Die Deutsche Steuerberater Versicherung musste im Dezember einräumen, dass sie ernsthafte wirtschaftliche Probleme plagen. Nun hat sich die Notlage der Pensionskasse noch einmal verschärft hat. Den Versicherten drohen höhere Beiträge und kleinere Renten.
Die rund 8.000 Versicherten der Deutschen Steuerberater-Versicherung müssen sich auf höhere Beiträge und gekürzte Renten einstellen. Das geht aus einem Pressetext hervor, den die Pensionskasse am Freitag veröffentlicht hat. Demnach hat sich die finanzielle Notlage des Anbieter noch einmal deutlich verschärft, wie der vorläufige Jahresabschluss zeige, so berichtet der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Einschnitte drohen nun auch bei laufenden Renten, damit eine Insolvenz abgewendet werden kann.
Eigenkapital ist alle
Bereits im Dezember 2018 hatte die Kasse einräumen müssen, dass sie bereits seit einem Jahr die Solvenzanforderungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nicht erfüllen kann. Mit anderen Worten: Der Versicherer verfügt nicht über genug Eigenkapital, um die Renten seiner Mitglieder auch langfristig zu garantieren. Vor allem steuerberatende Berufe können über die Einrichtung eine Betriebsrente vereinbaren: Berater, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer (der Versicherungsbote berichtete).
Konkret hätte der Versicherungsverein Ende 2017 rund 39,7 Millionen Euro als Solvabilitätskapital vorweisen müssen, um die erforderliche SCR-Quote zu erfüllen. Der Anbieter verfügte aber nach damaligen Zahlen nur über knapp 22 Millionen Euro an Eigenmitteln. Das entsprach 55 Prozent der vorgeschriebenen Kapitalausstattung. Infolge der Probleme musste die Pensionskasse der BaFin einen Sanierungsplan vorlegen. Die Aufsichtsbehörde kann Anbieter in finanzieller Schräglage zwingen Maßnahmen zu ergreifen, um die Eigenmittel aufzustocken und Risiken abzufedern. Monatlich müssen die betroffenen Gesellschaften Bericht erstatten.
Die aktuellen Nachrichten sind mit Blick auf die Fortschritte wenig erfreulich, im Gegenteil. Denn es klafft ein weit tieferes Finanzloch bei dem Vorsorge-Anbieter als bisher bekannt. Auf satte 158 Millionen Euro beziffert die Pensionskasse der Steuerberater den Fehlbetrag im Entwurf des Jahresabschlusses für 2018: Diese Summe ist nicht durch Eigenkapital gedeckt. Der Fehlbetrag entspricht zirka 13 Prozent der notwendigen Deckungsrückstellung, berichtet die Pensionskasse. Wie groß die Lücke ist, wird deutlich, wenn man die Beitragseinnahmen dagegen hält. Ganze 24 Millionen Euro konnten 2017 als Bruttobeitrag eingesammelt werden.
Kasse muss mehr Rente zahlen als bisher angenommen
Was ist die Ursache für die verschärfte Lage? Stark vereinfacht hat die Kasse nun errechnet, dass sie weit höhere Pflichten gegenüber ihren Rentnern hat als bisher angenommen: Schuld seien die anwachsende Lebenserwartung und der dauerhafte Niedrigzins am Kapitalmarkt. Deshalb muss der Vorsorgeanbieter nun weit mehr Geld als Deckungsrückstellung vorhalten, um die Rentenzahlungen dauerhaft zu sichern. Das aber kann die Pensionskasse nicht, denn die Eigenmittel sind komplett aufgebraucht.
"Die Verstärkung der Deckungsrückstellungen führt in dem Entwurf des Jahresabschlusses 2018 zu einem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 158 Millionen Euro, was circa 13 Prozent der Deckungsrückstellung entspricht“, heißt es hierzu in einem Pressetext auf der Webseite des Anbieters. Und weiter: „Der zu erwartende Fehlbetrag führt zu einem vollständigen Verzehr der Eigenmittel mit der Konsequenz, dass die Deutsche Steuerberater-Versicherung die Mindestkapitalanforderung nicht mehr erfüllt“. Die Lage ist, mit anderen Worten, ziemlich prekär.
...auch Bestandsrentnern drohen Einschnitte
Zur angespannten Finanzlage kommt hinzu, dass die BaFin den Sanierungsplan der angeschlagenen Pensionskasse nicht akzeptiert hat: eben, weil die Verpflichtungen höher sind als angegeben. Die Kasse muss also deutlich nachbessern. Als Ausgleich soll nun die Verlustrücklage bzw. der Reservefonds nach § 193 VAG herangezogen werden: eine Art Notkasse, die Versicherungsvereine ansparen müssen, um außergewöhnliche Verluste aufzufangen. Auch die Rückstellungen für die Beitragsrückerstattung werden angezapft.
Ausreichen wird das vermutlich nicht. Und so stimmt die Steuerberater-Versicherung schon einmal darauf ein, worauf sich die Mitglieder werden einstellen müssen: Leistungen werden gekürzt und Beiträge erhöht. In welchem Umfang, ist noch unklar. Doch betroffen sind davon auch laufende Renten.
In welchem Umfang den Rentnern nun Einbußen drohen, ist noch offen. Auf der Webseite des Anbieters heißt es hierzu: "Diese Sanierungsmaßnahme erfordert einen Beschluss der Vertreterversammlung und bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Die Deutsche Steuerberater-Versicherung geht davon aus, dass sie Ende des Jahres ein tragfähiges Sanierungskonzept vorlegen kann. Erst nach dem Sanierungskonzept können die individuell zu berechnenden Auswirkungen ermittelt werden".
Das Neugeschäft musste der Verein schon im Oktober 2018 aufgeben, er befindet sich in der Abwicklung. Damit summiert sich die Zahl der besonders bedrohten Unternehmen aktuell auf drei. Auch die Pensionskassen Caritas und Kölner Pensionskasse mussten Leistungen drastisch kürzen und werden abgewickelt (der Versicherungsbote berichtete).
Ein Drittel der Kassen unter strenger BaFin-Aufsicht
Probleme haben auch andere Anbieter. Etwa ein Drittel der 137 Pensionskassen befand sich 2018 unter strenger Beobachtung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). "Ohne zusätzliches Kapital von außen werden einige Pensionskassen nicht mehr ihre vollen Leistungen erbringen können", hatte im Mai 2018 bereits BaFin-Chefaufseher Frank Grund gewarnt (der Versicherungsbote berichtete).
Die Engpässe auffangen können viele Kassen nur, indem sie sich frisches Geld leihen. Laut Zahlen der Bundesregierung haben von 2008 bis 2017 insgesamt 25 Pensionskassen Nachrangdarlehen und Genussrechte aufgelegt. In Summe sollen so 455 Millionen Euro in die klammen Kassen geflossen sein. Doch das könnte sich als Teufelskreis entpuppen, muss das Geld doch auch mit Zinsen bedient werden. Diese hätten in den vergangenen zehn Jahren durchschnittlich vier Prozent betragen, berichtet die Bundesregierung.