aktualisierter Fragenkatalog und ein neues Teilrating zur Beitragsstabilität stiften neue Maßstäbe der Bewertung. Und wie so oft scheint der BU-Markt mit guten Angeboten zu glänzen: Rund 67 Prozent der getesteten Tarife erhalten 5 Sterne und damit die Höchstnote „hervorragend“. Einige Tarife aber schneiden auch mit der Note „schwach“ oder gar „sehr schwach“ ab.
Vier Teilbereiche stehen zur Bewertung
Wie gut sind Produkte zur Absicherung bei Berufsunfähigkeit? Zur Beantwortung dieser Frage führt das Analysehaus Morgen & Morgen nun schon zum 24. Mal ein Rating Berufsunfähigkeit durch. Wie in der Vergangenheit soll hierbei die Qualität der Produkte durch vier Teilratings abgebildet werden:
- Das Teilrating BU-Bedingungen bezieht sich auf Bedingungen der einzelnen Tarife und stellt insbesondere die Kundenfreundlichkeit der Tarife in den Mittelpunkt. Grundlage dieses Teilratings sind die Leistungen, die in den Versicherungsbedingungen genannt sind. 28 Leistungsfragen führen zur Vergabe von Punkten. Anhand der maximal zu erreichenden Punktzahl wird gewichtet – weniger wichtige Leistungsfragen bringen nur einen Punkt und wichtige Leistungsfragen bringen bis zu 5 Punkten ein. Für die Gesamtbewertung fließt das Teilrating zu 40 Prozent ein für jeden der getesteten Tarife.
- Das Teilrating BU-Kompetenz fließt hingegen mit einer Gewichtung von 30 Prozent in die Gesamtbewertung ein. Anhand interner Daten, die durch die Versicherer zur Verfügung gestellt wurden, sollen die BU-Erfahrung, der BU-Bestand, die BU-Prozesse eines Versicherers sowie Leistungsfallprüfung und Antragsprüfung durch diesen Teilbereich abgebildet werden.
- Das Teilrating Antragsfragen bewertet ausschließlich Gesundheits- und gefahrerhebliche Fragen in den BU-Anträgen. Die Fragen müssen inhaltlich klar, einfach verständlich und transparent formuliert sein. Sind doch Verständlichkeit und Transparenz grundlegend, um einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht vorzubeugen, die sich bei Verlust des Versicherungsschutzes zum Schaden des Versicherungsnehmers, im Falle fehlerhafter Aufklärung aber auch zum Schaden des Versicherers auswirken kann (der Versicherungsbote berichtete mit Bezug auf die private Krankenversicherung). 10 Prozent der Gesamtbewertung macht dieses Teilrating zu den Antragsfragen aus.
- Ein gänzlich neues Teilrating aber, das sich für die Gewichtung mit 20 Prozent zu Buche schlägt, betrifft die Beitragsstabilität: Sechs Komponenten sollen die Aktionen eines Versicherers, die Brutto-Netto-Spreizung, die Querverrechnung sowie Bilanzen und Angaben zu Solvency II bewerten. Öffentliche Daten zum Beispiel aus Geschäftsberichten werden hierfür berücksichtigt. Jedoch verwendet das Ratinghaus ebenfalls bei den Versicherern abgefragte Daten zur Überschussbeteiligung und zu den Aktionen. Will ein Versicherer die Daten nicht dem Ratinghaus liefern (aus welchen Gründen auch immer), wirkt sich das freilich durch 0 Punkte negativ auf Teilrating und Gesamtbewertung aus – somit bewertet das Rating zumindest bis zu einem gewissen Grade auch den Willen zur Zusammenarbeit durch den Versicherer.
Die Qualität im BU-Markt ist laut Rating hoch
Wie aber ist der BU-Markt aufgestellt? Wie schon Ergebnisse der Konkurrenz, legen auch Ergebnisse von Morgen & Morgen eine hohe Qualität im Markt nahe. So erhalten in dem aktuellen M&M-BU-Rating 347 der 519 Tarife die Note „hervorragend“. Sie dürfen nun mit fünf Sternen glänzen. 66 Tarife überzeugen zudem mit einem „sehr gut“. Schon die Menge der guten Noten macht es unmöglich, einzelne der Primusse herauszustellen – hier sei auf die online verfügbare Tabelle der Rating-Experten verwiesen, die Benotungen für alle vier Teilratings sowie für das Gesamtrating zugänglich macht.
Jedoch: Es gibt auch Tarife mit einem schlechten Abschneiden. 20 Tarife bringen es nur auf die Note „schwach“, 10 Tarife müssen gar ein „sehr schwach“ in Kauf nehmen. Da ein schlechtes Abschneiden nach Maßgabe des Ratings nicht die Regel ist, fallen diese Tarife besonders negativ auf.
