Immer mehr Anleger verlassen sich in Deutschland auf Robo-Advisor, die in der Regel in ETFs investieren. Diese sind zwar einfach, aber nicht gerade billig an Gebühren. Ein Gastkommentar von Mario Hess, Fachredakteur und Medienbeauftragter im Bereich Finanzen und Geldanlagen bei Franke-media.net.
Wer die Deutschen nach ihren liebsten Geldanlagen fragt, wird mit Sicherheit nicht an erster Stelle Wertpapiere finden. Diese gelten als kompliziert, teuer und mit Verlustrisiken behaftet. Allerdings sind die Aussichten auf solide Renditen in Zeiten von niedrigen Zinsen (oder reden wir eher von Nullzinsen) sehr verlockend. Abhilfe – zumindest was die Komplexität betrifft – verspricht der Einsatz eines Robo-Advisors.
Der Roboter übernimmt; vollautomatisiert, algorithmusbasiert, günstig. Zumindest erklären das die Anbieter. Rund zwei Dutzend tummeln sich inzwischen auf dem deutschen Markt und bieten den Anlegern ihre Dienste an. Zugegeben: Ihr Anteil hinsichtlich des verwalteten Kundenvermögens ist überschaubar. Derzeit dürften ca. zwei bis zweieinhalb Milliarden Euro in den Depots liegen – gegebenenfalls etwas mehr. Aber mit offiziellen Zahlen hält sich die Branche zurück. Ganz im Gegenteil, dazu sind Wachstumsprognosen gerne gesehen. Ein Ausblick von Statista sieht zum Beispiel ein verwaltetes Vermögen von 31,066 Milliarden Euro im Jahr 2023 voraus.
Niedrige Hürde, aber nicht unbedingt günstig
Es gibt Gründe, weshalb die Entwicklung derart positiv eingeschätzt wird. Ein immenser Pluspunkt, der für die digitale Vermögensverwaltung spricht, ist die niedrige Einstiegshürde. Der Kunde sitzt zuhause am Rechner, füllt ein Formular aus, gibt seine Risikobereitschaft, Anlageziele und Wertpapierkenntnisse an – fertig. Den Rest übernimmt der Roboter. Jener baut aus den Angaben automatisiert eine Anlage auf, welche sich üblicherweise aus verschiedenen ETFs zusammensetzt. Basisversion: Breit aufgestellt, gestreut über diverse Anlageklassen. Einzig den Anlagebetrag muss der Kunde anschließend eigenständig überweisen. Die Mindestanlagen siedeln sich zwischen 500 und bis zu 100.000 Euro an.
Für den Rundum-Service und die Verwaltung berechnen die Anbieter natürlich Gebühren. Meist handelt es sich um einen prozentualen Anteil am verwalteten Anlagebetrag. Zusätzlich reichen die Robo-Advisor die Kosten für die ETFs bzw. Fonds durch. Einige schlagen zudem eine erfolgsabhängige Gebühr oder eine Pauschale obendrauf. Ein Beispiel: Branchenprimus Scalable.Capital verlangt fixe 0,75 Prozent des Anlagebetrags, durchschnittlich 0,16 Prozent ETF-Kosten und 0,05 Prozent Spread-Kosten. Ausgehend von 10.000 Euro-Anlagesumme entsteht so eine monatliche Gebühr von 8,00 Euro. Die Sutor Bank zieht als Gebührengrundlage 0,70 Prozent des Vermögenswertes heran und addiert durchschnittlich 0,20 Prozent. Hinzu kommen zwölf Euro Kontoführungsgebühr pro Jahr. Unterm Strich ergibt dies rund 8,50 Euro im Monat bei 10.000 Euro Einlage. In ähnlichen Regionen siedelt sich der Durchschnitt der Anbieter an.
Fazit: Ganz so günstig, wie die Werbung suggeriert, sind Robo-Advisor nicht. Indes spart sich der Nutzer einiges an Aufwand – und für diesen Service wird gezahlt. Ein Blick in die USA zeigt außerdem, dass in den Staaten die Preise für digitale Vermögensverwaltungen niedrig angesiedelt sind. In Zukunft kann es auch hierzulande günstiger werden, wenn sich der Wettbewerbsdruck erhöht.
Echtes Geld anlegen und analysieren
Die Gebühren sind vernachlässigbar, wenn unterm Strich die Rendite stimmt. Da offizielle Ergebnisse wiederum Mangelware sind, hilft zum Beispiel der Echtgeld-Test auf Brokervergleich.de weiter. Seit Mai 2015 investierten die Macher rund 87.500 Euro in 16 verschiedene Robo-Advisor – jeweils in ein Portfolio mit mittlerem Risiko bzw. ein Portfolio, welches nach Angaben des Anbieters die beste Anlage darstellt. Monatlich veröffentlichten die Anlageexperten die Performance-Werte. Ausgegeben werden die Ergebnisse übrigens nach Abzug von Gebühren und Steuern. Den Aufwand eines 16-fachen Freistellungsauftrags sparen sich die Leipziger aus befindlichen Gründen.
Momentaufnahmen in langfristigem Kontext betrachten
„Nach dem turbulenten Jahresende 2018 sieht der Jahresbeginn 2019 gar nicht schlecht aus“, analysiert André Salzwedel, Projektmanager des Fachportals die aktuellen Zahlen. Mit Werten von +2,2 bis +5,2 Prozent gingen die Robo-Advisor aus dem Januar 2019 heraus. Das reicht indes noch nicht ganz, um die negative Entwicklung des Vorjahres auszugleichen. Zwischen dem 1. Januar und dem 31. Dezember 2018 verloren die Anbieter im Schnitt 5,9 Prozent. Der beste Robo-Advisor lag bei -3,6 Prozent in der Jahresbilanz, der schlechteste bei -8,4 Prozent. Anleger sollten sich aber bewusst sein, dass der übrige Markt kaum bessere Resultate erzielte. So zeigten die beiden Benchmarks, die Brokervergleich.de betrachtet auch tiefrote Zahlen von -3,4 Prozent und -6,4 Prozent.
„Wir sind uns bewusst, dass die monatlichen Ergebnisse nur Momentaufnahmen darstellen. Deshalb setzen wir die Daten immer in Bezug zur langfristigen Entwicklung“, so Salzwedel. Wer die Daten der letzten 24 oder 36 Monate ansieht, wird auch wieder versöhnlicher gestimmt. Dort rangieren die Anbieter klar im Plus. Die fünf Robo-Advisor aus dem Anfangsjahr des Echtgeld-Tests erzielen für den Gesamtzeitraum Performance-Werte von +11,2 bis +15,2 Prozent.
Die Kunst der digitalen Anlage
Detaillierte Einblicke zeigen, dass es alle erdenklichen Varianten gibt – vom Verzicht auf jede Bewegung bis zur wiederkehrenden Umwälzung. Was funktioniert kurzfristig? Was nur über die lange Strecke? Das muss sich noch zeigen. „Die richtige Strategie zu finden ist auch die Kunst einer digitalen Anlage“, schließt André Salzwedel. In diesem Punkt unterscheiden sich die Robo-Advisor kaum von ihren aktiv betreuten Pendants.
Autor: Mario Hess (41) hat Medienkommunikation an der TU Chemnitz studiert und arbeitet seit 2014 als Fachredakteur und Medienbeauftragter im Bereich Finanzen und Geldanlagen bei Franke-media.net. Sein Interesse gilt speziell innovativen Finanzprodukten sowie Fintechs.