Messen verlieren in der digitalen Welt zunehmend an Relevanz. Aber was ist mit Maklers Lieblingsmesse DKM? Lesen Sie in der heutigen Kolumne „Aus dem Alltag eines digitalen Versicherungsvermittlers“ von Dr. Philipp Kanschik (Policen Direkt) den Erfahrungsbericht eines DKM-Ausstellers.
Jetzt hat es also auch die IAA getroffen: 30 Prozent weniger Besucher im Jahr 2019, Demonstrationen vor dem Messegelände und nagende Zweifel an der Zukunft der Messe insgesamt. Mit der Cebit ist eine andere deutsche Leitmesse bereits Vergangenheit. Teuer waren Messen schon immer, aber mehr und mehr Unternehmen kommen offenbar zu dem Schluss, dass sich diese Kosten nicht in ausreichend Nutzen niederschlagen.
Quo vadis DKM? Das Konzept „Messe“ ist in der Krise
Die Gründe für den Krisenzustand der Messen sind schnell aufgezählt. „In persona“ wird zunehmend weniger wichtig. Wer sich über Produkte informieren will, braucht heute keine Messe mehr. Einfach googeln reicht. Auch für die Kontaktpflege ist das nicht mehr nötig. Dafür gibt Smartphone und Videokonferenzen.
Philipp Kanschik
Dr. Philipp Kanschik ist Geschäftsführer von Policen Direkt und dort verantwortlich für Technologieentwicklung und Maklernachfolge.
Außerdem stellt sich die Frage, ob das Marketing-Budget im Messeauftritt gut angelegt ist. Mal ehrlich, wie will ein Aussteller die Aufmerksamkeit von Messe-Besuchern in Hallen mit mehr als 150 verschiedenen Ausstellern gewinnen? Für die Kosten eines Messeauftritts können Sie als Aussteller das Internet mit zielgerichtetem Marketing fluten. Oder wie Apple eigene Mini-Messen zelebrieren.
All das gilt prinzipiell natürlich auch für die Versicherungsbranche. Müssen wir also auch mit dem baldigen Ende von Maklers liebster Messe zu Deckungskonzepten rechnen? Und ganz konkret stellt sich die Frage auch für uns als Aussteller: Lohnt sich die DKM 2019 überhaupt noch für uns? Oder sollten wir stattdessen einfach unseren Online-Marketing-Spezialisten das Geld für Suchmaschinenmarketing ausgeben lassen?
Photobox, Virtual Reality oder Kaffee – die Qual der Wahl eines Ausstellers
Rückblick: 2018 hatte ich erstmals die ehrenvolle Aufgabe den Policen Direkt-DKM-Auftritt zu planen. Als Firma sind wir DKM-Veteranen. Wir nutzen die DKM traditionell dazu, die Maklerschaft daran zu erinnern, dass es den Zweitmarkt für Lebensversicherungen noch gibt und er für die Kunden des Maklers, die ihre Police abgeben wollen oder sichere Investments suchen, mehr Wert generiert.
Außer Spesen nichts gewesen?
2018 war jedoch alles anders. Das große Ziel war es, die Messe zu nutzen, um unser Angebot zur Maklernachfolge einem breiten Publikum zu präsentieren. Aber wie kann man dafür Aufmerksamkeit erregen? Erste kreative Ideen liegen schnell auf dem Tisch, die die Leute an unseren Stand ziehen sollen:
- Eine Photobox für Erinnerungsschnappschüsse
- Eine Virtual Reality (VR-)Brille, mit der man virtuell eine Hochhausschlucht durchquert
- Eine „High-end“-Kaffeemaschine plus Barista, die unseren Stand zum Zentrum aller Kaffeefeinschmecker macht
- Eine Masseurin am Stand – wer kann denn bitte auf einer stressigen Messe keine Massage gebrauchen?!
Die Ernüchterung folgt bald. Eine Photobox braucht man nur, wenn man mit Freunden unterwegs ist. Aber auf welchen Makler trifft das bei der DKM zu? Viele kommen allein, mit ihrer Frau oder ihrem Chef – und legen vermutlich keinen gesteigerten Wert auf einen witzigen Schnappschuss. Man ist ja schließlich auch nicht auf dem Maklerkarneval.
Die VR-Brille entpuppt sich ebenfalls schnell als nicht praktikabel. Was ist, wenn ein Makler mit der Brille auf der Nase ins Stolpern kommt? Wer haftet dann? Und außerdem ist unser Stand gar nicht groß genug für eine Installation… Auch bei der Kaffeemaschine winken die Messeveteranen in unserem Team sofort ab. O-Ton: „Wenn es an irgendetwas nicht fehlt auf der DKM, dann Kaffee!“
Bleibt also nur die Masseurin, für die wir uns dann auch entscheiden.
Verschollene Bluetooth-Boxen und Eiskratzer-Inflation
In der Praxis hat auch diese Lösung ihre Tücken. Die Masseurin wird zwar rege genutzt, aber vor allem von anderen Ausstellern, unter denen sich die frohe Botschaft wie ein Lauffeuer verbreitet und die sich sofort in die Terminliste eintragen. So hatten wir uns das nicht gedacht. Immerhin, auch einige Makler nutzen das Angebot. Allerdings hilft uns auch das nicht so recht weiter, denn wer massiert wird kann sich nicht unterhalten und erfährt auch nichts über neue Angebote von Policen Direkt.
Auch andere Probleme tauchen in der Praxis auf. Statt sich über Inhaltliches zu unterhalten, haben es viele Besucher auf unsere Bluetooth-Boxen abgesehen. Kaum aufgestellt verschwinden sie in Sekundenschnelle von der Theke — praktisch im Vorbeigehen. Wo die wohl schlussendlich landen? Immerhin haben wir die Boxen mit Policen Direkt-Logo bedruckt. Ob aber viele ihrer heutigen Besitzer tatsächlich Interesse an einer Bestandsverrentung oder am Zweitmarkt haben?.
Währenddessen ist an unserem Nachbarstand die Hölle los. Dort werden kistenweise Eiskratzer herangeschleppt. Und die kann man angesichts des beginnenden Winters ja auch gut gebrauchen. Da greifen die Makler beherzt zu und ich selbst überlege kurz, mir auch einen zu holen—verwerfe den Gedanken dann aber wieder.
Außer Spesen nichts gewesen?
Bei allen Schwierigkeiten ist die Bilanz am Ende doch positiv. Viele Makler kommen zu unserem Stand und zwar nicht nur wegen Bluetooth-Boxen, Stressbällen oder Massagen, sondern weil sie sich für unsere maklerrelevanten Themen interessieren. Bei aller Kritik war und ist DKM damit ein tolles Forum und darum – so viel sei vorweggenommen – sind wir auch 2019 wieder dabei. Diesmal ohne Masseurin und Bluetooth-Boxen, dafür mit einem Fachvortrag zu den Mythen der Maklernachfolge und einigen Überraschungen an unserem Stand in Halle 4. Welche das sind und wie gut es dieses Mal klappt, ist ein Thema für ein anderes Mal.
Über den Autor: Philipp Kanschik ist Bereichsleiter für das digitale Maklergeschäft und Nachfolgelösungen bei Policen Direkt. Einerseits ist er promovierter Philosoph, Weltreisender und Gitarrist und andererseits Experte für technologiebasierte Online-Versicherungs-Plattformen sowie Maklerbestandsübernahmen. So wirft er einen ganz eigenen Blick auf die digitalen Herausforderungen der Versicherungsbranche.