Aus diesem Grund muss auch etwas vorausgeschickt werden, bevor im Folgenden die Tarife mit dem schlechtesten Abschneiden aufgelistet werden: Versicherer, die diese Tarife anbieten, haben mit anderen Ergebnissen im gleichen Rating bessere Ergebnisse bis zur Höchstwertung erzielt. Keineswegs also sollte der Versicherer, sondern stattdessen muss der jeweilige Tarif betrachtet werden. Das zeigt sich an einem simplen Fakt: Die Bayerische, die durch die meisten „sehr schwachen“ Tarife im Rating negativ auffällt, hat zugleich 19 ausgezeichnete Tarife mit der Höchstwertung von 5 Sternen aufzubieten. Differenzierungen zwischen den jeweiligen Tarifen auch eines Versicherers sind also dringend geboten.
Folgende Tarife mussten sich nach Maßgabe von Morgen & Morgen mit einem Stern zufrieden geben und mussten sich demnach ein „sehr schwaches“ Abschneiden bescheinigen lassen:
- der bAV-FRV-Smart-BUZ (15795) der Bayerische
- der bAV-FRV-Smart-BUZ (15895) der Bayerische
- der bAV-Smart-BUZ (15795) der Bayerische
- der bAV-Smart-BUZ (15895) der Bayerische
- der Smart-BUZ (15795) der Bayerische
- der Smart-BUZ (15895) der Bayerische
- der bAV-BUZ der Mecklenburgische
- der BUZ der Mecklenburgische
- der BUZ (RiLV) der Mecklenburgische
- der BR-Classic-BUZ, angeboten von der Münchener Verein
Kritik an Branchen-Ratings durch Verbraucherschützer
Es war ein älteres BU-Rating von Morgen & Morgen, das den Versicherungsboten im Jahr 2015 dazu veranlasste, eine Stellungnahme der Rating-Experten einzuholen. Freilich betraf die dahinter stehende Kritik von Verbraucherschützern nicht einzig dieses Analysehaus und nicht speziell dieses Rating, sondern bezog sich auf viele vergleichbare Ratings auch der Konkurrenz: In einer Stichprobe hatte damals die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen eine wahre Flut an besten Bewertungen für verschiedene Ratings verschiedener Versicherungsprodukte ausgemacht.
In der Folge wurde den Ratinghäusern ein gewisses Eigeninteresse unterstellt: Schließlich würden viele Unternehmen mit Testsiegeln gutes Geld verdienen. Versicherer, die mit dem Original-Signet um Kunden werben wollen, müssen oft Lizenzgebühren zahlen. Locker einige tausend Euro kann es beispielsweise kosten, das Logo von Focus Money oder der Stiftung Warentest zu verwenden. Viele Rating-Häuser bieten zudem Beratungen zu den Tarifen: Wenn der Versicherer sein Vertragswerk im Sinne der Berater abändert, führt das oft zu besseren Noten (der Versicherungsbote berichtete).
Könnten Ratings demnach kritischer sein? Und ist die Qualität am Markt vielleicht gar nicht so hoch, wie verschiedene Tests immer wieder nahe legen? Damals rechtfertigte sich eine Sprecherin von Morgen & Morgen damit, die Schutzgebühr für ein Signet wäre niedrig und somit wäre die Unabhängigkeit gegenüber den Versicherern gewahrt. Die genaue Höhe der Gebühr freilich wollte die Sprecherin damals nicht nennen.
Zwei Dinge dürfen hierbei nicht übersehen werden. Zum einen sind die Ratings keineswegs ergebnislos: So veränderten Versicherer Produkte aufgrund der Kritik, passten Tarife den Anforderungen an, nahmen schlechte Produkte nach schlechtem Feedback sogar vom Markt. Lange Traditionsratings haben demnach auch einiges bewirkt. Aus Kritik ergab sich nicht selten sogar eine Zusammenarbeit. Aber mit Blick auf die Unabhängigkeit der Tests ist eine solche Zusammenarbeit nicht unproblematisch.
Wie nämlich null Punkte für fehlende Daten zeigen, bewerten die Agenturen auch den exklusiven Zugang zu Daten und damit den Willen zur Zusammenarbeit durch die Versicherungsunternehmen. Da in solchen Fällen ein Ratinghaus nicht nur als Produkt-Tester, sondern auch als beratender Dienstleister wirkt (und direkt Einfluss auf die Produktgestaltung und Prozesse der Versicherer nimmt), sollte in der Branche zumindest diskutiert werden, anhand welcher Kriterien wiederum diese Beratungshäuser ihre Empfehlungen geben. Auch hier bedarf es streng genommen einer Qualitätskontrolle.