Zum elften Mal wurde nun der Melbourne Mercer Global Pension Index veröffentlicht – ein vom Beratungsunternehmen Mercer und dem Forschungscenter Monash Centre for Financial Studies (MCFS) erstelltes Ranking, das Rentensysteme verschiedener Länder auf ihre Leistungsfähigkeit testet. Mit den Niederlanden holt sich der Vorjahressieger des Rankings erneut den Sieg.
Und Deutschland… landet erneut auf Rang 13 und damit erneut im Mittelfeld. Nach Maßgabe des Rankings krankt Deutschlands Rentensystem noch immer an fehlender Nachhaltigkeit.
Irlands Rentensystem: Aktuell am leistungsfähigsten
Die Rangliste, die mittlerweile die Rentensysteme von 37 Ländern gegenüber stellt, vergibt für drei Bereiche bis zu hundert mögliche Punkte: "Angemessenheit", "Nachhaltigkeit" und "Integrität". Der Bereich der „Angemessenheit“ untersucht die derzeitigen Bedingungen des Vorsorgesystems – Indikatoren werden bei diesen Wert berücksichtigt für steuerliche Anreize zum Vorsorgen, für das aktuelle Versorgungsniveau, aber auch die Sparquote und Verschuldung privater Haushalte.
Letztes Jahr konnte Deutschland in diesem Teilbereich den Gesamtsieg davontragen: Nach Maßgabe des Ratings war letztjährig kein Rentensystem gegenwärtig so leistungsfähig wie das deutsche (der Versicherungsbote berichtete). In diesem Jahr liegt Deutschland mit 78,3 Punkten zwar nur 1,6 Punkte unter dem Vorjahresergebnis. Dennoch rutscht Deutschland bei der „Angemessenheit“ von Rang eins auf Rang vier.
Sieger dieser Teilwertung ist nun, mit 81,5 Punkten, Irland. Rang zwei sichert sich Frankreich mit 79,1 Punkten. Und Rang drei sichern sich die Niederlande mit 78,5 Punkten. Somit haben nun die Iren das gegenwärtig leistungsfähigste Rentensystem, folgt man den Indikatoren des Ratings.
Deutschlands Nachhaltigkeit: unterdurchschnittlich
Schon im Vorjahr aber warnte Mercer in der Presseerklärung: Die Rentensysteme vieler Ländern erwirtschaften hohe Werte der „Angemessenheit“ auf Kosten der Nachhaltigkeit und damit auf Kosten der Zukunft. Bei der "Nachhaltigkeit" fließen Indikatoren für Rückdeckung und Finanzierung, Demografie, Staatsverschuldung oder fließt das von der Weltbank gemessene reale Wirtschaftswachstum in die Punktevergabe ein. Der Teilbereich soll angeben, wie leistungsfähig ein Rentensystem zukünftig ist.
Die Werte für Deutschland bei der Nachhaltigkeit: unterdurchschnittlich. Denn bringen es alle 37 Länder über den Schnitt auf eine Punktzahl von 50,4 Punkten, erhält Deutschland in 2019 nur 44,9 Punkte für seine Nachhaltigkeit. Nicht besser ergeht es allerdings dem „Angemessenheits-Sieger“ Irland mit sogar nur 44,6 Punkten. Und für Frankreich wird der noch schlechtere Wert von 41,0 Punkten vergeben.
Solche Werte jedoch wirken beinahe noch komfortabel, nimmt man die Nachhaltigkeits-Schlusslichter der Tabelle her. Denn nur 22,9 Punkte erhält Österreich, gar nur 19,0 Punkte Italien für seine Nachhaltigkeit. Diese Länder sind aus Sicht des Ratings am wenigsten zukunftsfähig, da ihnen die nötige Balance zwischen heutigem Niveau und kommender Aufgabenlast am wenigsten glückt.
