Was aber wäre der Nutzen eines Provisionsdeckels in der Lebensversicherung für den Kunden? Beenken zweifelt, ob es einen solchen Nutzen überhaupt gibt. So verweist er auf eine Studie, die für eine Senkung der Abschlusskosten von 40 auf 25 Promille nur eine Renditesteigerung von rund 0,1 bis 0,2 Prozentpunkten ermittelte.
In diesem Kontext rückt ein Kritikpunkt besonders in den Fokus der Argumentation: Der aktuelle Gesetzentwurf sehe „keineswegs vor“, dass „jegliche Ersparnis unmittelbar den Kunden zugute kommen soll“. Anders nämlich als bei den Vermittlern, bei denen die Abschlussvergütungen durch das Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) vom 1. August 2014 tatsächlich zurück gingen, sieht man bei den Versicherungsunternehmen keine positive Entwicklung bei den Gesamt-Abschlusskosten, wie Beenken schon gegenüber dem Branchendienst VWheute äußerte (der Versicherungsbote berichtete).
Bilanzielle Kosten/ gezahlte Vergütungen: Was begründet die Differenz?
Nun macht Beenken auf ein konkretes Problem hinter dieser Tatsache aufmerksam: Vergleiche man die bilanziellen Abschlusskostensätze einzelner Versicherer mit den tatsächlich an Exklusivvertreter und Makler gezahlten Vergütungen, würden sich teilweise erstaunliche Differenzen ergeben. Eine Tabelle, die Beenkens Artikel beigegeben ist, veranschaulicht das Problem: Abschlusskostensätze der Versicherer werden den Effektiven Gesamtvergütungen für die Vermittler gegenübergestellt mit Stand 2017. Ausgewiesen wird außerdem das Delta (und damit die Differenz beider Werte). Bezogen auf Makler ist dieses Delta bei der HDI besonders hoch mit 56 Promille. Jedoch auch die Zurich bringt es mit einem Delta von 26 Promille und die Nürnberger mit einem Delta von 25 Promille auf auffallende Differenzen.
Noch auffallender sind Unterschiede, vergleicht man den Abschlusskostensatz mit der Effektiven Gesamtvergütung für Exklusivvertreter. So weist hier die HDI zum Beispiel ein Delta von 71 Promille auf. Und sieben von 15 Versicherern haben ein Delta von über 20 Promille.
Zwar mag es verschiedene Gründe für diese Differenzen geben. Jedoch: Sie könnten als Indiz gelten, dass die Abschlussvergütung der Vermittler einen kleineren Teil des Problems der hohen Abschlusskosten ausmacht als angenommen. Einen Vorwurf jedenfalls hat Beenken mit Blick auf derartige Zahlen: „Deren Ursachen“ würden „von BMF und BaFin nicht öffentlich hinterfragt.“ Die Differenzen aus bilanziellen Kosten und tatsächlich gezahlten Vergütungen aber werfen laut Beenken „erhebliche Fragen“ auf.
Gesetzgeber: Bedenkt nicht Kosten durch Insolvenzen
Grundsätzlich erneuert Beenken mit seiner Analyse den Vorwurf, der Gesetzgeber ziele nur auf die Vergütungen der Vermittler ab, schone aber mit den Gesamt-Abschlusskosten die Versicherer. Die Rechnung könnte freilich nicht ganz aufgehen. Denn nicht nur scheinen Vorteile für den Kunden gering. Etwas anderes hat der Gesetzgeber ebenfalls nicht bedacht: Die Kosten, die durch vermehrte Geschäftsaufgaben und Insolvenzen der Vermittler entstehen.
Der kritische Artikel des Wissenschaftlers ist in der aktuellen Ausgabe der Mitgliederzeitschrift des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute erschienen.