Die Mitarbeiter des Versicherers Talanx sind die ersten, die eine sogenannte "Nahles-Rente" nutzen können. Die Gewerkschaft ver.di hat sich darauf verständigt, die "Deutsche Betriebsrente" im Hause des Versicherers anzubieten. Es ist der erste Abschluss nach 22 Monaten.
Vor rund einer Woche hatte der Versicherungsbote noch berichtet, das Sozialpartnermodell, auch als „Nahles-Rente“ bekannt, stünde vor dem Aus. Auf dem Gewerkschaftstag vom 6. bis 12. Oktober hatten sich mehrere Anträge von Arbeitnehmerverbänden negativ bis vernichtend zu dieser neuen Form der Betriebsrente geäußert, bisher aktiv angeboten wurde sie ohnehin nicht. Doch ohne die Gewerkschaften geht nichts, sie sitzen mit am Verhandlungstisch: Es schien, als entpuppe sich die „Nahles-Rente“ als Ladenhüter, wenn nicht als Totalflop.
Umso überraschender kommt nun die Nachricht, dass sich doch zwei Sozialpartner finden konnten. Oder besser gesagt drei: Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat sich im Rahmen ihrer Verhandlungen darauf verständigt, „Die Deutsche Betriebsrente“ den rund 12.000 einheimischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Talanx Gruppe anzubieten. Wobei besagte Rente von einem Konsortium aus der Talanx Gruppe und der Zurich angeboten wird. Das Geld bleibt quasi im eigenen Haus. Nun beabsichtigt der Konsortialführer Zurich, ebenfalls mit ver.di entsprechend zu verhandeln.
„Das Sozialpartnermodell lebt – allen Unkenrufen zum Trotz“, freut sich Fabian von Löbbecke, bei Talanx Vorstand für betriebliche Altersversorgung (bAV) und zugleich mitverantwortlich für „Die Deutsche Betriebsrente“. „Rund zwei Jahre nach der Einführung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG) haben wir in ver.di einen wichtigen Partner gefunden, mit dem wir jetzt die Grundlage geschaffen haben, um das neue Altersvorsorgemodell unseren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zugänglich zu machen“, ergänzt von Löbbecke.
Reform der Betriebsrente sollte kleinen und mittleren Unternehmen helfen
Die „Nahles-Rente“ ist Teil des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BSRG) von 2017, angestoßen von der damaligen Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Sie sollte dazu beitragen, dass gerade kleine und mittlere Unternehmen verstärkt Betriebsrenten anbieten. Für solche Firmen bedeutete es bisher ein existentielles Risiko, wenn sie nach der wirtschaftlichen Schieflage eines Altersvorsorge-Anbieters für die Höhe der Renten garantieren mussten. Nun werden die Arbeitgeber enthaftet: Folglich hoffte Nahles, dass gerade kleinere Unternehmen verstärkt das Tarifpartnermodell nutzen.
Und so funktioniert es: Arbeitgeber und Gewerkschaften sollen sich gemeinsam an einen Tisch setzen und Betriebsrenten vereinbaren. Die Arbeitgeber werden enthaftet: Sie müssen nicht mehr wie bisher üblich für die Höhe der Renten einstehen. Mindest- und Garantiezusagen sind gegenüber den zukünftigen Rentnern sogar verboten. Im Gegenzug sollten die Gewerkschaften mehr Mitsprache erhalten. In Firmen, die Nahles-Renten anbieten, werden die Beiträge per Opt-out eingezogen: auch das soll zu einer weiteren Verbreitung beitragen. Widerspricht der Beschäftigte nicht explizit, nimmt er Teil.
Doch gerade diese Enthaftung ist ein Problem für viele Gewerkschafts-Vertreter. Sie fürchten, dass sie am Ende weit weniger Rente erhalten, als ihnen mit der Zielrente versprochen worden war. Denn genau das ist die Zielrente: ein Versprechen, keine Garantie. Und abhängig von der Entwicklung der Kapitalmärkte.