Es kam, wie es dann kommen musste: Ein solches Urteil, das als Kündigungsgrund das Kernproblem "Niedrigzins" erlaubte, musste geradezu eine Einladung für die Geldhäuser sein, mit den Kündigungen fortzufahren. So geriet schon zwei Monate nach dem BGH-Urteil die Sparkasse Nürnberg durch die hohe Zahl von 21.000 Kündigungen in die Schlagzeilen (der Versicherungsbote berichtete). Nun, nur weitere zwei Monate später, erreicht mit der Sparkasse München eine weitere bayerische Sparkasse einen neuen Rekord: 28.000 Verträge wurden laut Süddeutsche Zeitung gekündigt. Laut Darstellung der Sparkasse haben die Verträge ein Volumen von einer Milliarde Euro.
Sparkassenvorstand: Durch EZB in Maßnahme "getrieben"
Und wissend um die unpopuläre Maßnahme, wirbt die Sparkasse in Vertretung ihres Vorstandssprechers Ralf Fleischer in der Süddeutschen Zeitung um Verständnis. Wenig überraschend weist Fleischer hierbei der Europäischen Zentralbank die Schuld an den jetzigen Kündigungen zu. Denn am Ende „treibe“ die EZB mit ihrer Niedrigzinspolitik „alle Institute in solche Maßnahmen“. Könne man doch nicht „über zwei Prozent für Sparverträge zahlen“, wenn man „nur einen Prozent für Kreditverträge bekommt“.
Aber auch eine weitere Strategie soll die Sparkasse in ein besseres Licht rücken: Die Betonung, man lasse trotz des harten Vorgehens noch Milde walten. So würde man keine Verträge mit einer konkreten Laufzeitvereinbarung kündigen, sondern nur die unbefristeten Verträge. Wenngleich hierzu eingewendet werden könnte: Die Sparkasse meidet Auseinandersetzungen einer noch ungeklärten Rechtslage auch im Eigeninteresse, so erspart diese Entscheidung doch Kunden mit Laufzeitvereinbarung den Rechtsweg. Empfiehlt doch auch Sibylle Miller-Trach von der Verbraucherzentrale Bayern: Mit Blick auf die Verträge sei zu prüfen, ob eine Laufzeit vereinbart und auch eingehalten wurde.
Negativzins: Fürs Sparen drohen Strafen
Trotz dieses Versuchs der Sparkasse München, das eigene Handeln in mildes Licht zu rücken, schreckt aber eine weitere Information des Berichts auf. Denn die Sparkasse München scheint schon fest mit Negativzinsen für ihre Kunden zu rechnen. So müsse jeder Kunden, wenn er ab dem 1. Oktober an ein Girokonto oder ein sogenanntes Cashkonto eröffnet, eine Zusatzvereinbarung unterschreiben. Diese soll es dann später ermöglichen, einen Negativzins von dem Kunden zu verlangen.
Wie eine solche Vereinbarung aber in Zukunft gerichtlich zu bewerten ist, steht noch in den Sternen. Fordert doch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ein Gesetz, das künftig Negativzinsen für Kleinsparer verbietet (der Versicherungsbote berichtete). Zu fragen wäre dann, ob eine noch vor Einführung des neuen Gesetzes gezeichnete Klausel gegenüber dem neuen Rechtsstand noch Bestand hätte.