Niederlande: vorbildlich durch Betriebsrenten
Anders jedoch die Niederlande als Sieger der Gesamtwertung: 78,5 Punkte erhalten die Niederlande für ihre Nachhaltigkeit. Einen besseren Wert erreicht in diesem Teilbereich nur Dänemark, das 82,0 Punkte zugewiesen bekommt und sich so zum „Nachhaltigkeits-Primus“ mausert.
Die hohen Werte für die zukünftige Leistungsfähigkeit beider Länder haben ihre Gründe: Anpassungslasten des demografischen Wandels werden in Dänemark oder in den Niederlanden über leistungsfähige kapitalgedeckte Vorsorgesysteme aufgefangen. In Deutschland hingegen muss diese Lasten zu großen Teilen der Staat über die umlagefinanzierte gesetzliche Rente schultern. Und es droht die Krise in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV): Steigende Beiträge sowie ein sinkendes Rentenniveau werden vorhergesagt. Die Armutsrisikoquote für Deutschland könnte in 20 Jahren auf über 20 Prozent klettern (der Versicherungsbote berichtete).
In den Niederlanden hingegen verfügen mehr als 91 Prozent der aktiven Arbeitnehmer und über 50 Prozent der Rentner über eine Zusatzrentenregelung bzw. beziehen eine Betriebsrente. Eine mögliche Blaupause für die Lösung deutscher Probleme? Zumindest äußert Achim Lüder, CEO Mercer Deutschland: Auch das deutsche Rentensystem müsse „nachhaltig gestärkt werden“. Und dazu gehöre neben einer soliden Finanzierung eben auch, dass „die flächendeckende Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung – gerade im Niedriglohnsektor – forciert wird“. Der Versicherungsbote hat sich in einem aktuellen Artikel diesem Problem eines Vorbilds Niederlande für das deutsche Rentensystem gewidmet.
"Integrität" von Deutschlands Rentensystem: immerhin überdurchschnittlich
Die „Integrität“ als dritter Teilbereich des Ratings bezieht sich auf den Bereich der Privatvorsorge – staatliche Aufsicht und Governance, Risikosteuerung sowie Kommunikation spielen für Indikatoren dieses Sub-Index eine Rolle. Und hier kann Deutschland, wie auch bei der Angemessenheit, mit überdurchschnittlichen Punkten überzeugen: 76,4 Punkte werden vergeben gegenüber 69,7 Punkten für das Gesamtfeld. Die besten Werte für „Integrität“ erhält jedoch Finnland mit 92,3 Punkten; ebenfalls stehen Norwegen mit 90,6 Punkten sowie die Niederlande mit 88,9 Punkten auf dem Siegertreppchen. Diese Länder haben, nach Maßgabe des Ratings, eine besonders tragfähige dritte Säule ihres Rentensystems.
Die Sieger des Gesamt-Ratings
Ergebnisse des Melbourne Mercer Global Pension Index veranschaulicht eine Tabelle (in alphabetischer Reihenfolge der Länder):
Die Teilbereiche freilich werden nicht zu gleichen Teilen für die Gesamt-Punktzahl bedacht, sondern unterschiedlich gewichtet: Zu 40 Prozent fließt die „Angemessenheit“ in die Gesamtbewertung ein, zu 35 Prozent der Sub-Index „Nachhaltigkeit“ und zu 25 Prozent die „Integrität". Nach dieser Maßgabe sichern sich die Niederlande mit insgesamt 81,0 Punkten in 2019 den Sieg wie schon in 2018 – und steigern sich sogar nochmals leicht gegenüber dem Vorjahresergebnis von 80,3 Punkten.
Dänemark steigert sich von 80,2 Punkten in 2018 auf nun 80,3 Punkte in 2019 und sichert sich Rang zwei für sein Rentensystem. Zudem landet noch Australien auf dem Siegertreppchen mit 75,3 Punkten.
Deutschland hingegen schafft es wegen der schlechten Werte für Nachhaltigkeit, wie schon im Vorjahr, nur auf Rang 13. Ausgewählte Ergebnisse sowie Links zu den englischsprachigen Studien werden auf der Webseite von Mercer Deutschland zugänglich gemacht.