Das Ratinghaus Softfair hat ein neues Rating zur Berufsunfähigkeitsversicherung veröffentlicht. Erneut zeigt sich: Das Leistungsniveau der BU-Tarife ist hoch, die meisten der 170 Tarife bekommen die Höchstwertung von fünf oder die gute Wertung von vier „Eulenaugen“. Schwankungen bei einigen Tarifen zeigen aber auch: Nicht jedes Produkt ist für jede Zielgruppe gleich gut geeignet. Der Versicherungsbote stellt das aktuelle BU-Rating aus dem Hause Softfair vor.
Wie wurde getestet?
Zunächst haben die Studienmacher die zu bewertenden Inhalte vorgegeben. Festgelegt wurden: Die Leistungsprüfung, die Bedingungen bezüglich der Verweisung, der Geltungsbereich, Möglichkeiten zu Nachversicherungen, finanzielle und zusätzliche Hilfen, Leistungsausschlüsse, weitere Merkmale sowie ein Unterpunkt mit Kriterien, die nur für bestimmte Berufsgruppen relevant sind. Zu den Inhalten wurden dann insgesamt fünfzig Leistungskriterien gebildet. Diese sind Grundlage der Bewertung.
Eine Gewichtung der Kriterien fand anhand der vergebenen Punktzahl statt. Besonders hoch gewichtete Bereiche wurden mit dem Wertigkeitsfaktor fünf versehen – für diese Bereiche wurden 500 Punkte vergeben. Beispiel für ein solch wichtiges Leistungskriterium ist der Verzicht auf abstrakte Verweisung (und damit der Verzicht des Versicherers auf jene Klausel, mit der es unter Verweis auf einen anderen möglichen Beruf in der Vergangenheit oft möglich war, den Versicherungsnehmer um seine BU-Rente zu bringen). Weniger stark gewichtete Kriterien erhielten einen geringen Wertigkeitsfaktor – für die Möglichkeit einer Nachversicherung bei Heirat der versicherten Person zum Beispiel waren 25 Punkte drin.
Mit guten Bewertungen geizten die Tester nicht
In der Summe führten die erreichten Punkte dann zur Benotung. Jeder der 170 getesteten Tarife wurde insgesamt sieben Mal benotet, denn Ergebnisse wurden getrennt erhoben für die Zielgruppen Angestellte, Selbstständige, Berufseinsteiger, Schüler, Beamte, Ärzte und Sonstige (darunter fallen zum Beispiel Hausfrauen und -männer sowie Pensionäre).
Für die Öffentlichkeit verfügbar machen die Tester jedoch nicht die erreichte Punktzahl, stattdessen dienen einzig die vergebenen „Eulenaugen“ des Firmenlogos zur Orientierung. Somit führt der Test auch nicht zu einem „Ranking“ in jenem Sinne, dass Testsieger ermittelt und Ränge verglichen werden können. Die beste erreichbare „Note“ für einen Tarif sind, je Angebot für eine bestimmte Zielgruppe, fünf Eulenaugen.
Und ein Blick auf die Testergebnisse der Tabelle zeigt schnell: Mit Augen geizten die Tester nicht. Schlechtester Wert des aktuellen BU-Rankings sind zwei Eulenaugen – im gesamten Test (170 Tarife mal sieben Zielgruppen) wurde jedoch nur sechs Mal dieser schlechte Wert von zwei Augen vergeben. Sowohl eine Tabelle mit Gesamtergebnissen als auch eine kurze Dokumentation der Methodik sind online verfügbar.
Top-Bewertungen aus Eigeninteresse?
Warum aber erneut ein Test, der so viele gute Testergebnisse präsentiert (wie zuvor schon ein BU-Rating der Konkurrenz)? Könnte denn nicht auch kritischer durch die Experten geprüft werden? Mit dieser Frage steht seit 2015 zugleich ein Vorwurf im Raum, seit die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in einer Stichprobe von Versicherungsratings verschiedener Häuser eine wahre Flut an besten Bewertungen ausmachte. Denn die Verbraucherschützer argumentierten damals: Gute Testergebnisse dienen dem Eigeninteresse der Agenturen. Schließlich verdienen die Unternehmen unter anderem mit dem Verkauf von Testsiegeln Geld. Deswegen wäre eine wirklich kritische Prüfung auch gar nicht gewollt (der Versicherungsbote berichtete).
Softfair bietet ebenfalls ein solches Testsiegel an. Auf der Webseite des Unternehmens ist zu lesen: "Die Versicherungsgesellschaften können das Siegel auf allen Druckstücken (Angebote, Anträge, Produktbroschüren), in Präsentationen, Angebotsprogrammen oder im Internet zu werblichen Zwecken verwenden. Das Nutzungsrecht ist auf einen Zeitraum von zwölf Monaten begrenzt“. Der Versicherungsbote sah sich deswegen im Jahre 2017 aufgrund eines vergleichbaren BU-Ratings dazu veranlasst, das Unternehmen direkt mit dem Vorwurf der Verbraucherschützer zu konfrontieren.
Christoph Dittrich, Geschäftsführer von softfair analyse, aber beschwichtige damals: "Die Qualität der Bedingungswerke ist durch den starken Wettbewerb und nicht zuletzt auch immer detailliertere Vergleichsmöglichkeiten in den vergangenen Jahren stetig gestiegen und hat heute nahezu flächendeckend ein Niveau erreicht, das keine weiteren wesentlichen Produktverbesserungen erwarten lässt“. Aus Sicht Dittrichs hat dieser Effekt sogar keineswegs nur positive Folgen. Denn der Wettbewerb am BU-Markt hätte sich „von den Leistungstexten auf die Preis- und Annahmepolitik der Gesellschaften“ verschoben. Demnach haben sich Leistungen der BU-Anbieter durch den Qualitätsdruck verteuert, zudem werden weniger Anträge risikobelasteter Antragsteller angenommen.
Auch warb schon damals die Agentur dafür, trotz des guten Abschneiden die Unterschiede in der Bewertung je Zielgruppe in Augenschein zu nehmen. Sei doch „die differenzierte Betrachtung unbedingt erforderlich“, da sich „die Ansprüche an ein Bedingungswerk, je nach Berufsstatus, teilweise erheblich unterscheiden“. Ob ein Tarif folglich für eine Zielgruppe fünf oder vier Eulenaugen als Testergebnis und für eine andere Zielgruppe nur drei Eulenaugen erhält, ist aus dieser Perspektive nicht unerheblich. Und die dahinter stehende Betrachtungsweise kann auch als Plädoyer an die Vermittler verstanden werden, gut und differenziert zu beraten.